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Pilotprojekt mit sterilen Tigermücken in Graz gestartet

In Graz startete ein Pilotprojekt mit Tigermücken.
In Graz startete ein Pilotprojekt mit Tigermücken. ©APA/DPA/UWE ANSPACH (Symbolbild)
Die Asiatische Tigermücke ist in Graz, Linz und Wien bereits verbreitet. Ein Pilotprojekt in Graz startete am Dienstag, bei dem 600.000 sterile Männchen über sechs Wochen freigesetzt werden. Diese sollen Weibchen begatten, wobei keine Nachkommen entstehen. Erste Ergebnisse werden frühestens im Oktober erwartet.
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Die zur IAEA gehörende Forschungseinrichtung in Seibersdorf ist bei dem Pilotprojekt mit Tigermücken Projektpartner. Wissenschafterin Hanano Yamada erklärte im Heimgarten Schönau, dass Laborkolonien von Mücken gezüchtet werden. Im Puppenstadium werden weibliche von männlichen Mücken manuell getrennt. Die Weibchen kehren in die Kolonie zurück, die Männchen kommen in einen Kälteraum und anschließend in ein Röntgengerät.

Pilotprojekt im Kampf gegen eingeschleppte Tigermücken

Die Mücken werden bestrahlt und dadurch unfruchtbar. Rund 24 Stunden später werden die Insekten dann in der Natur ausgesetzt. Die international als sogenannte Sterile-Insekten-Technik (SIT) bekannte Methode wird häufig angewendet. Es gibt Beispiele in Italien und Florida und es können damit auch andere Mückenarten eingedämmt werden. In Österreich ist das Projekt im Kampf gegen die eingeschleppte Asiatische Tigermücke bisher einmalig.

Eva Winter, Leiterin des Grazer Gesundheitsamts, erklärte, dass die Tigermücke erstmals 2021 in Graz nachgewiesen wurde. Da sie Tropenkrankheiten übertragen kann, will die Stadt die Population so rasch wie möglich reduzieren. In den vergangenen Jahren wurde die Bevölkerung beispielsweise informiert, dass kleine Stehgewässer ausgeleert und Regenwassertonnen abgedeckt werden sollen, damit darin keine Eier abgelegt werden können. "Nun stehen wir aber an und versuchen daher eine neue Methode", so Winter.

Sterile Tigermücken-Männchen mischen am "Heiratsmarkt" mit

Die SIT-Methode arbeite nach dem "Prinzip Marktverdrängung", schilderte die Gesundheitsamtsleiterin. Die sterilen Männchen sollen am "Heiratsmarkt" den fruchtbaren Tigermückenmännchen die Weibchen wegschnappen. Gestochen wird der Mensch übrigens nur von den Weibchen. Die Männchen saugen kein Blut. "Sie sind nur hinter den Weibchen her", so Winter. Laufe das Projekt gut, will die Stadt Graz im kommenden Jahr mit der Methode "in die Breite gehen".

Erwin Wieser, Leiter des Strategischen Insektenschutzes in Graz, beschrieb das Untersuchungsgebiet: Freigelassen werden die bestrahlten Mücken im Heimgarten Schönau. Hier ist das Beobachtungsgebiet rund 15 Hektar groß. Im Westen von Graz gibt es ein weiteres Gebiet, dort wird allerdings nur Monitoring betrieben. Insgesamt werden um die 50 Insekten- und Eierfallen aufgestellt. Die Mücken werden in mehreren Tranchen freigelassen und jede hat eine eigene farbliche Markierung. "Wir schauen dann, wie viele Tigermücken in welcher Zeit sich wie weit verbreiten." Denn die Population in Graz ist bisher völlig unbekannt. Erst nach dem Pilotprojekt werde man Zahlenmaterial haben, so Yamada. Stadt Graz und Wissenschafter hoffen gemeinsam auf eine Reduktion der Population von 70 Prozent. "Das wäre ein sehr guter Wert", sagte Yamada.

Tigermücken sind gekommen um zu bleiben

Dass Maßnahmen notwendig sind, unterstreichen vor allem Betreiber von Heimgärten in Graz. Gertrude Miculics, Obfrau des Heimgartens Schönau, meinte, dass schon am Vormittag ein Arbeiten in den Gärten wegen der Mückenplage kaum möglich sei. Yamada zufolge können Weibchen alle drei Tage und nach einer sogenannten Blutmahlzeit Eier ablegen. Daher verbreiten sich die Insekten rasant. Ein Weibchen muss übrigens auch nur ein einziges Mal in ihrem Leben befruchtet werden. Die Spermien reichen für eine Vielzahl von Eiproduktionen aus. Die Eier können übrigens im Gegensatz zu den Insekten überwintern und überleben bis zu zweieinhalb Jahre.

Trotz des Pilotprojekts dürfe sich die Bevölkerung aber nicht zurücklehnen, warnte Wieser: "Die Tigermücke ist gekommen, um zu bleiben". Es müssten weiterhin offene Wasserstellen vermieden oder sauber gehalten werden. Tigermücken bevorzugen zur Eiablage kleine bis sehr kleine Wasserstellen. In Städten können das etwa Regentonnen, Vogeltränken, Gießkannen, Gullys, verstopfte Dachrinnen, Blumenvasen, Pflanzenuntersetzer, Eimer, Dosen, Flaschen oder Gläser sein.

Die ursprünglich aus den Tropen stammende Asiatische Tigermücke gilt als mögliche Überträgerin von über 20 verschiedenen Krankheitserregern - darunter Dengue-, Zika- oder Chikungunya-Viren. Die Ausbreitung der Insekten wird vor allem durch die Temperaturen im Winter bestimmt. Die Klimaerwärmung hat in Europa die Etablierung von Populationen in immer nördlicheren Gebieten ermöglicht - vor allem in Städten, wo es meist deutlich wärmer als im Umland ist. In anderen Städten wie etwa Triest wurde nach Fällen von Dengue-Fieber auch schon großflächig Gift gegen Stechmücken ausgebracht.

(APA/Red)

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