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"Selbsthilfe Prostatakrebs": Großes Informationsmanko in Österreich

Bei rund 5.700 Männern muss in Österreich pro Jahr die Diagnose Prostatakrebs gestellt werden. Doch oft erfolgt das zu spät und in einem nicht mehr heilbaren Stadium.

“Wir brauchen die Verankerung der Prostatakarzinom-Früherkennung in die normale Gesundenuntersuchung. Bis jetzt wird sie erst durchgeführt, wenn der Mann den Arzt darum fragt”, forderte jetzt der Ehrenpräsident der vor zehn Jahren gegründeten “Selbsthilfe Prostatakrebs” Ekkehard Büchler.

“Wo wir auch nach zehn Jahren noch Probleme haben? Über das Thema Prostatakrebs will in Österreich noch immer keine reden. Dabei ist er um 20 Prozent häufiger als die Brustkrebserkrankungen bei den Frauen. Brustkrebs war bei den Frauen vor 30 Jahren auch noch ein Tabuthema, weil die Erkrankung mit dem Verlust der Brust verbunden war. Das hat sich geändert. Wir befinden uns hier in einer Situation wie beim Brustkrebs vor 30 Jahren”, sagte Büchler, der vor einer Dekade gemeinsam mit dem Wiener Urologen Othmar Zechner (Leiter der entsprechenden Abteilung im Wiener Wilhelminenspital) die Patientenorganisation gründete.

Wie groß der Aufholbedarf an Früherkennung und Vorsorge bei den Männern in Sachen Prostatakarzinom ist, beweisen die Ergebnisse einer Umfrage der Selbsthilfeorganisation, an der sich 822 Patienten beteiligten. Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung hatte die Konzentration des Prostata-Markers PSA im Blut bei ihnen durchschnittlich 20 Nanogramm/Milliliter Blut betragen. Das ist das Fünffache des Wertes, ab dem eventuell ein Verdacht auf ein Karzinom aufkommen könnte.

Büchler: “Das beweist, dass wir mit der Diagnose des Prostatakarzinoms zu spät dran sind und lässt sich auch an den PSA-Werten nach der erforderlichen Operation (mit Entfernung der betroffenen Vorsteherdrüse, Anm.) ablesen. Nach dem Eingriff wiesen die Betroffenen noch einen PSA-Wert von durchschnittlich 3,3 Nanogramm pro Milliliter auf. Er sollte Null sein! Aber 45 Prozent der Betroffenen müssen derzeit in Österreich nach der Operation noch zusätzlich bestrahlt werden, weil die Operation nicht ausreichte.” Bei jedem Fünften ist danach noch eine antihormonelle Behandlung notwendig, weil die Erkrankung per Operation nicht geheilt werden konnte.

Für den Mitbegründer der Selbsthilfegruppe ist die Situation im Bundesland Tirol, wo der Urologe Georg Bartsch (Universitätsklinik Innsbruck) ein Früherkennungsprogramm startete, vorbildlich: “In Tirol werden die meisten Prostatakrebs-Erkrankungen pro 100.000 Männer und Jahr diagnostiziert, es gibt dafür die niedrigste Todesrate. Und in Kärnten werden die wenigsten Prostatakrebs-Erkrankung pro 100.000 Männer und Jahr erkannt – und die Todesrate ist am höchsten.”

Doch nicht nur Prostatakrebs scheint ein Tabuthema zu sein, auch die Folgen der Operation – speziell mögliche Impotenz und Inkontinenz – sind es auch. Büchler: “Auch für sexuelle Probleme gibt es in Österreich keine Gesprächskultur. Ein Beamter des Gesundheitsministeriums hat öffentlich das Problem der Impotenz mit schiefen Ohren verglichen.”

Das könne wohl nicht wirklich ein Erfassen der Situation der Betroffenen sein. Die Selbsthilfegruppe will vor allem Informationen für Betroffene bereithalten und eine Möglichkeit zur Aussprache bieten. Und schließlich geht es darum, mehr Druck in der Öffentlichkeit für die Früherkennung jenes Karzinoms zu machen, das die Männer am häufigsten trifft und das in einem Spätstadium oft sehr qualvolle Komplikationen verursacht.

Selbsthilfe Prostatakrebs

Obere Augartenstraße 26

1020 Wien

Internet: www.prostatakrebse.at
Tel.: 01-333-10-10

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