Auf Bundesebene hat ÖVP-Chef Christian Stocker von den Freiheitlichen bzw. Herbert Kickl verlangt, sich „vom rechten Rand in die Mitte“ zu bewegen. Doch Kickl dachte nicht daran, also ist keine Regierungszusammenarbeit zwischen den beiden zustande gekommen. Wobei: Ob Stocker das wirklich ernst gemeint hat?
Es ist zu bezweifeln. Dafür spricht, dass etwa der Anti-EU-Kurs von Kickl in Zeiten wie diesen nicht irgendetwas ist, worüber die ÖVP einfach so hinwegsehen kann. In ihrem Kern ist sie ja noch immer eine Europapartei und jetzt kommt es mehr denn je auf eine starke EU an. Insbesondere in sicherheitspolitischen Fragen.
Auf der anderen Seite steht die ÖVP selbst bei weitem nicht überall in der Mitte. Im Gegenteil, in Wien positioniert sie sich im Hinblick auf die Gemeinderatswahl klar rechts davon. Und zwar so weit, dass man feststellen kann, sie streife am Rand an.
Die Bundeshauptstadt wird von ihr als „Messermetropole“ bezeichnet, die gerade kippe. „No-Go für No-Go-Areas“ möchte sie laut einem „Standard“-Artikel plakatieren. Und: „Deutsch ist Pflicht, Habibi“. Es handle sich um einen ungewöhnlichen Wahlkampf für die Wiener Volkspartei, wird Landesgeschäftsführer Peter Sverak zitiert.
Das Gegenteil ist der Fall: Er Entspricht exakt dem Kurs ihres Vorsitzenden Karl Mahrer, der schon vor zwei Jahren mit Botschaften zum Brunnenmarkt etwa versucht hat, Aufmerksamkeit zu erregen. Dieser entwickle sich zum Sinnbild gescheiterter Integration, behauptete er und sprach von einer „Unsicherheitszone“.
Insofern ist die nunmehrige Wahlkampagne der ÖVP nicht ungewöhnlich: Sie setzt konsequent fort, was sie schon länger versucht. Nämlich Freiheitliche zu kopieren. Sie hat sich hier als bürgerliche, urbane, also auch weltoffene Partei aufgegeben. Sie arbeitet Integrationsprobleme, die es gibt, nicht nüchtern heraus, um Lösungen anzubieten, sondern betreibt Panikmache. Stichwort „Messermetropole“.
Damit schafft sie sich selbst ab: Das ist das Geschäft der FPÖ, hier sind Herbert Kickl auf Bundes- und Dominik Nepp auf kommunaler Ebene die Chefs und räumen daher ab bei Wahlen. Da bilden sie das Original, ist der Zuspruch zu einer Kopie, wie sie Karl Mahrer und seine Leute sein möchten, überschaubar.
Siehe Umfragewerte: Freiheitliche könnten ihren Stimmenanteil bei der Gemeinderatswahl Ende April auf über 20 Prozent verdreifachen, während die Schwarz-Türkisen befürchten müssen, dass sich ihr Stimmenanteil Richtung zehn Prozent halbieren wird. Ein Wunder? Nein. Man kann sich eher nur darüber wundern, dass Mahrer und Co. nicht sehen, was sie riskieren; und dass sie nicht spät, aber doch darauf reagieren und sich – frei nach Christian Stocker – „in die Mitte“ bewegen.
Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik
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