Pater Alex Blöchlinger feiert 90. Geburtstag

Alex Blöchlinger war nicht nur Rektor und Erzieher in der damaligen Stella Matutina in Feldkirch, sondern baute auch das Religionspädagogische Institut (RPI) auf, welches er bis zu seiner Pensionierung 1995 leitete und bis 2003 dort Mitarbeiter blieb. In vielen Gottesdiensten, besonders als „Friedenspater” in der Kapelle Maria Hilf, im Pfarrgemeinderat und bei vielen anderen Gelegenheiten wird seine theologische Kompetenz, seine Offenheit für Neues und sein Humor sehr geschätzt. Seit September 2004 wohnt Blöchlinger im Haus „Wohnen für Jung und Alt” in Frastanz.
Biografie:
P. Alex Blöchlinger SJ ist aus Arosa in der Schweiz gebürtig und hat den größten Teil seines Lebens als Jesuit in Vorarlberg verbracht. 1936 kam er als Schüler in die damalige Stella Matutina. In der NS-Zeit ab 1938 setzte er seine Schulbildung im Kapuzinergymnasium in Stams fort, wo er 1944 maturierte. Doch die „Stella” prägte sein Leben. 1945 trat er in den Jesuitenorden ein; zwischen 1950 und 1953 absolvierte er ein Praktikum als Erzieher an der inzwischen wiedereröffneten „Stella”. Nach einigen Jahren als Studentenseelsorger in Bern kehrte P. Blöchlinger wieder nach Feldkirch zurück, nämlich als Internatsleiter, Lehrer und Rektor des Gymnasiums (1966 – 73). 1979 erlebte er, wie die Stella Matutina geschlossen werden musste. Die in Feldkirch verbliebenen Jesuiten zogen in die neuerbaute Residenz im Reichenfeld. P. Blöchlinger unterrichtete an der Bundeshandelsakademie. Entschieden und mit großem Einsatz widme er sich dem Aufbau des Religionspädagogischen Instituts (RPI), als dessen Leiter er bis zu seiner Pensionierung 1995 tätig war. Nach der endgültigen Auflösung der Jesuitenniederlassung übersiedelte P. Blöchlinger nach Frastanz, wo er bereits seit 1993 regelmäßig als Aushilfspriester tätig war. Die Diözese Feldkirch verdankt dem letzten in Vorarlberg verbliebenen Jesuitenpater sehr viel und neben vielen zahlreichen gesunden Jahren möge er erleben, wie seine Aussaat Früchte tragt: Ad maiorem Dei gloriam… (Zur höheren Ehre Gottes).
Auszüge aus Alex Blöchlinger Erinnerungen als „Zeitzeuge des 13. März 1938″
Alex Blöchlinger wurde 1924 im Kurgebiet im Kanton Graubünden, als Sohn eines Arztes des Sanatoriums, geboren. Durch den damaligen Bauboom, der in Graubünden vorherrschte, kamen auch viele Deutsche ins Land, dies wurde von der Bevölkerung aber eher mit Argwohn wahrgenommen. Aufgrund der Tatsache, dass er katholisch war, jedoch einen evangelischen Großvater und eine deutsche Großmutter hatte, bekam er in seiner, zum Großteil evangelischen, Heimat auch sehr früh die Konflikte zwischen den Nationalitäten und Konfessionen mit.
1933 erlebte er die Machtübernahme Antritt Hitlers noch in seiner Heimat. Die Schweizer Bevölkerung sympathisierte zu dieser Zeit stärker mit der französischen Regierung und viele aus seinem Umfeld, allen voran sein Vater, nannten Hitler und sein Regime schlicht eine Bande von Verbrechern. In Folge der Ereignisse in Deutschland kam es auch in Graubünden immer öfters zu Auseinandersetzungen zwischen der Schweizer Bevölkerung und den deutschen Bevölkerungsteilen und Kurpatienten.
Ereignisse in der Stella Matutina
1934 erließ Hitler dann den Erlass, dass die deutsche Jugend in der Heimat erzogen werden solle und 240 Schüler aus Deutschland verließen daraufhin das Kolleg und zogen in die ehemalige Benediktiner-Abtei St. Blasien, die nunmehr als Kolleg St. Blasien den Unterricht aufnahm. Für die Stella Matutina bedeutete das nicht nur die Halbierung der Schülerzahl, sondern auch die Halbierung des gesamten Unterrichtsmaterials sowie des Lehrkörpers.
Um diese Abgänge zu kompensieren wurde eine so genannte Ausländerabteilung in Feldkirch etabliert, in der vor allem spanische und französische Schüler unterrichtet wurden, bis sie ausreichend integriert waren um in die normalen Klassen der Stella Matutina zu besuchen.
Alex Blöchlinger war 1938 mit 14 Jahren in der 2. Klasse der Stella Matutina. Was in den Tagen vor dem 12. März in Feldkirch passierte, bekamen die Schüler nur am Rande mit, aber im Internat wurde unter den älteren Semestern heftig debattiert und die Entwicklung rund um Kanzler Schuschnigg, der ehemaliger Schüler war, verfolgt.
In der Nacht vom 11. auf den 12. März stürmten schließlich der Mob der Feldkircher Nationalsozialisten das Haupttor der Stella Matutina und verschaffte sich über die Brücken der Ill Zugang zu den Gebäuden der Stella Matutina und zum Reichenfeld, wo die Heimwehr sich gesammelt hatte. Um ein Haar wäre es dann zwischen der Heimwehr und der SA zu Kampf-handlungen gekommen, als die Heimwehr allerdings erfuhr, dass Kanzler Schuschnigg zurückgetreten war, legten sie die Waffen nieder und durften abziehen.
Währenddessen wurden die Räumlichkeiten der Stella Matutina nach Waffen, Regierungsmitgliedern und Geheimdokumenten durchsucht. Gefunden wurden lediglich ein paar Gewehre, die das Jungvolk für Schießübungen verwendet hatte, und einige Holzgewehre aus dem Fundus der Theaterrequisiten.
Am Morgen des 12. März wurden Alex Blöchlinger und seine Mitschüler, die ihren Schlafsaal im 4. Stock des heutigen Konservatoriums hatten, informiert, dass die Schule von der SA besetzt worden sei und Österreich nun Teil des deutschen Reiches sei. Anschließend wurden sie schweigend zum Frühstück, beziehungsweise zu dem, was die Feldkircher Nationalsozialisten nach der Plünderung der Küche noch übrig gelassen hatten, geführt.
Im gesamten Stiegenhaus standen auf den Treppenstufen unzählige Männer mit Hakenkreuz-schleife und ließen die Knaben nicht aus den Augen. Währenddessen wurden von den Nationalsozialisten sämtliche Bilder von Dollfuß und Schuschnigg eingesammelt, im Innenhof zertreten, auf einen Haufen geworfen und angezündet. Die Schüler wurden für 3 Tage interniert und die Patres durften nur zum Unterricht ihre Räumlichkeiten verlassen.
Vom Hörensagen bekamen die Schüler mit, dass bereits ganz Feldkirch mit Hakenkreuzfahnen beflaggt sei und es praktisch keinen Widerstand gegen die Nazis gab. Den Schülern war es erlaubt, Briefe nach Hause zu schicken, allerdings wurden diese Briefe vor dem Versand nochmals durch die Zensur kontrolliert.
Am 16. März um 17.30 Uhr marschierten schließlich erstmals deutsche Truppen in Feldkirch ein und die Stella bekam die Order, Teile des Kollegs innerhalb eines halben Tages zu räumen um Platz für die Soldaten zu machen. Aufgrund der bereits stark geschrumpften Schülerzahl und unter großen Anstrengungen wurde dies auch erfüllt. Auf den Sportplätzen der Schule wurden fortan Truppenübungen gemacht und auch exerziert, das die Schüler bei ihrem Sportunterricht stark einschränkte und weiteren Unmut zur Folge hatte.
Eine Erleichterung brachte schließlich die Einquartierung von Einheiten der Schutzpolizei, die die Feldkircher SA in die Schranken wies und in der Stella dafür sorgte, dass wieder einigermaßen ein „normaler” Tagesablauf in möglich war. Zu diesem Zeitpunkt sprachen bereits einige Schweizer Erzieher davon, dass die Stella keine Zukunft habe und bald Krieg sein würde.
Da die älteren Schüler zum Teil Ausgang bekamen, gab Alex Blöchlinger seinem Bruder, der damals in die 6. Klasse ging, einen Brief an die Eltern mit, dass er es in Feldkirch nicht mehr aushalte und nach Hause wolle. So kam es, dass er noch vor Ostern von seinen Eltern nach Hause geholt wurde und wieder in der Schweiz Unterricht nahm. An die Eltern der Schüler, die in der Stella Matutina verblieben, wurden Briefe geschickt, sie sollen ihre Kinder in öffentliche Schulen schicken, da sie dort die „beste Ausbildung” erhalten würden.
Fasziniert hat ihn, wie die Leitung der Stella Matutina noch mit allen Mitteln und mit verschiedensten Tricks versucht hat, den Unterricht fortzuführen. Allerdings wurde der Schule noch vor Beginn des nächsten Schuljahrs das Öffentlichkeitsrecht entzogen. Die Häuser der Stella Matutina standen leer und wurden für 700.000 Mark an die Reichsfinanz zwangsverkauft. Während des Krieges dienten die Gebäude zum Teil als Lazarett und erst 1946, nach der Besetzung durch französische Truppen der Aliierten, die sie ebenfalls als Unterkünfte nutzten, wurden sie wieder für den Unterrichtsbetrieb verwendet. Der Kreis für Alex Blöchlinger schloss sich, als er 1950 in die Stella zurückkehrte und dort bis zu ihrer Schließung 1979 als Direktor und Erzieher tätig war.
Vorarlberg Online gratuliert Alex Blöchlinger herzlich zum 90. Geburtstag!
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