Durch Corona fallen viele Aktivitäten aus – bleibt oft
nur noch die Schwester oder der Bruder zum Spielen. Dabei gehen schnell einmal
die Wogen hoch. Das ist normal, kann für Eltern aber sehr anstrengend sein.
„Für viele Eltern sind die dauernden Kabbeleien und oft emotionalen
Streitigkeiten frustrierend und herausfordernd“, so Christina Kern,
Mitarbeiterin im SOS-Kinderdorf Altmünster. Die Expertin hat Tipps, um eine
gute Beziehung unter Geschwistern zu fördern.
#1 Wieder was gelernt
Geschwister sind sich nicht immer einig und beginnen oft wie aus heiterem
Himmel zu streiten. Das ist normal und sogar wichtig für ihre Entwicklung. Bei
einem Streit unter Geschwistern lernen Kinder viel für später – sie entwickeln
einen Gerechtigkeitssinn, stehen für ihre Meinung ein und üben, Kompromisse zu
schließen. Auch wenn es oft anstrengend ist: Halten Sie Auseinandersetzungen
aus und versuchen Sie, die positiven Aspekte zu sehen.
#2 Streiten, aber richtig
Entwickeln Sie mit Ihrer Familie eine positive Streitkultur. In der Familie
können Kinder in sicherem Umfeld lernen, mit Konflikten umzugehen. Stellen Sie
dazu gemeinsame Regeln auf wie etwa, dem Gegenüber zuzuhören und dass
körperliche Angriffe tabu sind. Bei größeren Streits lohnt sich eine
Nachbesprechung, wenn die Gemüter etwas abgekühlt sind. Ermutigen Sie Ihre
Kinder, sich in die anderen hineinzuversetzen: „Wie fühlst du dich jetzt? Und
wie glaubst du, fühlt sich deine Schwester?“ Und ermuntern Sie Ihre Kinder,
nach einem Streit aufeinander zuzugehen. So lernen sie von Klein auf, dass
Streiten okay ist und man sich danach noch genauso gernhaben kann wie vorher.
#3 Wann eingreifen?
Eltern sollten nicht immer sofort als Streitschlichter*innen einschreiten.
Kinder können viele Meinungsverschiedenheiten alleine klären. Wenn Ihre Kinder
auf Sie zukommen, nehmen Sie den Streit Ernst und versuchen Sie mit Fragen zur
Lösung beizutragen. Oft hilft es, für alle nachvollziehbare Abmachungen zu
treffen. Legen Sie etwa fest, wer wie lange mit einem bestimmten Spielzeug
spielen darf.
#4 Ich bin ich.
Kinder neigen dazu, sich zu vergleichen. Vermitteln Sie Ihren Kindern, dass
jeder wertvoll ist, so wie er ist. Es kommt nicht darauf an, wer in einem
Schulfach, einer Sportart oder einem Spiel besser ist. Alle werden mit ihren
individuellen Eigenschaften geliebt. Das fördert die Entwicklung der eigenen
Identität und eines gesunden Selbstwerts. Bestärken Sie Ihre Kinder, eigenen
Interessen nachzugehen. Nur weil der große Bruder Fußball spielt, muss das
nicht automatisch das passende Hobby für den Jüngeren sein.
#5 Geschwisterbeziehungen stärken
Beziehen Sie Ihre Kinder in die Planung von Alltag und Freizeit mit ein. Ein
gemeinsamer Wochenplan kann dabei helfen. Je nach Alter der Kinder können Sie
dafür Symbole verwenden. Nehmen Sie die Bedürfnisse und Wünsche aller ernst und
finden Sie gemeinsame Interessen: Welche Ausflüge oder Spiele in der Wohnung
machen allen Spaß? Auch größere Erledigungen sollten von der ganzen Familie
gemeinsam gestemmt werden – zB. wer übernimmt beim Frühjahrsputz welchen Part?
#6 Altersunterschied
Wenn je nach Alter verschiedene Regeln für die Geschwister gelten, kann es
zu Eifersucht kommen. Erklären Sie, dass es vom Alter abhängt, was man darf und
was noch nicht. So lernen Kinder, was für das jeweilige Alter angemessen ist
und freuen sich vielleicht auf manches, das erlaubt ist, wenn man älter ist.
Teenager fühlen sich schnell vernachlässigt, wenn ein kleines Geschwisterchen
da ist – auch sie brauchen viel Aufmerksamkeit und Zuwendung. Vermitteln Sie,
dass Sie immer ein offenes Ohr haben und sich für die Themen und Probleme
interessieren. Es kann außerdem bestärkend für ältere Geschwister sein,
kleinere Aufgaben zu übernehmen: etwa am Abend dem jüngeren Geschwisterchen
etwas vorzulesen. Wenn Sie die Mithilfe loben, fühlt sich Ihr Kind anerkannt
und respektiert. Jüngere müssen lernen, Grenzen zu akzeptieren und
rücksichtsvoll zu sein, wenn ältere Geschwister mal Zeit für sich brauchen.
#7 Nur du und ich
Kinder brauchen Aufmerksamkeit und treten dabei oft in Konkurrenz zueinander. Bemühen Sie sich um eine Balance zwischen gemeinsamen Aktivitäten und Zeit, die Sie alleine mit einem Ihrer Kinder verbringen. Die ältere Schwester kann vielleicht den Nachmittag bei einer Freundin oder einem Freund sein, damit man mit dem kleinen Bruder etwas unternehmen kann und umgekehrt.
#8 Das Gute sehen
Erinnern Sie sich in herausfordernden Zeiten an jene Situationen, in denen die Geschwisterkinder zusammenhalten oder sich gegenseitig beschützen. Das schenkt neuen Mut und Zuversicht. Ein Geschwister-Fotoalbum kann dabei helfen: Sammeln Sie die schönen Momente, die Sie zusammen erleben, und schwelgen Sie gemeinsam in Erinnerungen.
Geschwisterbeziehungen sind die längsten Beziehungen, die Menschen haben. Sie bauen sich über Jahre auf und werden wegen eines Spielzeugstreits nicht gleich entzweit. Seien Sie also unbesorgt: Auch wenn zuhause manchmal die Fetzen fliegen, haben Ihre Kinder sicher noch viele schöne Erlebnisse zusammen und können noch lange auf die vertraute Beziehung unter Geschwistern zurückgreifen.
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