Was würde man einem Mann, der zehntausende Dateien und Darstellungen von Kindesmissbrauch besessen und sich (eigenen Angaben zufolge) in eine „Spirale der Abscheulichkeit“ begeben hat, indem er Fantasien von Bestrafung und Vergewaltigung schriftlich festgehalten hat, nicht alles wünschen? Zumal hinter den Darstellungen reale Opfer stehen, die Unfassbares erlitten haben.
Es ist schon einmal eine zivilisatorische Errungenschaft, dass man als Laie davor bewahrt wird, ein Urteil fällen zu müssen. Die Gefahr wäre groß, dass man einem Bauchgefühl folgen und sich am biblischen „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ orientieren würde.
Florian Teichtmeister ist zu zwei Jahren bedingter Haft verurteilt worden. Er muss nicht hinter Gitter, durfte das Wiener Landesgericht verlassen. „Skandal!“, ruft der Boulevard. Die ÖVP-Politikerin Laura Sachslehner ortet einen „Schlag ins Gesicht für jeden, der an Gerechtigkeit in unserem Rechtssystem glaubt“. Und FPÖ-Landesobmann Dominik Nepp schrieb auf X (Twitter): „Wenn der Rechtsstaat so versagt, braucht man sich in Zukunft über Selbstjustiz nicht wundern.“
Das sind Anspielungen darauf, dass dieses Urteil einem herkömmlichen Verständnis nicht gerecht wird. Im Extremfall bestätigen sie Leute wie jenen sogenannten „Künstler“, der mit einer Galgen-Attrappe vor dem Landesgericht demonstrierte. Darüber hinaus entsprechen sie einem jahrhundertealten Zugang: Wer etwas Schwerwiegendes angestellt hat, wird eingesperrt. Punkt.
Teichtmeister ist als Schauspieler erledigt, wird von großen Teilen der Gesellschaft geächtet. Was vielen fehlt, ist eine (wohl) lebenslange Haft. Eine solche ist gesetzlich nicht vorgesehen. Freiheitsentzug für eine kurze Zeit wäre eher nur ein symbolisches Zeichen gewesen.
Wichtiger erscheint, was Richter Stefan Apostol neben der bedingten Haft ausgesprochen hat: Eine Therapie gegen Pädophilie unter strengen Auflagen. Wenn der 43-Jährige diese nicht erfüllt, landet er ohne Vorwarnung in einer psychiatrischen Einrichtung.
Das leitet über zu Entscheidendem: Es hätte möglicherweise einem gewissen Gerechtigkeitsempfinden entsprochen, wenn Teichtmeister buchstäblich weggesperrt worden wäre. Wesentlich ist jedoch, dass er behandelt wird. Und das wird er.
Im Übrigen hat man als Laie wieder einmal erfahren, dass auch ein hartes Urteil keine abschreckende Wirkung gehabt hätte. Das hat der forensische Psychiater und ehemalige ärztliche Leiter der Justizanstalt Mittersteig, Patrick Frottier, in einem ZIB2-Interview betont. „Diese Menschen sind triebgesteuert“, seien aber kaum auf der rationalen Ebene zu erreichen, bekräftige die Strafrechtsprofessorin Katharina Beclin wenig später unter Verweis auf kriminologische Studien gegenüber der Austria Presseagentur. Das heißt nicht, dass man nichts tun kann. Im Gegenteil: Es geht darum, für Hinweise auf Kindesmissbrauch zu sensibilisieren und Therapien zu forcieren. Ins Gefängnis gehören darüber hinaus in jedem Fall jene, die keine Einsicht haben und trotz Therapien zu Wiederholungstätern werden. Genau das aber geht mit einer bedingten Haftstrafe einher.
Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik
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