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Schweizer Bankmanager: "Stripclub-Besuche waren geschäftlich“

Prozess um ehemaligen Raiffeisen-Chef in der Schweiz
Prozess um ehemaligen Raiffeisen-Chef in der Schweiz ©Reuters
Im Prozess rund um Schweizer Ex-Raiffeisenboss Pierin Vincenz hat am zweiten Verhandlungstag auch der zweite Hauptbeschuldigte die Vorwürfe zurückgewiesen.

In der Schweiz hat der aufsehenerregendste Wirtschaftsprozess des Landes seit 15 Jahren begonnen. Dem ehemaligen Chef der Schweizer Bankengruppe Raiffeisen, Pierin Vincenz, wirft die Staatsanwaltschaft unter anderem Betrug, Veruntreuung und Urkundenfälschung vor. Vincenz habe dem Institut Ausgaben belastet, die nichts mit seiner Aufgabe als Bankchef zu tun gehabt hätten, so die Anklage.

200.000 Franken in Stripklubs ausgegeben

So habe er über 200.000 Franken (heute rund 194.000 Euro) in Stripklubs und Kontaktbars ausgeben. "Diese waren geschäftsmäßig begründet", erklärte Vincenz vor Gericht.

Nach Geschäftsessen habe er mit einer kleineren Gruppe von Personen wiederholt solche Lokale besucht und dort die Gespräche weitergeführt. Auf die Frage, wofür er dabei das Geld ausgegeben habe, sagte Vincenz: "Das waren Getränke, auch Flaschenweine, ziemlich teuer, und Champagner. Allerdings waren wir eher Wein-Trinker." In den Clubs und Bars habe er auch immer wieder versucht, Unternehmer kennenzulernen und als Kunden zu gewinnen.

Auch Fimenübernahmen im Visier

Im Visier der Justiz stehen neben Spesen auch Firmenübernahmen, die Vincenz als Raiffeisen-Chef sowie als Präsident der Kreditkartenfirma Aduno verantwortete. Der Staatsanwaltschaft zufolge war Vincenz dabei verdeckt an den Übernahmezielen beteiligt. Damit habe er einen unrechtmäßigen persönlichen Gewinn von fast neun Millionen Franken eingefahren, so die Staatsanwaltschaft. "Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich hier etwas Kriminelles unternommen hätte", sagte Vincenz.

Er habe sich durch verdeckte Investitionen nicht unrechtmäßig bereichert, sagte Beat Stocker. ehemaliger Chef der Kreditkartenfirma Aduno. Als er privat in Firmen investiert habe, sei es um ein rein unternehmerisches Engagement gegangen, sagte Stocker. Er sei nicht mit der Absicht eingestiegen, dass diese dann von seinen eigenen Unternehmen aufgekauft würden.

Die Vorwürfe

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm dies vor: So soll Stocker mit Vincenz unter anderem gezielt darauf hingewirkt haben, dass die von ihnen gelenkte Kreditkartenfirma Aduno den Terminalservice-Provider Commtrain übernimmt. An letzterem hatten sich Vincenz und Stocker laut Anklage im Geheimen beteiligt und bei dessen Übernahme einen Gewinn eingestrichen.

Vor dem Bezirksgericht räumte Stocker ein, seine Beteiligung im Aduno-Verwaltungsrat nicht offengelegt zu haben. Heute sei er, nachdem dies in der langen Untersuchung thematisiert worden sei, gewissermaßen geläutert: "Ich hätte weniger Ärger, hätte ich darüber informiert."

Stripclub-Besuche

Doch habe er damals dieses Thema der Eigeninteressen gar nicht auf dem Schirm gehabt. Und auch beim Offenlegen seiner privaten Beteiligung wäre es unverändert zur Firmenübernahme gekommen, meinte Stocker. An der geschäftlichen Strategie oder den Preisparametern hätte sich dadurch nichts geändert.

Auch den Vorwurf, private Auslagen über Geschäftsspesen abgewickelt zu haben, wies Stocker zurück. Bei Besuchen in Cabarets und Stripclubs sei es um Beziehungspflege gegangen, sagte er unter anderem, wie dies auch Vincenz am Tag zuvor getan hatte.

(APA)

Zur Kenntnisnahme: Es gilt für alle Beteiligten die Unschuldsvermutung

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