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Pflegelehre ab Herbst

Frastanz (VN) -  Die reine Pflegelehre ist vom Tisch. Pflichtschulabgänger an ein Krankenbett zu stellen haben Experten als nicht durchführbar bezeichnet. Nun gibt es eine Alternative in Form eines Kombimodells.
Konzept für Pflegelehre liegt längst beim Minister
Pilotprojekt für Lehre gefordert
"aqua mühle frastanz" stellt sein Programm für 2011 vor

Innerhalb von vier Jahren absolvieren die Jugendlichen die Lehre zum Betriebsdienstleistungskaufmann bzw. zur -kauffrau und anschließend die Pflegehelferausbildung. Ein von der aqua mühle in Frastanz initiierter Pilotversuch startet demnächst in der Region Feldkirch.

Es stehen 20 Lehrstellen zur Verfügung, die vor allem schulisch weniger leistungsfähigen Jugendlichen berufliche Chancen eröffnen sollen. Russ-Preis-Träger Günter Lampert, der gemeinsam mit „Lehrlingspapst“ Egon Blum schon lange das Vorhaben einer Pflegelehre verfolgt, ist überzeugt, genügend Interessenten für die Lehrstellen zu finden. Diese werden ausgeschrieben und in einem „fairen Auswahlverfahren“ vergeben.

Flexible Angebote

aqua mühle beschäftigt sich seit Bestehen mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die auf ihrem Bildungsweg gescheitert sind. Wobei Fachleute einen klaren Zusammenhang zwischen sozialer Benachteiligung und Bildungsabbruch ausgemacht haben. Umso wichtiger sei es, Wahlmöglichkeiten in der Ausbildung zu schaffen, die auf Eignung und Neigung bestmöglich Rücksicht nehmen, wurde beim gestrigen aqua forum betont.

Einig waren sich alle Referenten in der Einschätzung, dass der Bedarf an Fachkräften speziell in der Pflege nach flexiblen Bildungsangeboten verlangt. „Ausbildung und Zugang müssen auf verschiedenen Leistungsniveaus stattfinden“, meinte etwa Dr. Michael Himmer von der Fachhochschule. Auch Dr. Guntram Rederer, Leiter der Gesundheits- und Krankenpflegeschule in Feldkirch, plädierte für neue Bildungsmodule, innerhalb der alle eine Zugangsmöglichkeit zum Pflegeberuf finden.

„Unterschiedliche Basisabschlüsse und die Aussicht, mittlere und akademische Ebenen zu erreichen, steigern die Attraktivität der Pflegeberufe“, gab sich Rederer überzeugt. Ebenso müsse an jene gedacht werden, die erst später zum Pflegeberuf finden. Letztere würden auch eher in die Langzeitpflege gehen.

Vorarlberger Alleingang

Sowohl AMS als auch das Land unterstützen das Projekt einer dualen Pflegelehre. „Ob sie in ein Schema passt oder nicht, ist uns ziemlich wurscht“, ließ LH Dr. Herbert Sausgruber unverblümt wissen. Hintergrund dieser deftigen Bemerkung war, dass zum einen der Bund das Vorhaben ablehnt und sich zum anderen auch der Berufsverband der gehobenen Pflegedienste querlegte.

Rückendeckung für den Vorarlberger Alleingang kam von Prof. Dr. Bernd Marin. „Man kann Neuerungen zulassen, egal, was sich in den Spinnweben der Kompetenzstreitigkeiten zwischen Bund und Land abspielt“, formulierte es der bekannte Sozialwissenschafter plastisch. „Wenn Föderalismus einen Sinn hat“, legte Marin nach, „dann den, ein Laboratorium für Experimentelles zu sein

AK mit Vorbehalten

Ob diese Form der Lehre eine Zukunft hat, muss sich wohl erst weisen. Denn es gibt auch kritische Stimmen. So befürchtet etwa die Arbeiterkammer, dass „die Lehrlinge in den ersten Jahren für alle möglichen Arbeiten in allen möglichen Häusern herangezogen werden“. In der Schweiz gibt es die duale Pflegelehre schon länger. Derzeit werden dort knapp 6000 Jugendliche ausgebildet.

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