Salzburger IS-Rückkehrerin Maria G. zu bedingter Haftstrafe verurteilt

Die Salzburger IS-Rückkehrerin zeigte sich im Prozess voll geständig. "Ich habe viel über meine damalige Radikalisierung und Ausreise nachgedacht und kann mir heute nicht mehr erklären, wie das passieren konnte", so Maria G. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.
Zukunftsängste und Orientierungslosigkeit als Nährboden für Radikalisierung von Maria G.
Das Medieninteresse war am Mittwoch groß. Die Staatsanwaltschaft legte der im März 2025 nach Österreich zurückgeholten Salzburgerin zur Last, 2014 nach Syrien gereist zu sein und sich - inspiriert von Propagandafilmen - der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) angeschlossen zu haben. "Es ist aber nichts gefunden worden, das die Angeklagte über den Umstand des Auswanderns in das Herrschaftsgebiet des IS hinaus belasten könnte", räumte der Staatsanwalt ein. Sprich, sie war selbst nicht an kriegerischen Handlungen oder Gräueltaten beteiligt.
"Es mag wer sagen, die Angeklagte hat unserer freien demokratischen Gesellschaft den Rücken gekehrt. Aber es geht nicht um Rache, sondern es geht darum, jemanden, der eine falsche Entscheidung getroffen hat, wieder in die Gesellschaft einzugliedern", betonte der Staatsanwalt. Die Angeklagte habe durch ihr Verhalten vor allem sich selbst, ihren Angehörigen und ihren Kindern Schaden zugefügt.
Die Angeklagte habe nach einem dramatischen Erlebnis in jungen Jahren als Jugendliche unter Panikattacken, Zukunftsängsten und Orientierungslosigkeit gelitten. Über ihren muslimischen Freund kam sie in Kontakt mit dem Islam und dürfte sich dann vor allem in den Sozialen Medien radikalisiert haben. Ende 2013 konvertierte G. zum Islam. Mit ihrem Freund kam es zum Bruch, da der ihre radikalen Ansichten nicht teilte.
Anklage: "Ehemänner bewusst in deren Kampfmoral gestärkt"
Über Skype heiratete sie einen aus Deutschland stammenden IS-Kämpfer nach muslimischem Ritus und reiste am 28. Juni 2014 über Istanbul nach Syrien. Nach einer raschen Scheidung vom ersten Mann war sie mit einem weiteren IS-Kämpfer aus Dänemark verheiratet und brachte zwei Söhne - heute acht und zehn Jahre alt - zur Welt. In Syrien lebte G. dann in unterschiedlichen vom IS kontrollierten Gebieten. Finanziell unterstützt und mit Lebensmitteln versorgt wurden sie und ihre Familie dabei vom IS. Laut Staatsanwaltschaft soll sie "durch ihre Anwesenheit ihre Ehemänner bewusst in deren Kampfmoral sowie Zugehörigkeit und Loyalität gegenüber dem IS bestärkt haben".
2019 gelang Maria G. mit ihren Söhnen über einen humanitären Korridor die Ausreise aus der letzten eingekesselten IS-Hochburg. Ihr zweiter Ehemann wurde später bei Kampfhandlungen getötet. G. wurde gefangen genommen und war zunächst mehrere Monate im Lager Al-Hol inhaftiert. Ab September 2020 befand sie sich mit ihren Söhnen im in Nordsyrien gelegenen Internierungslager Roj. Die Familie der jungen Frau bemühte sich seitdem um eine Rückholung nach Österreich. Das Außenministerium wollte aber zunächst nur die beiden minderjährigen Söhne zurückholen, was die Mutter ablehnte. Das Bundesverwaltungsgericht ordnete schließlich im Herbst 2024 die Rückholung der Frau und der beiden Söhne an. Am 1. März 2025 wurde Maria G. mit den Kindern nach Österreich zurückgebracht. Sie befindet sich seitdem auf freiem Fuß.
Verteidigerin von Salzburger IS-Rückkehrerin: "Der größte Fehler ihres Lebens"
"Die Tat liegt mehr als elf Jahre zurück. Meine Mandantin war damals 17 Jahre alt und hatte psychisch belastende Jahre hinter sich. Diese Umstände haben die Radikalisierung erst möglich gemacht", sagte ihre Verteidigerin Doris Hawelka im Verfahren. G. habe umfassend mit den Ermittlungsbehörden kooperiert und in fünf insgesamt 20 Stunden langen Vernehmungen alle Fragen beantwortet.
Ihre Mandantin habe seit ihrer Rückholung auch "alles getan, um gute Voraussetzungen für ihr weiteres Leben zu schaffen". G. hat nach ihrer Rückkehr auf freiwilliger Basis ein Deradikalisierungsprogramm begonnen, sich um Bewährungshilfe bemüht und im Sommer nicht nur eine Arbeitsstelle, sondern auch einen Therapieplatz gefunden. "Sie ist sich bewusst, dass die Ausreise nach Syrien der größte Fehler ihres Lebens war. Und sie hat in einer gewissen Weise auch den Preis dafür bezahlt." G. habe de facto elf Jahre in Gefangenschaft gelebt, weil auch das Leben als Frau und Mutter im IS nichts anderes gewesen sei. Die sechs Jahre in den beiden Internierungslagern seien schlimm gewesen. "Das war bereits die schwerwiegendste Strafe. Es gibt keine Sanktion im österreichischen Strafrecht, die schlimmer wäre als diese sechs Jahre." Für die Rückholung von Maria G. gebühre dem Außenministerium Dank. "Aber es wurden leider wichtige Jahre - vor allem für die Kinder - vergeudet. Diese Zeit ist verloren."
Salzburger IS-Rückkehrerin Maria G.: "Hoffe, dass mir das Gericht eine Chance gibt"
G. selbst wollte sich angesichts der umfangreichen Einvernahmen durch die Ermittler am Mittwoch nicht mehr zu ihrer Geschichte äußern, sagte aber, dass sie und ihre Kinder viel Schlimmes erlebt hätten. "Ich bin froh wieder hier zu sein". Nach dem Urteil bedankte sie sich beim Gericht für die zweite Chance.
Die Angeklagte war gerichtlich unbescholten. Aufgrund des Strafrahmens von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe und dem jugendlichen Alter bei der Ausreise wurde der Fall vor einem Schöffengericht für Jugendstrafsachen verhandelt. Das Gericht verordnete Bewährungshilfe, die weitere Teilnahme an Deradikalisierungsprogrammen und Psychotherapie. Die Probezeit der bedingten Strafe beträgt drei Jahre. Wie die Richterin in ihrer Urteilsbegründung sagte, wäre eine unbedingte Strafe im Falle von G. kontraproduktiv gewesen.
(APA/Red)
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