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Österreich will Grenzen zu Ungarn und Slowenien weiterhin kontrollieren

Binnengrenzkontrollen zu Slowenien und Ungarn werden weiterhin durchgeführt.
Binnengrenzkontrollen zu Slowenien und Ungarn werden weiterhin durchgeführt. ©APA/HERBERT NEUBAUER
Laut Innenministerium ist die Lage an den österreichischen Grenzen noch nicht ausreichend stabil, da im Bundesgebiet nach wie vor zahlreiche illegal eingereiste Personen aufgegriffen werden. Deshalb sollen die Grenzkontrollen zu Ungarn und Slowenien bis Mai 2019 fortgeführt werden.

Die Regierung macht die Verlängerung der Grenzkontrollen zu Ungarn und Slowenien nun offiziell. In einem Schreiben an Kommission, Rat und Parlament kündigt Innenminister Herbert Kickl an, die bis 11. November befristeten Kontrollen um ein weiteres halbes Jahr zu verlängern – also bis Mai 2019. Während der EU-Ratspräsidentschaft behält man sich auch Kontrollen an anderen Grenzen vor.

Österreich kündigt Verlängerung der Grenzkontrollen bis Mai 2019 an

“Aufgrund nach wie vor zu hoher Zahlen von Aufgriffen illegal eingereister bzw. aufhältiger Personen und von Asylansuchen im Bundesgebiet, kommt die österreichische Bundesregierung zu dem Schluss, dass die Lage nicht ausreichend stabil ist. Aus diesem Grunde hat Österreich entschieden, Binnengrenzkontrollen zu Slowenien und Ungarn nach dem 11. November 2018 durchzuführen”, heißt es in dem der APA vorliegenden Schreiben, das am Donnerstag nach Brüssel und an die Schengen-Partner übermittelt wird.

Konkrete Zahlen über Aufgriffe oder Asylanträge, die das belegen würden, nennt das Schreiben nicht. Tatsächlich ist die Zahl der Asylanträge in Österreich zuletzt stark zurückgegangen: Von Jänner bis August gab es 9.337 Anträge – nur halb so viele wie in den ersten acht Monaten 2017. Eingeführt wurden die Grenzkontrollen 2015. Damals registrierte Österreich von Jänner bis August noch 46.144 Asylanträge – also fünf Mal so viele wie heuer.

Situation wie 2015 soll verhindert werden

Allerdings argumentiert Kickl in dem Schreiben, mit den Grenzkontrollen einer Situation wie 2015 vorbeugen zu wollen. Denn allein in Bosnien-Herzegowina habe man in den letzten neun Monaten über 10.000 irreguläre Migranten registriert. Und der steigende Zustrom von Migranten aus der Türkei nach Griechenland lasse zunehmenden Druck über die “östliche Mittelmeerroute” erwarten. Außerdem gebe es nach wie vor eine “latente Bedrohung durch Terrorismus” in der gesamten EU.

EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos hatte im September an die Mitgliedsstaaten appelliert, die Grenzkontrollen möglichst bald wieder abzuschaffen und zur normalen Funktionsweise des Schengen-Systems zurückzukehren. Allerdings hat auch Frankreich vorige Woche die Verlängerung seiner Grenzkontrollen bis April angekündigt. In Österreich wird sich der Nationalrat kommende Woche mit der Verlängerung der Kontrollen befassen: Die NEOS werfen der Regierung Populismus vor und haben eine Sondersitzung einberufen.

EU-Kommission erhielt Antrag aus Österreich

Die EU-Kommission hat Donnerstagmittag den Antrag Österreichs auf Verlängerung der am 11. November auslaufenden Grenzkontrollen erhalten. Eine Sprecherin erklärte zuvor gegenüber der APA, dass die Kommission bestrebt sei, generell Grenzkontrollen innerhalb des Schengen-Systems auslaufen zu lassen. Sonst handle es sich um einen Rückschritt für Europa.

Ein “Grünes Licht” der Kommission gibt es keines. Die Brüsseler Behörde überwache die Situation ständig und könne jederzeit entscheiden, eine negative Stellungnahme abzugeben. Das bedeutet, dass ein Stillschweigen der Kommission für Österreich keine Probleme bei der Verlängerung der Grenzkontrollen bedeutet.

NR-Sondersitzung zu Grenzkontrollen

Die NEOS kritisieren die “heimliche Verlängerung der Grenzkontrollen”. Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger, die erstmals in neuer Rolle im Parlament auftritt, wirft der Regierung vor, Fakten zu ignorieren und Ängste zu schüren. Das Prinzip des freien Europas werde unterwandert, eine Bedrohung suggeriert. Die NEOS halten die Verlängerung der Grenzkontrollen für “reinen Populismus” und “absolut unverhältnismäßig”.

Das EU-Recht lasse Grenzkontrollen nur in Notsituationen zu, davon sei Österreich weit entfernt. Konsequenzen der seit 2015 andauernden Maßnahmen aus Sicht der NEOS: 565 Staus im Sommerreiseverkehr, Belastung der Umwelt und der Steuerzahler (126,5 Mio. Euro für den Grenzeinsatz) sowie eine Behinderung von Unternehmern bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen.

Die von den NEOS beantragte Sondersitzung des Nationalrats zur Verlängerung der Grenzkontrollen zu den EU-Partnerländern findet am Freitag kommender Woche (19. Oktober) statt. Die Sitzung wird in der Früh eröffnet, zu erwarten ist eine Dringliche Anfrage an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), zu Mittag beginnt dann die eigentliche Debatte.

Slowenien bekräftigt Widerstand

Slowenien bekräftigt unterdessen seinen Widerstand gegen österreichische Grenzkontrollen. “Diese Maßnahme ist ungerechtfertigt und unverhältnismäßig”, hieß es aus dem slowenischen Innenministerium auf APA-Anfrage am Donnerstag. In einer Reaktion auf die offizielle Ankündigung der Bundesregierung, die Kontrollen um ein weiteres halbes Jahr zu verlängern, bekräftigte Ljubljana die bereits bekannte Position. Dass die Grenzkontrollen auf der Schengen-Innengrenze ungerechtfertigt seien, bestätigen laut dem slowenischen Innenministerium auch die Statistiken. “Diese zeigen, dass keine Gefahr von sekundärer Migration und erst recht keine Gefährdung der internen Sicherheit Österreichs besteht”, hieß es in einer Mitteilung.

Laut slowenischen Statistiken zu illegalen Grenzübertritten haben österreichische Sicherheitskräfte in den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres insgesamt 15 Personen nach Slowenien zurückgeschickt, im Gesamtjahr 2017 waren es 24 Personen gewesen. Eine Anfrage aus dem Innenministerium in Wien blieb vorerst unbeantwortet.

Seitdem Österreich Ende 2015 die Grenzkontrollen eingeführt hat, stemmt sich Slowenien dagegen. Der neue slowenische Premier Marjan Sarec kritisierte die Aufrechterhaltung von Grenzkontrollen an der Grenze zu Slowenien auch bei seinem Brüssel-Aufenthalt am Mittwoch. “Wir sehen das als Zeichen des Misstrauens und Akt, der nicht im Einklang mit europäischen Maßstäben ist”, sagte Sarec und betonte, dass Slowenien seine Schengen-Außengrenze immer gut geschützt habe, auch am Höhepunkt der Migrationskrise.

(APA/Red)

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