Hard / Dornbirn (bet) Eintauchen in die Geschichte. Das ist die Aufgabe, die historische Museen heute haben. Mit klassischer Bildungspflicht lockt man heute niemanden mehr ins Museum. Was die Menschen aber sehr interessiert, das sind die Menschen anno dazumal. Ein ganz spannendes Thema ging das von Dir. Eugen Stadelmann 1980 gegründete Textildruckmuseum Mittelweiherburg in Hard an: Die Kinderarbeit im 18. und 19. Jahrhundert bei der Textildruckerei Jenny und Schindler.
Vom Wasserschloss zur Textilfabrik
Nahe dem damaligen Quellengebiet des Dorfbaches ließ in den Jahren 1560 bis 1570 Hans Christoph Schnabel von Schönstein aus Bregenz ein Wasserschloss errichten. „Von dem einst so eindrucksvollen Bauwerk blieb bis heute etwa nur noch ein Viertel erhalten: Der Rundturm mit der Wendeltreppe sowie der Anbau, dessen Nutzung unklar ist. Bereits zehn Jahre nach Fertigstellung übernahm die Bregenzer Familie Deuring das Anwesen. Kein Besitzer hielt die Burg lange, sie wurde stets nach kurzer Zeit veräußert. 1792 erwarb schließlich der Fabrikant Samuel Vogel aus Mühlhausen/Elsass die Mittelweiherburg. 1794 eröffnete er in den Schloßgebäuden Vorarlbergs erste Zitz- und Kattundruckerei mit Wasch-, Bleiche- und Trockenhäusern sowie Farbküchen. Samuel Vogel brachte Stoffdrucker und Formstecher nach Hard. Doch rasch erlernten auch Harder dieses Handwerk“, gibt Dir. Kurt Engstler einen kurzen Abriss der Geschichte.
Ankauf durch Jenny & Schindler
Als 1805 Vorarlberg an Bayern abgetreten wurde, zog sich Samuel Vogel zurück. Die Textilfirma blieb jedoch bestehen. Kurzfristig wurden in der Mittelweiherburg unter anderem auch Strohhüte produziert. 1838 kauften die Fabrikanten Schindler und Jenny aus der Schweiz die Mittelweiherburg und bauten die Textilmanufaktur laufend aus.
Kinder arbeiten zum Erhalt der Familie
In der entstehenden Industrie wurden Kinder für verschiedenste Aufgaben eingesetzt – Schilderungen über diese Zeit übernahmen mit Emilia und Dominik zwei Kinder aus der Umgebung die mit ihrer überzeugenden schauspielerischen Charakteristik nicht nur die jungen Besucher sondern auch alle Erwachsenen in ihren Bann zogen. Kinderarbeit erschien vielfach als notwendig, als angemessener Einsatz körperlich kleiner Arbeiter, weil die Flöze und Gänge niedrig waren, der Platz unter den Maschinen beschränkt, die Nische hinter den Wettertüren winzig. Aber die allmähliche Durchsetzung eines Verbots der Kinderarbeit in den Fabriken zeigt, dass nicht die technischen Bedingungen über den Einsatz der Kinder entschieden, sondern deren geringer Preis. Genauso verhielt es sich auch mit den Arbeitern, die aus dem Trentino nach Hard geholt wurden und trotz alledem hier sesshaft wurden.
Arbeiterfamilien verlassen Hard
Obwohl durch Samuel Schindler die Produktion ab 1867 stetig anstieg, mehrten sich die Beschwerden wegen unsauberem Wasser. 1879 eskalierte die Auseinandersetzung zwischen dem Fabrikanten Samuel Schindler und dem konservativen Vorsteher Sigmund Hartmann, die mit der Schließung der Fabrik durch Samuel Schindler endete. Für die Fabrikarbeiter bedeutete der Verlust der Arbeit eine Katastrophe. Viele Familienväter konnten ihre Familien nicht mehr ernähren und verließen den Ort. Vom Jahr 1869 ist aus Hard die Einwohnerzahl von 2305 gemeldet, 1880 waren es nur noch 2085. Sämtliche „Dorfbach – Interessenten“ und sonstige Wohltäter der Gemeinde wurden um Spenden für die Ausspeisung der brotlos gewordenen Familien ersucht.
Nutzung als Museum
Nach dem plötzlichen Aus für die Textildruckerei 1880 standen die Gebäude leer. Samuel Schindler wollte bewusst keinerlei Nutzung mehr. 1940 wurde der Schloßturm unter Denkmalschutz gestellt. Heute wird das Gebäude als eindrucksvolles Domizil textiler Exponate von zahlreichen Besuchern geschätzt und bewundert. Für Schulklassen ist das Museum ein lohnender Besuch und auf Anfrage jederzeit möglich.
Kontakt:
HARD Tourismus
6971 Hard, Rathaus, Marktstrasse 18
Tel.: 05574 / 697220
Fax: 697954
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