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Prozess um an Drogen gestorbene 22-Jährige: Unzuständigkeitsurteil

Das Gericht fällte ein Unzuständigkeitsurteil.
Das Gericht fällte ein Unzuständigkeitsurteil. ©APA/HELMUT FOHRINGER (Symbolbild)
Nach dem Ableben einer 22-Jährigen, die in der Nacht auf den 23. Oktober 2024 in einer Wohnung in Wien-Favoriten an den Folgen einer Überdosis starb, ist am Donnerstag am Landesgericht gegen zwei Männer verhandelt worden, die gemeinsam mit der jungen Frau den Abend verbracht und Drogen konsumiert hatten.

Dem Älteren wurde Körperverletzung mit tödlichem Ausgang vorgeworfen, weil er der Frau Morphium injiziert haben soll. Das Gericht fällte ein Unzuständigkeitsurteil.

Der 29-Jährige, der eigenen Angaben zufolge seit vielen Jahren drogenabhängig ist, soll zunächst die Morphiumtabletten aufgelöst und der 22-Jährigen das Suchtgift dann in die rechte Armbeuge verabreicht haben. Als die Frau nach hinten kippte und das Bewusstsein verlor, sollen weder er noch der 19-Jährige, dem der Ältere auf dessen Wunsch hin Heroin gespritzt hatte, richtig reagiert haben. Der Jüngere verließ die Wohnung, um in einer Nachtapotheke Naloxon - ein Gegenmittel bei Überdosierungen von Opioiden - zu besorgen, der Ältere ging nach eigener Einschätzung nach 20 bis 30 Minuten nach Hause bzw. zu seiner Freundin, ohne sich weiter um die bewusstlose Frau zu kümmern.

Er sei davon ausgegangen, dass der 19-Jährige die Rettung verständigt hatte und diese bereits am Weg war, machte der Mann vor einem Schöffensenat geltend. Einem gerichtsmedizinischen Gutachten zufolge verstarb die Frau an einer zentralen Atemlähmung.

Unzuständigkeitsurteil, Fall kommt vor Geschworene

Das Gericht fällte am Ende ein Unzuständigkeitsurteil. Der Senat ging davon aus, dass der 29-Jährige eine Garantenstellung inne hatte und er durch aktives Handeln verpflichtet gewesen wäre, den Tod der jungen Frau abzuwenden, der durch sein Unterlassen eintrat. Damit müssen nun Geschworene prüfen, ob der wegen Suchtmitteldelikten acht Mal Vorbestrafte mit seinem Handeln nicht den Tod der Frau billigend in Kauf genommen und damit Mord durch Unterlassung zu verantworten hat.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die beiden Männer bleiben vorerst weiter in U-Haft.

"Es war eine Drogen-Party, kann man sagen"

Wie der 29-Jährige schilderte, hatte er die junge Frau, die er gut kannte, am 22. Oktober im Bereich der Gumpendorfer Straße getroffen. In einem nahe gelegenen Park habe man dann Benzodiazepine, Crystal Meth und andere Substanzen konsumiert: "Es war eine Drogen-Party, kann man sagen." Schließlich habe die 22-Jährige ihn mit in eine Wohnung genommen, wo dann auch der 19-Jährige - ein enger Freund der Frau - eintraf. Zu dritt habe man weiter konsumiert.

Der 29-Jährige bestritt, der ums Leben Gekommenen Morphium gespritzt zu haben. "Sie hat so stark gezittert. Dadurch, dass ich Mitleid hatte, habe ich die Nadel angesetzt. Abgedrückt hat sie selber", gab er zu Protokoll. Er bereue es, das getan zu haben: "Ich hätte nie geglaubt, dass es so weit kommt." Als die Frau plötzlich ohne Bewusstsein war und keine Reaktion mehr zeigte, habe er den 19-Jährigen auf die Straße geschickt, um Hilfe zu holen. Der Akku seines Handy sei nämlich leer gewesen.

29-Jähriger hatte "Angst, dass mir die Medikamente weggenommen werden"

Auf die Frage, weshalb er die Wohnung verlassen hätte, erwiderte der 29-Jährige: "Ich war so unter Schock und es war so eine Panik in mir." Er habe sich darauf verlassen, dass der Jüngere mit der Rettung zurückkommt: "Ich stand dermaßen unter Drogeneinfluss, dass ich nicht klar denken konnte." Er sei "rausgegangen, weil ich Angst hatte, dass mir die Medikamente weggenommen werden".

Der 19-Jährige bekannte sich zur unterlassenen Hilfeleistung schuldig und machte darüber hinaus von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. "Er hat einen Riesenschock gehabt. Er hat die Panik bekommen", meinte sein Rechtsvertreter. Es sei "eine Schnapsidee" gewesen, auf der Suche nach einer Nachtapotheke durch die Stadt zu irren.

Die Angehörigen der ums Leben gekommenen Frau haben sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligte angeschlossen. Anwalt Sascha Flatz machte für die Mutter 42.000 Euro und für die Schwester 5.000 Euro geltend.

(APA/Red)

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