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Nur noch Stunden oder Tage – In Brienz steht neuer Felssturz bevor

Blick auf Brienz, am Dienstag, 12. November 2024 - Die Gerölllawine aus dem Juni 2023 bliebt kurz vor dem Dorf stehen.
Blick auf Brienz, am Dienstag, 12. November 2024 - Die Gerölllawine aus dem Juni 2023 bliebt kurz vor dem Dorf stehen. ©APA/KEYSTONE/GIAN EHRENZELLER
Fast genau ein Jahr, nachdem das Schweizer Bergdorf Brienz bereits zum zweiten Mal innerhalb von eineinhalb Jahren wegen drohender Felsstürze geräumt werden musste, bedroht ein neuerlicher Felsabbruch das Dorf im Kanton Graubünden - Und die Lage spitzt sich zu.

Die Erde bleibt nicht stehen in Brienz – wortwörtlich. Nach mehreren kleineren Felsstürzen am Montag ist die Lage oberhalb des Bergdorfs im Kanton Graubünden erneut kritisch. Es hat sich eine neue Rinne gebildet, aus der verstärkt Gestein abbricht. Ein großer Felssturz steht unmittelbar bevor, sagen die Experten.

"Ob das in der kommenden Nacht, morgen oder übermorgen passiert, wissen wir nicht. Aber es sind nun eher Stunden oder Tage als Tage oder Wochen", erklärte Christian Gartmann, Sprecher der Gemeinde Albula, im Schweizer Fernsehen. 20min.ch zitiert ihn konkreter: "Wir rechnen mit einem Abgang in den nächsten 24 bis 36 Stunden."

"Der Berg ist mittlerweile von einer dünnen Schneeschicht überzogen und vollständig in Weiß eingehüllt", berichtet SRF-Reporter Beat Kälin am Dienstagmorgen im Schweizer Fernsehen aus Brienz. Aktuell sei kein Sichtkontakt zum Berg möglich, in der Nacht habe man aber weitere Abbrüche gehört.

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Eine Million Kubikmeter in Bewegung?

Bereits im Mai 2023 war das Dorf erstmals wegen der drohenden Gefahr einer Gerölllawine geräumt worden. Wenige Wochen später verfehlte eine solche Gerölllawine 1,2 Millionen Kubikmeter Fels das Dorf nur knapp. Im Juli 2023 konnten die Bewohner in das Dorf zurückkehren, nur um im November 2024 erneut evakuiert zu werden.

Der gefährdete Felsbereich umfasst laut aktuellen Berechnungen bis zu 300.000 Kubikmeter – das entspricht dem Volumen von rund 300 Einfamilienhäusern.

Besorgniserregend ist nicht nur die Menge des potenziellen Abbruchs, sondern vor allem seine mögliche Wirkungskette. Sollte das Gestein auf die darunterliegende Schutthalde stürzen, könnte es diese in Bewegung setzen. Im schlimmsten Fall könnten sich dann bis zu eine Million Kubikmeter Geröll – also mehr als das Dreifache des ursprünglichen Volumens – in Richtung des Dorfes Brienz schieben. Entweder in Form eines Schuttstroms oder – im schlimmsten Fall – als eine gewaltige Steinlawine.

Risiko bleibt unberechenbar

Die zuständigen Geologen gehen davon aus, dass ein großer Felssturz nicht plötzlich und ohne Vorwarnung eintritt. Vielmehr sei mit einer Häufung kleinerer Vorabgänge zu rechnen – wie sie nun bereits zu beobachten sind. Für das Dorf selbst bestand am Montag laut Christian Gartmann keine unmittelbare Gefahr. Doch die Spannung wächst.

Die Behörden bleiben wachsam, die Messsysteme laufen rund um die Uhr. Der Hang ist mit modernster Technik überwacht – Laserscanner, Radarsysteme, Bewegungsmelder. Das Plateau über Brienz bewegt sich laut Messungen derzeit mit bis zu zehn Zentimetern pro Tag – so schnell wie noch nie.

(VOL.AT)

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