Wien. Tobias Eberwein vom Institut für vergleichende Medien- und Kommunikationsforschung der ÖAW hat für seine im "Journal of Information, Communication and Ethics in Society" veröffentlichte Studie mit Personen im Alter von 36 bis 70 Jahren, die regelmäßig destruktive Kommentare auf Nachrichten-Websites veröffentlichen, qualitative Interviews geführt. Angesichts der kleinen Stichprobengröße erlaube die Analyse keine repräsentative Sicht auf das Phänomen der Trolle, betont der Wissenschafter in der Arbeit. Es würden sich jedoch deutliche Parallelen zu soziodemographischen Mustern in den Stichproben früherer quantitativer Befragungen zeigen, weshalb Eberwein "vorsichtige Verallgemeinerungen" vornimmt.
Der typische Troll
"Den typischen Troll gibt es nicht", sagte Eberwein zu den interviewten Personen, von denen bekannt war, dass sie häufig störende Kommentare posten. Eher die Ausnahme waren solche, die destruktive Kommentare posten, weil sie andere belästigen und einen geordneten inhaltlichen Diskurs unterbinden wollten. Vielmehr ortet der Wissenschafter bei allen eine skeptische Grundhaltung dem Journalismus gegenüber. Sie seien unzufrieden mit der Medienlandschaft und hätten das Gefühl, mit ihren Anliegen nicht gehört zu werden. "Eine Mehrzahl der Gesprächspartner präsentierte sich stattdessen als eine Art 'Glaubenskrieger', die von einem Sendungsbewusstsein angetrieben sind, für das sie öffentlich einstehen und das sie - notfalls mit harten Bandagen - verteidigen", so Eberwein in einer Aussendung.
Die "ganze Wahrheit aufdecken"
Der Kommunikationsforscher räumt ein, dass man in der Studie nur einen Teil der unterschiedlichen Motive hinter störenden Kommentaren abbilden konnte. Denn "viele von den 'Störern', die wir versucht haben zu kontaktieren, wollten nicht mit uns sprechen". Als eine Motivgruppe identifizierte Eberwein User, die störende Kommentare hinterlassen, weil sie die "ganze Wahrheit" aufdecken wollen. Andere wollten mit ihren Beiträgen die Vielfalt der publizierten Meinungen vergrößern oder sich mit angriffigen Wortmeldungen Gehör verschaffen. Es gebe auch eine Gruppe von Trollen, die ihre Online-Aktivitäten als Akt der Aggressionsbewältigung beschreiben, andere würden sich mit den Kommentaren in erster Linie auf Kosten anderer amüsieren wollen.
(APA)
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