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Pressestimmen zur NR-Wahl 2013

Die Chefredakteure sehen unisono eine Schlappe und "letzte Chance" für die große Koalition.
Die Chefredakteure sehen unisono eine Schlappe und "letzte Chance" für die große Koalition. ©APA/VOL.AT
Die heimischen Zeitungskommentatoren sehen im Ausgang der Nationalratswahl eine Schlappe für die Regierung - und rechnen alles andere als euphorisch mit einer Neuauflage der rot-schwarzen Koalition. Diese sei dann aber "die letzte Chance", wird gewarnt.

Johannes Huber, “Vorarlberger Nachrichten”:

Huber rechnet in den “Vorarlberger Nachrichten” mit einer rot-schwarzen “Reformpartnerschaft” auf Bundesebene. “Wobei zu befürchten ist, dass sie wieder nicht viel zusammenbringen werden – und die beiden ehemaligen Großparteien daher bei der nächsten Nationalratswahl die absolute Mandatsmehrheit verlieren und noch dazu hinter die Freiheitlichen zurückfallen werden. Das gestrige Wahlergebnis ist vor allem eines: eine Absage an Rot-Schwarz. Der Triumph von Heinz-Christian Strache ist ausschließlich vor diesem Hintergrund zu sehen.” Die NEOS wiederum hätten viele Ex-ÖVPler angesprochen, die sich von einer Partei abwendeten, “die sich als Beamtengewerkschafts- und Reichenlobby versteht. Wobei das Wahlergebnis zeigt, dass sie mit ihrem Unmut nicht alleine sind: Weltoffene, selbstständige und leistungswillige Bürgerliche wählen pink. Und nicht schwarz.”

Christoph Dichand, “Krone”:

“SPÖ und ÖVP ist es nicht gelungen, Begeisterung oder Aufbruchsstimmung für die Zukunft des Landes zu erzeugen”, schreibt Christoph Dichand in der “Kronen Zeitung”. “Die SPÖ hat zwar einen soliden Wahlkampf geführt, aber mit roten Plakaten und roten Themen nur die eigenen Leute angesprochen, ohne andere zu animieren, mit ihnen ein Stück des Weges zu gehen, und die ÖVP bediente letztlich eine kleine Schicht Wirtschaftstreibender. Das ließ das Lager der Protestwähler anschwellen, die Frank Stronach zunächst ganz gut ansprach, dann aber mit jeder TV-Konfrontation mehr und mehr an die wesentlich glaubwürdigere Protestpartei, H.-C. Straches FPÖ, abgab.

Die Grünen hätten “wieder eine Chance verpasst”. “Wahrscheinlich ist es in dieser Situation ohnehin das Beste, dass sich wieder eine Koalition zur Bildung des kleinsten gemeinsamen Nenners finden muss.”, doch die “Politik täte gut daran, zu zeigen, dass man wichtige Themen wie Bildung, Wettbewerbsfähigkeit und Verwaltungsreform gemeinsam bewältigen kann (…). Sonst wird es wohl, spätestens bei den nächsten Wahlen, keine ‘große Koalition’ mehr geben.”

Helmut Brandstätter, “Kurier”:
“Die einst Große Koalition hat gerade noch überlebt”, konstatiert Helmut Brandstätter im “Kurier”. “Jetzt aber flott Reformen und personelle Erneuerung. Jubeln können bei diesem Ergebnis nur die Neos.” (…) Durchaus zufrieden sein kann die FPÖ, die deutlich dazugewonnen, aber den erhofften zweiten Platz nicht erreicht hat (…).” Die Regierung brauche nun neue Leute und Reformen, “Ob das SPÖ und ÖVP schaffen? Die Vorzeichen stehen nicht gut.” Enttäuschung sei für Frank Stronach und die Grünen angesagt. Und so gelte: “Zwei Wahlverlierer müssen sich jetzt aus den Umklammerungen ihrer internen Lobbys und ‘starken Männer’ befreien. Und vielleicht haben die beiden Parteien endlich begriffen, dass sie aufhören sollen, Millionen an die Gratiszeitungen zu verteilen. Auch am Boulevard kann man mit Steuergeld keine Stimmen kaufen.”

Rainer Nowak, “Presse”:
“Diese Protestwahl muss Folgen haben”, fordert Rainer Nowak in der “Presse”. Die “Protestpartei FPÖ” sei größter Gewinner. Die “SPÖ bietet kaum Ideen, sondern verwaltet nur das Alte”. Die ÖVP werde eingezwängt zwischen FPÖ und NEOS. Bei den pinken Newcomern rechnet der Kommentator indes bald mit einem Richtungsstreit zwischen Links- und Rechtsliberal. “Wird der Konflikt gelöst, haben die NEOS bei der nächsten Wien-Wahl gute Chancen auf ein zweistelliges Ergebnis.” Die Grünen indes hätten in Wien “diesmal ihren Erfolg verspielt”.

Doch die “eigentlichen Problemparteien” seien ÖVP und SPÖ. Erstere sei weit entfernt von “der Lebenswelt junger, ganz normaler Städter”, zweitere habe jede Menge Wahlversprechen gemacht – “teurer kann ein Pseudosieg, der nur der kleinere Verlust ist, nicht erkauft werden”. Nowaks Fazit: “Ein dritter Partner hätte dieser Koalition vermutlich keinen Turbo gebracht, aber vielleicht hätte sie die Signale und Drohung des Wählers besser verstanden”.

Alexandra Föderl-Schmid, “Standard”:

Eine “Denkzettel-Wahl” hat Alexandra Föderl-Schmid im “Standard” am Sonntag erlebt. “Das rechte Lager in Österreich wächst. Rechnet man die Stimmen von FPÖ, Team Stronach und dem BZÖ zusammen, hat ein knappes Drittel der Österreicherinnen und Österreicher für eine rechtspopulistische Partei gestimmt”, analysierte sie. “Das ist in Europa einzigartig.” Das Abschneiden der Neos “zeigt, dass eine liberale Partei doch Potenzial hat. Ob das Pflänzchen Neos wächst und Wurzeln fasst, werden erst die Europawahlen im nächsten Frühjahr zeigen”.

Der “Absturz” der Volkspartei sei vor allem auf den Wahlkampf von Michael Spindelegger zurückzuführen, “die ÖVP hatte keine klare Linie”. Und “die SPÖ hatte Glück, dass im linken Lager nicht so viel politische Konkurrenz herrschte” und habe “einen stringenten, wenn auch glanzlosen Wahlkampf geführt”. “SPÖ und ÖVP sind, weil es sich von den Mandaten her für eine Regierungsbildung ausgeht, mit einem blauen Auge davongekommen”, so Föderl-Schmid. Die Koalition müsse nun “mit ihrer Arbeit dem Populismus den Nährboden zu entziehen”. (red/APA)

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