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Opfer oder Täter? So denken Österreicher über die NS-Zeit

Österreichs Umgang mit der NS-Vergangenheit bleibt ambivalent.
Österreichs Umgang mit der NS-Vergangenheit bleibt ambivalent. ©APA/WERNER KERSCHBAUMMAYR
Eine aktuelle Umfrage beleuchtet das Verhältnis der Österreicher zur NS-Zeit. Trotz mehrheitlicher Ablehnung fordern viele einen Schlussstrich, auch der Opfermythos hält an.

Eine aktuelle Online-Umfrage des Instituts Unique Research für das Magazin Pragmaticus bringt neue Erkenntnisse über das Geschichtsverständnis der Österreicher zutage. Zwar bewerten heute deutlich mehr Menschen die NS-Zeit als durchweg negativ, dennoch hält sich der Mythos vom „ersten Opfer“ des Nationalsozialismus hartnäckig.

Deutlicher Wandel im historischen Bewusstsein

Die Befragung von 800 wahlberechtigten Personen, bei einer Schwankungsbreite von +/- 3,5 Prozentpunkten, zeigt: 33 Prozent der Teilnehmer sehen in der NS-Zeit ausschließlich negative Seiten – ein deutlicher Anstieg gegenüber einer Vergleichsstudie von 1987, in der nur 15 Prozent diese Ansicht vertraten. Weitere 35 Prozent sehen „größtenteils“ schlechte Seiten. Nur noch 15 Prozent sprechen sowohl von guten als auch schlechten Aspekten – 1987 lag dieser Anteil noch bei 47 Prozent.

Mehr als die Hälfte der Befragten äußert die Sorge, dass sich eine ähnliche Entwicklung wie in der NS-Zeit wiederholen könnte. Fast zwei Drittel erkennen eine besondere Verantwortung Österreichs im Kampf gegen Antisemitismus. Das Verbotsgesetz, das nationalsozialistische Wiederbetätigung unter Strafe stellt, wird von drei Vierteln der Teilnehmer befürwortet. Nur acht Prozent stimmen (eher) der Aussage zu, dass NS-Verbrechen in der Geschichtsschreibung übertrieben dargestellt würden.

Opfermythos und Relativierungen bleiben präsent

Trotz des gestiegenen Problembewusstseins bleibt laut Studienautor Peter Hajek ein zentrales Narrativ bestehen: „Österreichs Opfermythos hält sich hartnäckig.“ So sehen sich 28 Prozent weiterhin als erstes Opfer der Nationalsozialisten, obwohl 43 Prozent anerkennen, dass Österreich Täter war und viele Österreicher an den Verbrechen beteiligt waren.

Zudem befürworten 39 Prozent (eher), „einen Schlussstrich unter die Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus zu ziehen“. Besonders problematisch: 37 Prozent stimmen (eher) der Aussage zu, dass die Politik Israels gegenüber Palästinensern mit jener der Nazis gegenüber den Juden vergleichbar sei.

FPÖ-Wählerschaft zeigt auffällige Tendenzen

Die Umfrage legt auch Unterschiede zwischen politischen Lagern offen. Laut Hajek sprechen sich vier von zehn FPÖ-Wählern gegen das Verbotsgesetz aus. Rund die Hälfte dieser Gruppe sieht zudem keine besondere historische Verantwortung Österreichs im Umgang mit der NS-Zeit.

(Red)

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