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Organspende schwieriges Thema für die Gesellschaft

"Wozu soll ich eine große Operation auf mich nehmen, wenn ich nicht einmal weiß, für wen oder wozu ich leben soll?" Diese Frage stellte sich eine junge Frau kurz vor einer Lungentransplantation.

Es kommt immer wieder vor, dass Empfänger kurz vor einer Organspende den Eingriff absagen; aus Angst, ein Pflegefall zu werden. Aber auch Angehörige von Spendern können Zweifel hegen, dass der Anverwandte “ausgeräumt” wird. Betroffene wünschen sich mehr Aufklärung zu diesem Thema.

“Eine Frau hat einmal zu mir gesagt, lieber sterbe ich qualvollen Tod, als nach einer Transplantation ein Pflegefall zu werden”, sagte Elisabeth Netter, Obfrau des Österreichischen Verbandes der Herz- und Lungentransplantierten, am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien. Es gebe zwar keine Statistiken, aber es komme immer wieder vor, dass Patienten vor der Operation zurücktreten würden.

“Wenn die Menschen nur wüssten, wie gut es ihnen nach dem Eingriff gehen würde”, meinte Helmut Stejdir, dem 2001 ein Herz transplantiert wurde. “Ich war vor der Operation bettlägerig und hätte mein zweites Enkelkind nie kennengelernt”, sagte der 66-Jährige. “Ich verdanke der Medizin 24 Jahre, die ich länger leben durfte”, berichtete ein weiterer Betroffener, der Präsident der Gesellschaft für Nierentransplantierter und Dialysepatienten Horst Achatz.

“Der Eingriff sei schon ein Risiko, aber ich bereue keine Sekunde”, so Stejdir. In einer Befragung gaben 98 Prozent der Transplantierten an, sie würden sich wieder operieren lassen, erzählte Netter. In den vergangenen fünf Jahren seien alle Transplantationen, die nicht die Niere betroffen haben, zu 85 bis 90 Prozent gut ausgegangen, betonte der Vorstand der Wiener Universitätsklinik für Chirurgie, Ferdinand Mühlbacher. “Zehn bis 15 Prozent überleben das erste Jahr nicht.”

Unsicherheit herrsche auch bei den Angehörigen des Spenders. Der Familie müsse erst einmal erklärt werden, dass ein geliebter Mensch sterbe, sagte Mühlbacher. Gleichzeitig müssen sie auch über die Organentnahme informiert werden. “Das bedeutet ein massiv einfühlsames, psychologisch unterstütztes Gespräch”, erklärte der Mediziner. In zehn Prozent der Fälle sind Angehörige zur Organspende nicht zu überzeugen.

Zur Erklärung: In Österreich wurde bei Organtransplantationen eine gesetzliche Widerspruchslösung geschaffen. Wer nicht zu Lebzeiten seinen Widerspruch zu einer Organentnahme dokumentiert hat, dessen Organe dürfen entnommen werden. Angehörige haben hier keine Entscheidungsgewalt.

Stejdir bittet um mehr Verständnis bei den Familien: “Man muss den Hinterbliebenen klar machen, wenn ich als Lebender die Chance habe – etwa bei einem Unfall – zu helfen, warum soll ich nicht als Toter Lebenden helfen, obwohl mir nicht mehr geholfen werden kann.”

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