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Nasse Füße für die Kunst

„Wir haben praktisch alles gerettet“, verkündet erleichtert der Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Martin Roth.

„Das letzte Bild war raus, das Wasser kam“, beschreibt er die dramatische Bergungsaktion. Rund 200 Helfer hatten in wenigen Stunden die rund 4000 Gemälde aus dem Depot der Sempergalerie sowie die 400 Werke aus den Katakomben des Albertinums geborgen und gesichert. „Die Lage ist dramatisch, eine Tragödie, denn die Gebäude sind beschädigt.“ Die Folgen seien massiv. „Die technischen Anlagen müssen ersetzt werden“, so Roths Bestandsaufnahme.

Im Keller tiefer stehen Mitarbeiter in hochgekrempelten Hosen, Badelatschen oder Gummistiefeln an einem Regal Schlange. Seit Stunden schleppen sie Reliefs, Büsten, Statuen und Gefäße nach oben, waten dabei teils durch zentimeterhohes Wasser und steigen über Schläuche, um so viel wie möglich aus dem Depot der Skulpturensammlung in Sicherheit zu bringen. Auch im Schloss Pillnitz wurden in Erwartung der nächsten Flutwelle die Außengänge verbarrikadiert und die Restaurierungswerkstatt evakuiert. Dabei ist das Wasser nicht der einzige Schädling. „Die Stromversorgung im Zwinger ist weg, Ausstellungsräume und Depots sind unklimatisiert.“

In den Sammlungen wurden rund 6000 Objekte zwar ins Trockene gebracht. „Das Wasser hat aber High-Tech-Anlagen zerstört, die jüngst mit viel Geld eingerichtet worden waren“, berichtet Roth. Das Depot der Alten Meister gleiche einem Tauchbecken. Seit Stunden pumpt die Feuerwehr, aber ein wirkliches Absinken des Wasserpegels ist nicht auszumachen. Die Flut aus dem Zwingerhof, einem einzigen See, ergießt sich nach wie vor in kleine Depots. „Der Abfluss geht direkt durch die Garderobe“, zeigt Roth. Zwei Männer in Unterhosen stehen bis zum Oberschenkel im Wasser und stapeln Sandsäcke vor den Eingang, in dem das Wasser einen halben Meter unter der Kante steht.

Die Räume der Sempergalerie werden nur vom Tageslicht erhellt. Im Rubens- und Rembrandt-Saal lehnen Gemälde aller Größen und Formate unter den Bildern an den stoffbespannten Wänden. „Sie wurden in allerletzter Sekunde gerettet.“ Dabei habe keines der „immens wertvollen“ Kunstwerke Schaden genommen. „Das ist ein Wunder“, sagt Kustodin Uta Neidhardt. Nur die größten Werke blieben im Depot – an der Decke aufgehängt. „Ohne Fahrstuhl, der ja nicht funktioniert, können wir die nicht rausholen“, sagt Neidhardt.

Fassungslos schauen die Mitarbeiter der Semperoper in die überfluteten Treppenhäuser des Funktionsgebäudes. In den Gängen des Neubau-Traktes liegen Stiefel zum Trocknen. „Die Kostüme konnten wir retten, die Schränke mit Hüten, Schuhen und anderen Accessoires nicht“, berichtet Chef-Ausstatterin Frauke Schernau. Unerreichbar steckten noch Kulissen im Fahrstuhl und auch das Möbellager für die Vorstellungen sei betroffen.

Musikinstrumente der Sächsischen Staatskapelle, die derzeit auf Tournee ist, wurden geborgen. „Der Raum, wo die Flügel stehen, ist für uns momentan unzugänglich“, sagt der Technische Direktor Volker Butzmann. Im Schauspielhaus stehen 26.000 Kubikmeter Wasser, die 9 Meter tiefe Unterbühne mit einigen Kulissen ist überflutet. „Kein Mensch kann da rein und niemand weiß, was da wirklich los ist“, sagt Pressedramaturgin Cynthia Schwab.

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