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Naturschutz am Rohrspitz - The Day After

The day after
The day after ©Elke Wörndle
The Day After

Vergangene Woche inszenierte man sich am Rohrspitz im Rahmen einer großen Werbecampagne mit Pressekonferenz, öffentlicher “Informationsveranstaltung” und 2-tägigem Hafenfest mit Schiffstaufen und Verleihung des Blauen Ankers. Worum es dabei ging, wurde spätestens bei der Begrüßungsrede zum Hafenfest klar, in der der Fußacher Bürgermeister und FPÖ-LAbg. Ernst Blum “die gelungene Kombination von wirksamem Naturschutz und Nutzung durch Menschen” lobte: Die Bauwerber buhlen um das Wohlwollen des Volkes für den geplanten Ausbau der Anlagen am Rohrspitz.

==Ein Schelm, wer Böses dabei denkt==

“Sämtliche Behördenverfahren inklusive der strategischen Umweltverträglichkeitsprüfung sind soweit genehmigt”, sind sich Günther Salzmann und sein Baumeister Michael Hassler sicher. Seltsam. Denn die aufgrund diverser Fehler schon dreimal durch die Gemeindevertretung geschleuste Umwidmung wurde auf Landesebene noch gar nicht bewilligt, und auch das Wasserrechtsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Dr. Edmund Kräutler, der zuständige Verfahrensleiter der BH Bregenz, “wundert sich” über solche Behauptungen, ebenso wie die “echten” Naturschützer über den Befund des von Herrn Salzmann beauftragten Limnologen Sießegger: Er spricht von der sog. “Ufersanierung” als “historischer Chance” für den Naturschutz. Dabei ist es sicherlich Zufall, daß ein kurz zuvor erschienener Medienbericht von A.J. Kopf zum angeblichen Verschwinden des Rohrspitz seinem Plädoyer Vorschub leistet. Aber was hat denn das Verschwinden des Rohrspitzes eigentlich mit den geplanten Baumaßnahmen zu tun? Die Milchmädchenrechnung ist relativ einfach: Wenn man das Hauptgebäude wie geplant vergrößert, verliert man natürlich Flächen für Parken und Camping. Also erschließt man eine neue Dimension und baut in die Tiefe. Und weil der Abtransport des dabei anfallenden Aushubmaterials von den Kritikern zum Politikum gemacht worden war, bietet man – friedliebend – eine Lösung, bzw. ein Problem: den schwindenden Rohrspitz – und das nötige Erdreich.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt…

==Historisches==

Ab Anfang der 1950er Jahre häuften sich am Bodensee die Ansuchen um Ausnahmebewilligungen für die 1942 erlassene Seeuferschutzverordnung, und 1957 beschloss die Vorarlberger Landesregierung schließlich, im Rheindelta keine Ausnahmebewilligungen mehr zu erteilen. Die Familie Salzmann aber baute munter weiter.
Heute besteht das Gelände aus einem Hafen mit 182 Bootsliegeplätzen, an dessen Ende das Partyboot Elisa einen eigenen Umkehrplatz hat, Parkanlagen mit 397 genehmigten Parkplätzen, einem Campingareal mit mehr als 100 Plätzen, einem Restaurant mit 340 Sitzplätzen und 10 Betriebswohnungen.
Damit hat das Geschlecht der Salzmanns Historisches geleistet. Man stelle sich nur einmal vor, wie der Rohrspitz bzw. das Naturschutzgebiet Rheindelta heute aussähe, wenn alle Hüttenbesitzer so tüchtig gewesen wären…
Die jetzt geplanten Maßnahmen treten aber lt. Bauwerber aus dieser Tradition heraus: Es soll nicht erweitert, sondern nur verbessert werden. Vor allem soll verbessert werden, und offenbar ist es dann letztlich wohl doch besser zu erweitern: Der geplante Neubau ist jedenfalls 4 Meter höher und hat das dreifache Volumen, der Hafen wird um die Bootsliegeplätze in der Tiefgarage erweitert, 12 Zimmer bilden ein ganzjährig betriebenes Kleinhotel, und wenn auf dem Campingplatz tatsächlich keine Parkplatzrechte mehr geltend gemacht werden sollen, wächst die Zahl der Parkplätze immer noch um 77.

==Immer mit einem Witz aufhören==

Besonders stolz zeigte man sich am Wochenende über die Verleihung des sog. “Blauen Ankers”. Dieser Preis wird von der Internationen Wassersportgemeinschaft Bodensee verliehen und sieht unter anderem eine “Stärkung des Umweltbewusstseins der Anlagebenützer” vor. Inwiefern der Betreiber dieser Auflage nachkam, sei dem Urteil des werten Lesers überlassen:
Obwohl laut BH Bescheid vom 7.7.2010 ” Musikbeschallung im Festzelt sowie im Außenbereich […] ausschließlich
bis längstens 01. August 2010, 01.00 Uhr gestattet” war, spielte die Musik am 30. Juli von 18-24h und am 1. August 11-22h mit PA-Verstärkung auf.
Man gab sich sportlich, indem man einen Fallschirmspringer landen ließ, und speiste die Kinder mit dem Standardprogramm an Hüpfburg und Gesichtsfarben ab.
Zur Verköstigung wurden Einwegteller aus Pappe und Plastikbecher mit Plastikröhrchen gereicht, Ketchup und Mayo gab es einzeln abgepackt. Vieles davon landete im Wasser, am Ufer und in den Wiesen. Was davon eingesammelt werden konnte, füllte am darauffolgenden Montag einen ganzen Häusle-Container.
Im Rahmen der Veranstaltungen veranschaulichte der Betreiber auch immer wieder sein eigenes Umweltbewußtsein: Immerhin räume er das Holz aus dem Schilf, und die Ornithologen sollten sich mal überlegen, ob sie selbst es gerne hätten, wenn man ihnen beim Essen zusieht. Auch sei er es, der den ganzen Müll (den seine Kunden zurücklassen) entferne, und überhaupt sei er so in diese Landschaft integriert, daß die Vögel ruhig stehen bleiben, wenn er durchs Fahrverbot im Naturschutzgebiet fährt.
Man soll ja immer mit einem Witz aufhören. Ich frage mich nur, ob jemand gelacht hat…

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