AA

Rechtspopulismus im Aufwind: Die Lage in den EU-Ländern

In Europa gibt es derzeit gleich mehrere starke rechtspopulistische Parteien.
In Europa gibt es derzeit gleich mehrere starke rechtspopulistische Parteien. ©Canva/APA/WERNER KERSCHBAUMMAYR/AFP/BERTRAND GUAY/REUTERS
In Ländern wie Italien oder Finnland sind rechtspopulistische Parteien bereits in der Regierung vertreten, in Österreich und Deutschland legten die Umfragewerte zuletzt stark zu. Im Folgenden eine Länder-Übersicht mit starkem Rechtspopulismus.
Zugewinne für Rechtspopulisten erwartet

Der Rechtspopulismus hat sich längst als wesentliche politische Kraft in Europa etabliert. Aktuellen Umfragen zufolge werden Parteien aus diesem Spektrum bei der EU-Wahl im Juni zulegen. In einigen EU-Staaten wie Italien oder Finnland sitzen rechtspopulistische Kräfte bereits in der Regierung, in anderen Mitgliedsländern wie Österreich oder Deutschland konnten sie in Umfragen stark an Wählergunst zulegen.

Diese rechtspopulistischen Parteien in Europa sind derzeit stark

ITALIEN

2022 kam Giorgia Meloni von der ultrarechten Partei Fratelli d'Italia (FdI) an die Macht, zusammen mit den kleineren Rechtspopulisten der Lega und der rechtskonservativen Forza Italia (FI). Meloni konnte praktisch alle Unzufriedenen - Corona-Zweifler, EU-Kritiker, Ausländerfeinde, Russland-Freunde und Gegner von Waffenlieferungen an die Ukraine - auf sich vereinen. Ihre Rechts-Rechts-Mitte-Koalition regiert Italien seitdem relativ skandalfrei - zumindest gemessen an den Befürchtungen wegen Melonis Wurzeln in einer aus dem Faschismus hervorgegangenen Partei.

Bei den vergangenen EU-Wahlen konnte die Lega noch einen Triumph mit 24 Abgeordneten erringen. Mit dem Erstarken der FdI verlor die einst so populäre Lega von Matteo Salvini jedoch an Wählergunst. Während die Partei Melonis in den heimischen Umfragen derzeit mit 29 Prozent die Nase vorne hat, liegt die Lega abgeschlagen auf dem vierten Platz mit 9 Prozent. Die Forza Italia (FI) des verstorbenen Ex-Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi kommt gerade einmal auf 7 Prozent.

Auf EU-Ebene gehören alle drei Parteien unterschiedlichen Fraktionen an: die FdI mit 9 Abgeordneten der "Europäischen Konservativen und Reformer" (EKR), die Lega mit 24 EU-Abgeordneten der "Identität und Demokratie" (ID) und die FI mit 11 Abgeordneten der "Europäischen Volkspartei" (EVP).

SCHWEDEN

Bei der Parlamentswahl 2022 wurden die rechtspopulistischen Schwedendemokraten (SD) mit über 20 Prozent der Stimmen erstmals zweitstärkste Kraft hinter den abgelösten Sozialdemokraten. Die Partei hat Wurzeln in der Neonazi-Szene der 1990er-Jahre und wird von vielen Schwedinnen und Schweden äußerst kritisch gesehen. Die SD sitzen zwar nicht direkt in der konservativ-liberalen Koalition - die Minderheitsregierung ist aber auf ihre Unterstützung angewiesen.

In Umfragen kommen die Schwedendemokraten derzeit auf 19 Prozent und liegen somit hinter den deutlich führenden Sozialdemokraten (37 Prozent) und der konservativen Partei "Die Moderaten" (20 Prozent) auf dem dritten Rang. Im EU-Parlament sitzen derzeit drei Abgeordnete in der Fraktion EKR.

FINNLAND

Rechtsruck auch in Helsinki: Seit Ende Juni regiert hier eine Vier-Parteien-Koalition unter der Führung des konservativen Ministerpräsidenten Petteri Orpo. Seine Nationale Sammlungspartei war bei der Wahl Anfang April stärkste Kraft vor der rechtspopulistischen Partei "Die Finnen" und den Sozialdemokraten seiner Vorgängerin Sanna Marin geworden. Anders als in Schweden sitzen die Rechten in Finnland nun mit in der Regierung.

Bei den vergangenen EU-Wahlen rangierten "Die Finnen" mit 13,8 Prozent noch auf dem vierten Platz. Aktuellen Umfragen zufolge würden sie bei nationalen Wahlen derzeit auf 19 Prozent kommen. Im EU-Parlament stellen sie zwei Abgeordnete in der EKR.

FRANKREICH

In Frankreich legte die rechtsnationale Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen bei der Parlamentswahl vor gut einem Jahr kräftig zu und ist nun größte Oppositionsfraktion in der Nationalversammlung. Für das Mitte-Lager von Präsident Emmanuel Macron ist die rechte Partei inzwischen der gefürchtetste Gegner, der gestärkt aus den Pensionsprotesten hervorgegangen ist und auch von den jüngsten Vorstadtkrawallen profitieren dürfte.

Mit knapp einem Prozentpunkt gewann RN bei den EU-Wahlen 2019 vor der liberalen La République en Marche (LREM) von Präsident Macron. In der Fraktion ID fanden die 18 RN-Abgeordneten ihre Heimat. In den aktuellen Umfragen kämpft RN (24 Prozent) mit der linken Oppositionsfraktion NUPES (25 Prozent) um den ersten Platz, LREM heißt seit 2022 "Renaissance" und liegt mit 22 Prozent am dritten Rang.

ÖSTERREICH

Würde in Österreich derzeit der Nationalrat gewählt, wäre die FPÖ laut Umfragen von September 2023 mit rund 30 Prozent stärkste Partei. Die Freiheitlichen können bereits auf Regierungserfahrung zurückgreifen - bisher war die Partei fünfmal in einer Bundesregierung vertreten, den Kanzler stellte sie jedoch nie. Die bisher letzte Koalition auf Bundesebene mit der ÖVP ging nach dem Ibiza-Skandal im Frühjahr 2019 zu Ende. Bei den EU-Wahlen im Juni des Jahres war der Stimmverlust bei der FPÖ allerdings mit rund drei Prozent überschaubar. Im EU-Parlament gehören die drei freiheitlichen EU-Abgeordneten der ID an. Bei den EU-Wahlen wird mit einem deutlichen Wahlerfolg der FPÖ gerechnet. In mehrere Landesregierungen ist sie mittlerweile eingezogen.

DEUTSCHLAND

Seit Monaten sonnt sich die rechtspopulistische und vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachtete "Alternative für Deutschland" (AfD) im Umfragehoch. Bundesweit liegt sie bei etwa 20 Prozent - und damit vor der Kanzlerpartei SPD. 2013 als Anti-Euro-Partei gestartet, wurde die AfD in der Flüchtlingskrise 2015/16 stark. Das Thema Migration ist bis heute zentral für sie und durch die stark gestiegenen Asylbewerberzahlen aktueller denn je. Auf kommunalpolitischer Ebene konnte die AfD bereits einige Erfolge feiern.

Zuletzt kam die AfD in den Umfragen auf 21 Prozent, damit überholte sie die regierenden Sozialdemokraten (17 Prozent). Nur noch die christdemokratischen Schwesterparteien CDU/CSU liegen vor den Rechtspopulisten. Bei den EU-Wahlen 2019 holte sie als viertstärkste Partei 11 Prozent und damit 9 Abgeordnete in die ID.

WEITERE LÄNDER

In UNGARN und POLEN befinden sich schon seit mehreren Jahren rechtskonservative Parteien in Regierungsverantwortung, die bei den Themen Migration und Europapolitik starke Überschneidungen mit rechtspopulistischen Kräften aufweisen. Allerdings handelt es sich dabei um Kräfte des politischen Mainstreams, die früher konservativen Parteienfamilien bzw. im Fall der ungarischen Fidesz-Partei der Europäischen Volkspartei (EVP) angehört haben.

In weiteren Ländern wie den NIEDERLANDEN oder DÄNEMARK spielten rechtspopulistische Parteien viele Jahre lang eine bestimmende innenpolitische Rolle, sind aktuell aber infolge von Parteispaltungen und dem Rechtsruck der liberalen bzw. sozialdemokratischen Regierungsparteien geschwächt.

>> Lesen Sie mehr zur Europawahl 2024 in unserem Special

(APA/Red)

  • VOL.AT
  • Europawahl
  • Rechtspopulismus im Aufwind: Die Lage in den EU-Ländern