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Schlicht antiislamisch

©APA/HANS KLAUS TECHT
Gastkommentar von Johannes Huber. Die Reaktionen von Blauen und Schwarzen auf das „Scharia-Urteil“ lässt tief blicken. Was mit Islam zu tun hat, kann demnach nur übel sei.

Der freiheitliche Verfassungssprecher Michael Schilchegger spricht von einem traurigen Tag für Frauenrechte in Österreich“ und warnt, dass jene Kräfte geschwächt werden, die sich dem Islam nicht unterwerfen wollen. Der Generalsekretär der ÖVP, Nico Marchetti, geht noch weiter: Er befürchtet, dass Frauen jetzt auch hierzulande zu Menschen zweiter Klasse degradiert werden.

Beide sehen das Abendland untergehen, das christlich geprägt ist, letzten Endes zum Glück aber stark von der Aufklärung beeinflusst worden ist; sie hat erst zum demokratischen Rechtsstaat mit Gleichheit, Selbstbestimmtheit, Meinungsfreiheit und solchen Dingen geführt.

Das alles soll nun also gefährdet sein? Die gespielte Empörung lässt tief blicken. In der Sache geht es um das „Scharia-Urteil“ des Wiener Landesgerichts für Zivilrechtssachen, das diese Woche europaweit Schlagzeilen gemacht hat. Bestätigt worden ist damit aber kein „Handabhacken, Steinigen oder einseitiges Verstoßen von Ehefrauen“, wie der Rechtswissenschaftler Ralph Janik ätzte bzw. Schilchegger und Marchetti tun.

Bestätigt worden ist der Spruch eines Schiedsgerichts, das auf islamischem Recht (Scharia) basierte und das sich in Bezug auf eine Streitigkeit zwischen zwei Männern rein auf Vermögensfragen bezog. Wobei entscheidend ist, dass der Spruch nicht den österreichischen Grundwertungen widersprochen hat. Sprich: Hätte er auf „Steinigung!“ gelautet, das Urteil wäre selbstverständlich ganz anders ausgefallen.

Dann hätte sich das Landesgericht für Zivilrechtssachen mit Sicherheit quergelegt. Im internationalen Privatrecht heißt es ja ausdrücklich: „Eine Bestimmung des fremden Rechts ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist.“

Einen besseren Schutz vor einer Islamisierung oder einen Rückfall ins Mittelalter im erwähnten Kontext gibt es kaum. Also: Nur die Ruhe! Panikattacken sind vollkommen überflüssig. Beziehungsweis sind sie inszeniert und lassen tief blicken: Es ist schon so weit, dass alles, was mit Islam zu tun hat, aus blauer und türkiser Sicht nur übel sein kann.

So ist ein Zusammenleben unmöglich. Geht ein kultureller Austausch, der für beide Seiten bereichernd sein könnte, gar nicht. Und zwar schlimmerweise auch dann nicht, wenn er vollkommen ungefährlich im Sinne von bedenkenlos wäre.

Es ist zu durchschaubar: Es geht um schlicht antiislamische Stimmungsmache, die sogar der katholischen Kirche missfallen muss, die an einem interreligiösen Austausch interessiert ist. Es geht auch zulasten der gemäßigten Muslime, die nach österreichischen Regeln leben wollen, werden durch diesen blinden Feldzug gegen den Islam doch radikale Kräfte in dessen Reihen nur weiter gestärkt.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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