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"Solar Orbiter" zeigt "Lagerfeuer"-Bilder auf der Sonne

Solar Orbiter
Solar Orbiter ©APA
Die Raumsonde "Solar Orbiter" hat Bilder der Sonne aus bisher unerreichter Nähe gemacht.
Raumsonde "Solar Orbiter"
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Wie das Göttinger Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) und die Europäische Weltraumagentur ESA am Donnerstag mitteilten, zeigen die Bilder in der Sonnenatmosphäre Strukturen, die sich als sehr kleine Strahlungsausbrüche (Nano-Flares) deuten lassen. Die ESA sprach von "Lagerfeuern" auf der Sonne.

(c) AP

Der "Solar Orbiter" gilt als bisher ambitionierteste Sonnenmission der ESA. Die aktuellen Aufnahmen der Sonde wurden am Donnerstag veröffentlicht und entstanden laut MPS in den Tagen vor und nach dem 15. Juni, als die Raumsonde den sonnennächsten Punkt ihrer derzeitigen Umlaufbahn erreichte. Nur 77 Millionen Kilometer trennten die Sonde von unserem Zentralstern.

Ergebnisse überraschen Forscher

"Obwohl dies nur die ersten Bilder sind, können wir bereits interessante neue Phänomene sehen", erklärte der ESA-Projektwissenschafter für "Solar Orbiter", Daniel Müller. "Wir hatten nicht mit so großartigen Ergebnissen gleich zu Beginn gerechnet. Wir können auch sehen, wie sich unsere zehn wissenschaftlichen Instrumente ergänzen und ein ganzheitliches Bild von der Sonne und ihrer Umgebung liefern." Auch österreichische Institute und Unternehmen sind an drei Instrumenten an Bord sowie an der Sonde selbst beteiligt.

Das MPS in Göttingen ist am Extreme-Ultraviolet Imager (EUI) beteiligt. Das Instrument blickt in verschiedene Schichten der Korona - der heißen, äußeren Atmosphäre der Sonne -, die in erster Linie ultraviolettes Licht abstrahlt, das zum größten Teil in der Erdatmosphäre absorbiert wird. Schon jetzt biete der Extreme-Ultraviolet Imager deshalb den schärfsten Blick auf diese Sonnenregion.

Flecken mit 700 Kilometern Durchmesser

Im besonders kurzwelligen UV-Licht finden sich in den EUI-Aufnahmen kleine, helle Flecken mit kaum mehr als 700 Kilometern Durchmesser. Wissenschafter halten es laut MPS für möglich, dass es sich um sogenannte Nano-Flares handelt - deutlich kleinere Versionen der gewaltigen Sonnen-Strahlungsausbrüche, die weit ins All reichen und sich bis zur Erde auswirken können.

(c) AFP PHOTO /SOLAR ORBITER/EUI/ESA/NASA

"Die größeren dieser Mini-Ausbrüche kennen wir bereits aus den Aufnahmen anderer Raumsonden; die vielen, vielen kleineren sehen wir jetzt zum ersten Mal", erläuterte Udo Schühle vom MPS. Völlig überraschend war demnach, wie häufig dieses Phänomen auftritt. "Die Korona ist offenbar voll von solchen Mini-Ausbrüchen", erklärte Schühle.

Gerade deshalb könnten Nano-Flares eine Erklärung bieten für die rätselhaft hohen Temperaturen in der Sonnenkorona. Mit einer Million Grad liegen diese 200-fach über den Temperaturen der darunterliegenden Photosphäre. Um zu verstehen, wodurch die Nano-Flares entstehen und wie sie die Korona mit Energie versorgen, ist dem MPS zufolge ein Blick in tieferliegende Schichten nötig.

Aufnahmen erst der Anfang

"Wir freuen uns alle sehr über diese ersten Aufnahmen, aber sie sind erst der Anfang", sagte Esa-Mitarbeiter Müller. Der Orbiter werde in weniger als zwei Jahren noch näher an die Sonne fliegen und den Stern dann aus 42 Millionen Kilometern erkunden. Nach Angaben von David Berghmans vom Königlichen Observatorium von Belgien, werden die künftigen Aufnahmen noch viel schärfer. "Die Instrumente sind noch nicht voll konfiguriert."

"Solar Orbiter" startete am 10. Februar vom US-Weltraumbahnhof Cape Canaveral ins All. Die ESA-Mission, zu der auch die NASA beiträgt, ist mit insgesamt zehn wissenschaftlichen Instrumenten ausgerüstet. Während vier davon den Sonnenwind untersuchen, blicken sechs auf die Sonne selbst.

Nah an der Sonne

Im Laufe der Mission wird sich die Raumsonde der Sonne auf 42 Millionen Kilometer annähern - ein Abstand, der nur von der "Parker Solar Probe" der NASA unterboten wird, die jedoch nicht auf die Sonne schaut. Zudem wird "Solar Orbiter" die Bahnebene, in der die Erde und die anderen Planeten um die Sonne kreisen, verlassen und so erstmals auf die Pole der Sonne schauen können.

Österreichische Beteiligung

Aus Österreich hat die Universität Graz für die wissenschaftliche Softwareentwicklung des Röntgenteleskop STIX an Bord des "Solar Orbiter" verantwortlich gezeichnet, das Einblicke in die Beschleunigung hochenergetischer Teilchen in Sonneneruptionen liefern möchte. Das Institut für Weltraumforschung Graz (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) entwickelte den Bordcomputer für das Radio- und Plasmawellen-Instrument (RPW) und kalibrierte dessen Antennen. Es soll die magnetischen und elektrischen Felder in hoher zeitlicher Auflösung messen und mithilfe mehrerer Sensoren und Antennen die elektromagnetischen und elektrostatischen Wellen im Sonnenwind charakterisieren. Darüber hinaus hat das IWF beim Magnetometer (MAG) mitgewirkt, das Messungen des Sonnenmagnetfeldes macht. Für die Thermalisolation des Satelliten war die Wiener Weltraumfirma RUAG Space zuständig.

(APA)

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