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Politik nicht ohne Ethik

„Ethik und Politik“ waren die Themen des Impulsreferats von Harald Sonderegger.
„Ethik und Politik“ waren die Themen des Impulsreferats von Harald Sonderegger. ©Laurence Feider
Landtagspräsident Harald Sonderegger referierte im Rahmen eines Ethikseminars an der HAK/HAS Lustenau.
Vortrag Ethik und Politik

Lustenau. „Wer Politik und Moral auseinanderhalten will, versteht von beidem nichts“ – dieses Zitat von Jean-Jacques Rousseau, ausgedruckt auf neongrünem Papier, schmückte die Stühle in der Aula der HAK/HAS Lustenau. Anlass war ein Vortrag zum Thema „Ethik und Politik“. Als Referent zu Gast war der Vorarlberger Landtagspräsident Harald Sonderegger. 

Ethik und Macht

Zu Beginn seines Vortrags ging Sonderegger auf die Definition von Ethik als Wissenschaft von der Moral und ihre verschiedenen Ausprägungsformen ein. Untrennbar damit verbunden sei auch der Begriff der Macht, wobei Sonderegger zwischen „power to“ und „power over“ unterschied. Auch Cicero wurde zitiert, der sinngemäß sagte: „Die Herrschaftsmacht sitzt im Volk, die Überzeugungsmacht im Senat.“ In unserem demokratischen System delegiert das Volk die Macht an die von ihm gewählten Mandatare oder Parteien. Die Umsetzung erfolgt nicht im Sinne einer „Herrschermacht“, sondern wird mithilfe der Organe umgesetzt.

Verschiedene Interessen

„Als Politiker befindet man sich in einem Spannungsfeld, das auch ethische Fragen aufwirft“, so Sonderegger. Der Landtagspräsident veranschaulichte diesen Konflikt mittels eines Beispiels. Auf einem Dorfplatz steht seit vielen Jahren ein Kastanienbaum, der dem Volksschullehrer als Biologie-Anschauungsunterricht dient, alten Menschen Schatten spendet und unter dem Kinder im Herbst Kastanien sammeln. Der Baum wird morsch und soll aus Sicherheitsgründen gefällt und durch einen jungen Baum werden. Hier stoßen nun verschiedene Interessen aufeinander – denn wie soll ein junger Baum Schatten spenden, meinen die älteren Dorfbewohner. Der Volksschullehrer begrüßt das geplante Vorgehen, die Sicherheit der Kinder geht vor. Für den Politiker gilt es zwischen den verschiedenen Interessen abzuwägen und unabhängig von seinen eigenen Interessen eine Entscheidung zu treffen.

Ethisches Verhalten

Zum ethischen Verhalten in der Politik ging Sonderegger anschließend auf die von Max Weber propagierte Unterscheidung zwischen Gesinnungsethik und Verantwortungsethik ein, die gerade in der Flüchtlingsfrage vielfach zitiert wurde. Bei der Gesinnungsethik handelt man nach seiner Überzeugung, das Resultat ist weniger wichtig. Bei der Verantwortungsethik steht die Verantwortbarkeit der Resultate an erster Stelle. Der Willkommenskultur warfen Kritiker gesinnungsethisches Handeln vor, politisches Handeln sollte jedoch verantwortungsethisch orientiert sein.

Politik nur mit Ethik

„Politik braucht Ethik als Orientierung. Für mich sind beide Begriffe ganz klar mit „und“ und nicht mit „oder“ zu verbinden – es gibt für mich keine Politik ohne Ethik“, meinte Sonderegger zum Abschluss seines Referats. Für ihn sei die Politik seit 25 Jahren eine „sehr spannende und fordernde Tätigkeit, in der es immer um ganz grundlegende Fragen geht“.

Ethikunterricht an der HAK

Der Vortrag von Harald Sonderegger wurde von Günter Pichler im Rahmen seiner freiwilligen Ethik-Seminare an der HAK Lustenau in Zusammenarbeit mit der Schule organisiert. Die Kurse werden seit neun Jahren von Günter Pichler ehrenamtlich angeboten – die Schüler besuchen die Kurzseminare freiwillig an unterrichtsfreien Nachmittagen. Der Vortrag des Landtagspräsidenten im Rahmen des Seminars „Ethik und Politik“ war öffentlich.

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