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Neues Aids-Medikament in Österreich erhältlich

Zumindest in den westlichen Industriestaaten mit einem funktionierenden Sozial- und Gesundheitswesen hat sich die Sterblichkeit infolge von Aids in den vergangenen Jahren durch moderne Kombinationstherapien drastisch gesunken.

Doch zehn bis 20 Prozent der Patienten weisen schon am Beginn der medikamentösen Behandlung Resistenzen auf. Deshalb sind weiterhin neue Behandlungsstrategien erforderlich.

Mit „Maraviroc“ steht ab Dezember auch in Österreich ein solches neues Wirkprinzip zur Verfügung. Das Arzneimittel blockiert Co-Rezeptoren an der Oberfläche der T-Lymphozyten, über die sich das HI-Virus in diese Zellen hineinhievt.

„Es handelt sich um das erste Medikament, das sozusagen auf der Seite des Patienten ansetzt. Die bisherigen Aids-Medikamenten hemmen das Virus selbst“, sagte der Vizepräsident der Abteilung für die Suche nach neuen chemischen Verbindungen beim Pharmakonzern Pfizer, Tony Wood, gegenüber der APA.

Der Hintergrund: Die im Rahmen der hoch aktiven Aids-Therapie (HAART) bisher eingesetzten Medikamente wirken im Grunde genommen an drei Stellen des Virus. Sie blockieren Protease oder Polymerase-Enzyme der Aids-Erreger oder verhindern durch Hemmung des Glykoproteins 41 an der Oberfläche der Viren das Verschmelzen von Virus und seinen Zielzellen.

Bei dem US-Pharmakonzern allerdings zäumte man das sprichwörtliche Pferd von der anderen Seite auf. Wood: „Es gab die Beobachtung, dass Personen ohne CCR5- oder CXCR-4-Co-Rezeptoren an der Oberfläche ihrer T-Zellen ganz oder zumindest teilweise vor HIV geschützt waren. Bei Pfizer entstand deshalb Mitte der 90er Jahre die Überlegung, ob man nicht durch ein Medikament dieses Fehlen von Co-Rezeptoren in Form ihrer Blockade künstlich nachahmen könnte.

HIV benötigt für das Eindringen in Zellen des Immunsystems auf jeden Fall die CD4-Rezeptoren an deren Oberfläche und benutzt daneben auch einen der beiden Co-Rezeptoren: CCR5 oder CXR4.

Wood: „Wir haben eine Million verschiedener Substanzen durchgescreent. Schließlich kamen wir zu Leitsubstanzen, die weiterentwickelt wurden.“ Daraus wurde schließlich der Wirkstoff von Maraviroc („Celsentri“). Die Substanz blockiert CCR5. Das Medikament wirkt daher ausschließlich, wenn der Patient HI-Viren in sich trägt, die diesen Co-Rezeptor benutzen. Praktisch alle HI-Viren, die sexuell übertragen werden, gehören zu dieser Gruppe. Etwa 80 Prozent der HIV-Infizierten weisen am Beginn der Infektion vor Beginn einer Behandlung diesen Virustyp auf.

Die Studienergebnisse waren ausgesprochen positiv: Nach der Einnahme von zweimal 300 Milligramm des Medikaments pro Tag über 24 Wochen hinweg (zusätzlich zu weiteren Aids-Medikamenten) hatten mit 61 Prozent mehr als doppelt so viele Patienten weniger als 400 HI-Viren pro Milliliter Blut als in der Placebo-Gruppe (22,5 Prozent). Gar unter 50 Virus-Kopien kamen 45 Prozent der wirklich Behandelten (Placebo: 23 Prozent). Allerdings, vor Aufnahme der Therapie mit dem neuen Medikament muss durch einen Labortest auch sichergestellt sein, dass der Patient auch HI-Viren in sich trägt, die eben den CCR5-Co-Rezeptor auf den T-Zellen ansteuern. Wood: „Bei den Nebenwirkungen lag ’Maraviroc’ auf dem Niveau von Placebo.“

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