NATO, Drohnen, Schattenflotte: Die neue Bedrohungslage in der Ostsee

Diese Flotte alter Öltanker transportiert russisches Öl trotz westlicher Sanktionen – und gilt als Gefahr für Umwelt und Stabilität in der Region.
Alte Tanker mit riskanter Mission
Die Schattenflotte besteht aus mehr als 1000 meist über 20 Jahre alten Schiffen. Viele von ihnen sind schlecht gewartet, fahren unter wechselnden Flaggen und sind über Tarnfirmen registriert. Große Ölkonzerne stufen solche Tanker längst als unzuverlässig oder schrottreif ein – doch Russland setzt seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine gezielt auf diese Schiffe.

Ihr Auftrag: den Ölpreisdeckel umgehen, den die G7 und die EU gegen Russland verhängt haben. Mit den alten Tankern gelingt es Moskau, weiter Milliarden einzunehmen. Allein 2024 sollen die Öl- und Gasexporte mehr als 230 Milliarden Dollar in die russische Kriegskasse gespült haben.
Gefahr für Küstenstaaten
Für Anrainer wie Deutschland, Polen oder Schweden bedeutet die Schattenflotte mehr als nur Sanktionsbruch. Die Tanker stellen eine massive Umweltgefahr dar: Stromausfälle, manövrierunfähige Schiffe oder ausgeschaltete Navigationssysteme wurden mehrfach dokumentiert. Ein Unfall vor Rügen oder Bornholm könnte katastrophale Folgen haben – für Tourismus, Fischerei und Küstenökosysteme.
Gleichzeitig taucht die Schattenflotte in militärisch sensiblen Konvois auf. NATO-Schiffe berichteten von russischen Tankern, die in Begleitung bewaffneter Kriegsschiffe an den Küsten vorbeifahren. Auch GPS-Störungen, mutmaßlich durch Russland verursacht, und Drohnensichtungen in der Nähe von Marinebasen werden mit der Schattenflotte in Verbindung gebracht.

NATO reagiert mit Präsenz
Die Allianz zeigt verstärkt Präsenz. Deutsche, dänische und baltische Schiffe eskortieren und überwachen verdächtige Tanker. In Schweden darf die Küstenwache seit Juli Schattenflottenschiffe in den eigenen Gewässern kontrollieren und Daten erfassen. Kapitän Joakim Håkansson erklärte gegenüber der ARD, dass die Präsenz Wirkung gezeigt habe – auch wenn die Schiffe nach internationalem Seerecht weiterfahren dürfen, solange kein Straftatverdacht besteht.
Zugleich häufen sich Luftraumvorfälle: Am 28. August fingen italienische F-35 über der Ostsee eine russische Antonow An-124 ab, die ohne Transponder nahe Kaliningrad unterwegs war. Am 19. September wurden drei MiG-31, eine Su-30 und eine Su-35 vor Lettland identifiziert und von ungarischen Abfangjägern begleitet. Parallel kam es in Schweden und Dänemark zu Drohnensichtungen, teils in der Nähe von Marinebasen oder über Flughäfen.
Hybride Bedrohung
Die Kombination aus alter Tankerflotte, russischen Militärmanövern und Drohnenvorfällen verstärkt die Sorge vor hybriden Angriffen. Experten warnen, Russland könne die Schattenflotte gezielt nutzen, um Kabel, Pipelines oder Windparks in der Ostsee zu bedrohen – oder durch einen herbeigeführten Unfall ganze Seegebiete zu blockieren.

Für die EU ist die Schattenflotte auch eine politische Herausforderung. Zwar wurden bislang mehr als 150 Schiffe sanktioniert, doch Mitgliedsstaaten wie Ungarn oder die Slowakei bremsen schärfere Maßnahmen. In den USA dagegen steht bereits ein Großteil der Flotte auf der Sanktionsliste, was die Einsätze dieser Tanker deutlich erschwert.
Ein fragiler Status quo
Die Ostsee ist dicht mit kritischer Infrastruktur wie Kabeln, Pipelines und Windparks bestückt – und zugleich Schauplatz zunehmender Konfrontationen. Während die NATO ihre Präsenz verstärkt, hält Russland an seinen Ölgeschäften und seiner militärischen Strategie fest.
Ob durch einen Unfall oder gezielte Provokationen: Die Schattenflotte steht für die Verwundbarkeit Europas im Norden. Viel spricht dafür, dass sie auch in den kommenden Jahren Symbol und Werkzeug einer angespannten Ostsee-Realität bleibt.
FAQ
Was ist Russlands Schattenflotte?
Eine Flotte aus über 1000 alten Öltankern, mit denen Russland westliche Sanktionen umgeht.
Warum gilt die Schattenflotte als Gefahr?
Die Schiffe sind schlecht gewartet, teils ohne Versicherung unterwegs und stellen ein hohes Risiko für Ölkatastrophen dar.
Welche Rolle spielt die NATO in der Ostsee?
NATO-Schiffe und -Jets überwachen die Schattenflotte, eskortieren verdächtige Tanker und reagieren auf Luftraumverletzungen.
Welche Länder sind besonders betroffen?
Vor allem die Ostsee-Anrainer wie Deutschland, Schweden, Polen und die baltischen Staaten sehen sich durch die Flotte bedroht.
Welche Maßnahmen ergreift die EU?
Mehr als 150 Schattentanker wurden sanktioniert. Strengere Maßnahmen scheitern jedoch häufig am Widerstand einzelner Mitgliedsstaaten.
(VOL.AT)
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