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Dieser Mann wird Russlands nächster Ministerpräsident

Medwedew (l.) reicht für die Regierung den Rücktritt ein
Medwedew (l.) reicht für die Regierung den Rücktritt ein ©APA (AFP/SPUTNIK)
Nach dem unerwarteten Rücktritt von Russlands Regierung hat Präsident Wladimir Putin den Chef der nationalen Steuerbehörde, Michail Mischustin, als neuen Ministerpräsidenten vorgeschlagen.
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Mischustin habe bereits zugestimmt, hieß es. Das meldeten russische Nachrichtenagenturen am Mittwochabend unter Berufung auf den Kreml.
Putins Wunschkandidat Mischustin gilt bisher als weitgehend unbekannt in Russland. Es wird erwartet, dass er als eine Art Übergangspremier arbeiten wird.

Unbeschriebenes Blatt

Politisch ist Mischustin bisher kaum in Erscheinung getreten. Der 53 Jahre alte Wirtschaftsexperte aus Moskau steht seit 2010 an der Spitze der Behörde. Das Parlament muss den Wunschkandidaten von Putin noch bestätigen. Das gilt jedoch unter Beobachtern als Formsache.

Als Reaktion auf eine von Putin angekündigte Verfassungsreform hatte zuvor Regierungschef Dmitri Medwedew den Rücktritt seiner Regierung verkündet und damit Putin den Weg für die angekündigte Verfassungsreform bereitet. Medwedew soll nach dem Willen Putins Vize-Vorsitzender des nationalen Sicherheitsrates werden und dort die Bereiche Verteidigung und Sicherheit verantworten.

Schmerzliche Entscheidung

Immer wieder hatte Putin Forderungen nach einem Regierungswechsel abgelehnt. Er betonte stets, dass nicht die Regierungsmitglieder das Problem seien, sondern die Umstände - und das Kabinett einfach hart arbeiten müsse. Umso größer nun die Sensation.

Für Kremlchef Wladimir Putin muss es die schmerzlichste Entscheidung in diesen Krisenzeiten in Russland sein. Nach einem langen gemeinsamen Weg trennt sich der 67-Jährige von seinem politischen Ziehsohn Dmitri Medwedew. Der 54-Jährige durfte 2008 von Putins Gnaden ins Präsidentenamt wechseln und musste dann 2012 den Thron nach nur einer Amtszeit wieder freimachen. So umstritten die Rochade für Putins Rückkehr damals war, klar war stets, dass Putin das Medwedew nie vergessen wird. Wohl auch deshalb hielt sich Medwedew trotz Wirtschaftskrise und Korruptionsvorwürfen so lange auf dem Posten. An den vielen Problemen im Land aber geben viele Russen vor allem der Regierung seit Jahren die Schuld.

Korruptionsvorwürfe gegen Medwedew

Dem Kreml entgingen nicht die von dem Oppositionellen Alexej Nawalny veröffentlichten Korruptionsvorwürfe. Ein Videoclip über Medwedews Reichtümer hatte bei Youtube am Mittwoch mehr als 33 Millionen Aufrufe. Nawalny hatte sich nicht nur auf Medwedew, aber vor allem auf ihn eingeschossen. Nach den jüngsten Razzien maskierter Sicherheitskräfte in seinem Moskauer Anti-Korruptions-Fonds warf er Medwedew vor, weitere Enthüllungen verhindern zu wollen.

Nawalnys Team ätzte noch am Mittwoch gegen Medwedew während Putins Rede zur Lage der Nation: der augenscheinlich schlafende Premier sei das einzig Stabile in Russland. Tatsächlich war er bei Präsidentenreden immer einmal mit geschlossenen Augen zu sehen. Später kündigten die Anti-Korruptions-Kämpfer an, einsatzbereit zu sein für den neuen Regierungschef und sein Kabinett.

Regierungschef muss in Russland immer als Erstes gehen

In Russland gibt es eine lange Tradition, dass im Fall großer Unzufriedenheit in der Gesellschaft zuerst der Regierungschef seinen Posten räumen muss. Putins Vorgänger Boris Jelzin wechselte immer wieder erfolglose Premiers aus. Dass Putin aber den loyalen Medwedew jemals fallen lassen könnte, daran hatte zuletzt kaum noch jemand geglaubt.

(APA/ag.)

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