AA

Österreich: Eine Million Menschen haben "systemrelevante" Berufe

Eine Million Menschen arbeiten in Österreich in "systemrelevanten" Berufen - der Anteil der Frauen und Migranten ist hier besonders hoch.
Eine Million Menschen arbeiten in Österreich in "systemrelevanten" Berufen - der Anteil der Frauen und Migranten ist hier besonders hoch. ©APA (Sujet)
In Österreich haben rund eine Million Menschen "systemrelevante" Berufe, ergibt eine Studie im Auftrag der Arbeiterkammer (AK). Außerdem zeigt die Untersuchung, dass Berufe, in denen Frauen und Migranten überrepräsentiert sind, besonders schlecht bezahlt werden und Sicherheits- und Pflegekräfte über eine hohe Arbeitsauslastung klagen. Die AK fordert eine bessere Entlohnung, Arbeitszeitreduktion und einen leichteren Zugang zu Sozialleistungen.

"Systemrelevant" seien jene Tätigkeiten, auf die in der Corona-Krise nicht verzichtet werden kann, erklärte Studienautor Daniel Schönherr vom Meinungsforschungsinstitut SORA bei der Präsentation am Freitag. Dazu zählen etwa Reinigungskräfte, Lebensmittelverkäuferinnen, Lehrer, Polizistinnen oder Ärzte. Das Gemeinsame dieser Arbeit sei, dass die Tätigkeiten nicht oder schwer von zu Hause ausgeführt werden könnten. Die Beschäftigten sind viel mit Menschen in Kontakt und haben dadurch ein größeres Ansteckungsrisiko. 65 Prozent der systemrelevanten Arbeitskräfte sind Frauen.

Hoher Frauenanteil = schlechte Bezahlung

Besonders hoch ist der Frauenanteil unter den Kindergartenpädagogen (88 Prozent), Kassierern und Regalbetreuern (86 Prozent), Reinigungs- (83 Prozent) und Pflegekräften (82 Prozent). Diese sind gleichzeitig die am niedrigsten bezahlten Tätigkeiten. Die Präsidentin der Arbeiterkammer, Renate Anderl, fordert daher einen Mindestlohn von 1.700 Euro brutto in den Kollektivverträgen sowie eine Anhebung des Mehrarbeitszuschlags von 25 auf 50 Prozent.

Über 1.700 Euro ist das durchschnittliche Nettoeinkommen in den stark männlich dominierten Berufsfeldern wie Berufsfahrern und Sicherheitskräften. Arbeitnehmer in diesen Branchen sind der Studie zufolge besonders hohen psychischen und körperlichen Belastungen ausgesetzt. Die hohe Belastung trübt die Zukunftsaussichten der Betroffenen. Über 60 Prozent der über-45-jährigen Beschäftigten in der Pflege, in der medizinischen Betreuung und der Reinigung glauben nicht, dass sie bis zum Pensionsantrittsalter durcharbeiten können. In der Altenpflege und der Behindertenbetreuung glauben über sieben von zehn Personen nicht, dass sie bis zur Pension durchhalten. Um die Belastungen zu reduzieren, fordert die Arbeiterkammer kürzere und planbare Arbeitszeiten. Ziel sei eine 35-Stunden-Woche sowie die leichtere Erreichbarkeit der sechsten Urlaubswoche.

Viele Beschäftigten mit Migrationshintergrund in systemrelevanten Berufen

Der Anteil an Beschäftigten mit Migrationshintergrund in den systemrelevanten Berufen ist unter den Reinigungskräften (56 Prozent) und im Handel (22 Prozent) besonders hoch. 13 Prozent der Arbeitskräfte in der Altenpflege- und Behindertenbetreuung haben eine ausländische Staatsbürgerschaft. In diesem Zusammenhang forderte AK-Präsidentin Anderl erneut die Rücknahme der von der ÖVP-FPÖ-Regierung beschlossenen Indexierung der Familienbeihilfe. Durch diese Maßnahme wurde zum Beispiel die Familienbeihilfe für 24-Stunden-Betreuerinnen, deren Kinder im osteuropäischen Ausland leben, an das dortige Lebenshaltungskostenniveau angepasst und damit gekürzt.

"Die Krise hat soziale Ungleichheiten noch einmal stark hervorgehoben. Einig sind sich alle, dass so genannte Systemerhalter unverzichtbar sind", sagte Anderl am Freitag. Es reiche nicht aus, für die Betroffenen zu klatschen. Diese benötigten "eine dauerhafte Anerkennung, die ihnen wirklich zusteht."

(APA/Red.)

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Österreich
  • Österreich: Eine Million Menschen haben "systemrelevante" Berufe