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RH Vorarlberg übt scharfe Kritik an Schülerbetreuung des Landes

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Bregenz - Der Landes-Rechnungshof Vorarlberg (RH) hat am Dienstag das Land für seine Handhabung der Schülerbetreuung an allgemeinbildenden Pflichtschulen scharf kritisiert. Der RH konnte anhand der vorliegenden Daten nicht feststellen, wie viele Kinder in welchem Ausmaß welche Betreuungsformen in Anspruch nehmen. Die angekündigte Verdoppelung der verschränkten Ganztagsklassen ist nicht erfolgt.
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Der RH nahm im Prüfzeitraum (2011 bis 2017) insbesondere die Deckung des Betreuungsbedarfs unter die Lupe. Wie sich herausstellte, wurden die verschiedenen Betreuungsangebote jedoch oft vermischt angeboten – grundsätzlich können Schulkinder außerschulisch in Mittags- und Nachmittagsbetreuungen oder im Rahmen einer Ganztagsschule betreut werden. Während die Ganztagsschule auch bildungspolitische Ziele verfolgt, geht es bei der Mittags- und Nachmittagsbetreuung vorrangig um die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Die rechtlichen Grundlagen für die zwei Betreuungsformen sind jedoch verschiedene. Die Mittags- und Nachmittagsbetreuung wird von der Gemeinde angeboten und vom Land gefördert, bei den Ganztagsschulen teilen sich die Gebietskörperschaften die Verantwortung und die Finanzierung.

Angebote vermischt – Gelder falsch verwendet

Durch die Vermischung der Angebote – in Vorarlberg oft einfach unter dem Titel “Schülerbetreuung” beworben – kam es laut RH nicht nur zu einer Verunsicherung bei den Akteuren, auch Gelder wurden falsch eingesetzt. So wurden zum Teil Betreuungen als Ganztagsschulen finanziert, die damit verbundenen Kriterien (etwa das Anbieten von Lernzeiten) aber nicht eingehalten. Auch sei in Zukunft stärker auf die Qualifikation des Betreuungspersonals zu achten, betonte RH-Direktorin Brigitte Eggler-Bargehr bei der Präsentation des entsprechenden Prüfberichts. “Die begonnene Aufarbeitung und die aktive Informationspolitik der zuständigen Abteilung sind zu begrüßen”, sagte sie.

Unzureichende Daten

Wie viele Kinder in welchem Ausmaß welche Betreuungsform in Anspruch genommen haben, konnte der RH aufgrund der bestehenden Daten nicht eruieren. Damit fiel auch eine zuverlässige Beurteilung des Ausbaustands der Ganztagsschulen sowie der Mittags- und Nachmittagsbetreuung weg. “Die angestrebte Verdoppelung der verschränkten Ganztagsklassen gelang jedenfalls nicht”, stellte Eggler-Bargehr fest. Verschränkte Ganztagsklassen gab es in Vorarlberg zuletzt 75 (1.421 Kinder), 2015 waren es 54 (1.022 Kinder). Die schwarz-grüne Landesregierung hatte sich in ihrem Koalitionspapier (2014 bis 2019) eine Verdoppelung der verschränkten Ganztagsklassen innerhalb von drei Jahren zum Ziel gesetzt.

In Sachen Finanzierung stellte der RH fest, dass für Förderungen und Personal in der Schulkindbetreuung pro Jahr von Bund und Land im Durchschnitt 7,21 Mio. Euro aufgewendet wurden. Eine vollständige Finanzierungsübersicht fehlte, da die Kosten der Gemeinden und der Erziehungsberechtigten nicht zentral erfasst sind. Der Bund trug den überwiegenden Anteil der Kosten für die Ganztagsschulen. Von der Ausbau-Förderung in Höhe von 28,79 Mio. Euro (2011 bis 2018) holte das Land bis Jahresende 2017 nur die Hälfte ab.

Schöbi-Fink verspricht Umsetzung

Bildungslandesrätin Barbara Schöbi-Fink (ÖVP) versprach in einer ersten Reaktion die im Prüfbericht “enthaltenen Anregungen aufzunehmen und sukzessive umsetzen”. Sie nannte die Abschaffung der Landesförderung für die Erstausstattung von Schülerbetreuungen als Beispiel. Recht habe der Rechnungshof auch in Bezug auf die Wichtigkeit eines Gesamtkonzepts. “Es braucht eine klare Strategie. Wir sind bemüht, dies umzusetzen, auch wenn es ein langfristiger und aufwendiger Prozess ist. Hier braucht es viele Partner”, so Schöbi-Fink. Schon vor der Prüfung durch den Landes-Rechnungshof sei damit begonnen worden, aussagefähige Datengrundlagen zu schaffen. Schöbi-Fink wünschte sich aber auch eine grundsätzliche Vereinfachung des Systems.

SPÖ fordert sofortigen Krisengipfel zur Schulkindbetreuung

SPÖ-Bildungssprecherin Gabi Sprickler-Falschlunger: „Rechnungshofbericht vernichtet Schulpolitik in diesem Bereich von vorne bis hinten“.„Nach meinem intensiven Studium des Berichtes des Landes-Rechnungshofes über die Schulkindbetreuung kann ich nur eines sagen: ich bin entsetzt und fassungslos“, zeigt sich SPÖ-Bildungssprecherin LAbg. Dr. Gabi Sprickler-Falschlunger geschockt über den Inhalt des Berichtes.

Sprickler-Falschlunger fordert deshalb einen sofortigen Krisengipfel. Dieser soll unter Einbindung des Landeshauptmannes, der zuständigen Landesrätin Schöbi-Fink, den Klubobleuten und Bildungssprechern der Fraktionen, den zuständigen Mitarbeitern in den Abteilungen sowie dem Landes-Rechnungshof unverzüglich stattfinden.

FP-Klubobmann Allgäuer: “Es liegt offensichtlich einiges im Argen!”

Da wird offensichtlich seit Jahren herumgewurschtelt“, so die erste Reaktion des Obmannes des Kontrollausschusses im Vorarlberger Landtag, Daniel Allgäuer (FPÖ).

„Da sind offensichtlich erhebliche finanzielle Mittel geflossen, ohne dass aufgrund fehlenden Datenmaterials überhaupt eine zuverlässige Beurteilung des Ausbaustands der Ganztagsschulen sowie der Mittags-/Nachmittagsbetreuung möglich war und dann einfach salopp im schwarz-grünen Regierungsprogramm eine Verdoppelung der verschränkten Ganztagsklassen in Aussicht gestellt, so Allgäuer.

Grüne: Massiver Verbesserungsbedarf

Eltern und Kinder müssen sich auf ein ausreichendes Angebot an guten Ganztagsschulen verlassen können. „Der Bericht des Landesrechnungshofs zur Schulkind-Betreuung an Pflichtschulen zeigt gravierende Schwachstellen auf. Die zuständige Landesrätin Barbara Schöbi-Fink wird sich mit der Kritik auseinandersetzen und rasch die Empfehlungen abarbeiten müssen. Eltern und Kinder müssen sich darauf verlassen können, dass es ein ausreichendes Angebot an guten Ganztagsschulen gibt“, nimmt der Grüne Bildungssprecher Daniel Zadra zur heutigen Präsentation des Rechnungshofberichtes Stellung.

Das Land habe bereits erste Schritte gesetzt, um aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. So wurde zugesichert, dass in Zukunft besser zwischen den unterschiedlichen Betreuungsformen, also Ganztagsschulen und reiner Nachmittagsbetreuung differenziert wird. Gemeinsam mit den Lehrenden, den DirektorInnen, den Eltern und den Gemeinden müsse das Land jetzt rasch weitere Schritte setzen. Als Unterstützung für Schulen und Gemeinden schlägt Zadra eine zentrale Koordinierungsstelle für alle Betreuungsformen von Schulkindern vor. „Hier werden alle Kompetenzen gebündelt, und Schulen sowie Gemeinden haben einen klaren Ansprechpartner für den Ausbau von ganztägigen Schulformen“, so Zadra.

ÖVP: Nachschärfen auf allen Ebenen

Für VP-Bildungssprecher Julian Fässler hält der aktuelle Rechnungshofbericht zur Schulkindbetreuung eine Reihe von Anregungen bereit, die es möglichst rasch umzusetzen gilt: „Die Prüfer haben klar aufgezeigt, wo die Verbesserungspotenziale liegen. Offenkundig wird auch ein Kompetenzproblem zwischen den einzelnen Verwaltungsebenen.“ Die Kritikpunkte sind für Fässler nachvollziehbar und daher nicht überraschend.

Die Kritik von Seiten der Opposition aber auch der Grünen an Landesrätin Barbara Schöbi-Fink weist Bildungssprecher Julian Fässler scharf zurück: „Die Landesrätin ist noch kein Jahr im Amt. Der Untersuchungszeitraum der Prüfung umfasst jedoch die Jahre 2011 bis 2017. Allein diese zeitliche Achse macht klar, dass die Kritik der Opposition an der Person Schöbi-Fink ein durchschaubarer, billiger politischer Reflex darstellt! Der Wunsch nach einem Koordinator, wie von Seiten der Grünen formuliert, verschärft hingegen nur die Bürokratie, löst aber das offenkundige Strukturproblem nicht“ Für Fässler ist das Thema Schülerbetreuung ein exemplarisches Beispiel dafür, wie das Sprichwort „Zu viele Köche verderben den Brei“ sich praktisch auswirkt: „Ich würde mir wünschen, dass in Zukunft die Schülerbetreuung nicht mehr von Bund, Ländern und Gemeinden finanziert und organisiert wird. Hier braucht es eine Kompetenzbereinigung, die für klare Verhältnisse sorgt. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass hier das Land in Zukunft die alleinige Verantwortung für die Schülerbetreuung übernimmt.“

(APA)

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