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Psychotherapeut wegen falscher Drogen-Tests verurteilt

Ein Klient entging wegen der Tests dem Gefängnis
Ein Klient entging wegen der Tests dem Gefängnis ©APA (Gindl)
Dass man mit gefälschten Drogen-Tests dem Gefängnis entgehen kann, hat am Donnerstag ein Prozess am Wiener Landesgericht bewiesen.

Ein Psychotherapeut wurde zu neun Monaten bedingter Haft und einer Geldstrafe von 5.580 Euro verurteilt, weil er einem suchtgiftabhängigen Mann gegen Entgelt monatlich bescheinigte, “clean” zu sein – was nicht den Tatsachen entsprach, wie der 24-Jährige zugab.

Der junge Mann war wegen mehrerer Delikte vom Landesgericht verurteilt worden, hatte nach dem Grundsatz “Therapie statt Strafe” aber einen Strafaufschub gewährt bekommen. Er musste seine Strafe nicht antreten und erklärte sich dafür im Gegenzug bereit, bei einem Verein, der seit 2006 in Kooperation mit dem Justizministerium Entzugstherapien anbietet, seine Sucht behandeln zu lassen.

Wie der 24-Jährige nun Richterin Elisabeth Reich schilderte, wusste er, “dass man bei dem Verein eine Scheintherapie machen kann”. Ein Kollege habe ihm das erzählt. Zwischen Juli 2014 und Mai 2015 ging er daher regelmäßig zum Angeklagten: “Ich hab’ gar nix besprochen. Ich musste keinen Harn abgeben.”

150 Euro pro Sitzung verlangt

Obwohl er der Justiz versprochen hatte, den Drogen abzuschwören, hätte er nach dem plötzlichen Tod seines Vaters wieder welche genommen, gestand der 24-Jährige. Die Justiz erfuhr davon nichts. Der Psychotherapeut bestätigte ihm nämlich Monat für Monat, dass der Mann “sauber” war. Dafür habe der Therapeut 150 Euro pro Sitzung verlangt, “die fünf Minuten gedauert hat”, offenbarte der Zeuge.

So viel Geld hatte der Süchtige allerdings nicht: “Ich hab’ ihm jedes Mal 100 Euro gegeben. Mehr kann ich mir nicht leisten.” Für einen positiven Abschlussbefund – ein solcher ist erforderlich, damit die aufgeschobene Strafe in eine bedingte mit Probezeit umgewandelt wird – hätte der Angeklagte dann 500 Euro verlangt. Er habe sich das Geld von seiner Mutter ausgeborgt und dem Therapeuten im Mai 2015 300 Euro übergeben, berichtete der Zeuge.

Der Angeklagte bestritt entschieden, von dem Mann Geld genommen zu haben, was ihm die Richterin jedoch nicht glaubte. Der Zeuge sei “glaubwürdig”. Der Therapeut hatte auch behauptet, seine monatlichen Berichte ans Gericht wären inhaltlich nicht wirklich unrichtig gewesen: “Es geht um einen Therapieprozess. Da können auch Rückfälle stattfinden.” Er müsse daher nicht jeden Harnbefund mit einem Drogennachweis erwähnen: “Manchmal würde man es schreiben, manchmal nehme ich die Schablone und schaue es mir noch an.”

“Sie haben gelogen”

Die Richterin konfrontierte den Angeklagten mit Passagen aus seinen Schreiben an die Justiz. Der Patient halte sich “vorbildhaft an die Auflagen”, sei auf einem “guten, ernsthaften Weg”, seine Drogen- und Harntests würden “durchgehend negative Harnbefunde” aufweisen, hieß es dort. “Sie haben gelogen”, bemerkte die Richterin zusammenfassend. Der Psychotherapeut blieb dabei: “Es kann schon sein, dass er zwischendurch auf einem guten Weg war und dass er dann einen Rückschlag erlitten hat.” Möglicherweise habe er aber “eine Schablone vielleicht ein Mal zu oft geschrieben”.

Das Justizministerium will nun die Rahmenvereinbarung mit dem betreffenden Verein überprüfen, wie Ressortmediensprecherin Britta Tichy-Martin ankündigte. Für die therapeutische und medizinische Behandlung Suchtmittelabhängiger – darunter fallen auch die Kosten für das Maßnahmen-Paket “Therapie statt Strafe” – hat die Justiz 2016 8,41 Millionen Euro aufgewendet. Zahlen für das abgelaufene Jahr liegen noch nicht vor.

(APA)

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