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Nach der Bundestagswahl in Deutschland: Wie geht es weiter?

Die SPD hat sich für die Opposition entschieden. Eine neue deutsche Bundesregierung ist damit nur in einer Koalition von Union, FDP und Grünen möglich. Ziel bleibt eine Regierungsbildung noch vor Weihnachten. Angesichts von Sondierungsrunden, Koalitionsverhandlungen und möglicher Mitgliedervoten wäre dies zumindest ambitioniert.
Schwere Verluste für Union und SPD
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DER ZEITPLAN

In den Bundestagsfraktionen werden schon in den ersten Tagen nach der Wahl Fraktionsvorsitzende und Parlamentarische Geschäftsführer gewählt, damit die Fraktionen handlungsfähig sind. Der neu gewählte Bundestag muss bis zum 24. Oktober erstmals zusammentreten. In Parlamentskreisen wurde davon ausgegangen, dass dieser zeitliche Spielraum ausgenutzt wird. Die Wahl der Bundeskanzlerin findet dann voraussichtlich noch nicht statt, sondern erst nach Abschluss von Koalitionsverhandlungen. Die bisherige Regierung bleibt bis zur Wahl der Kanzlerin und der Ernennung der Bundesminister im Amt.

SONDIERUNGEN

Traditionell lädt der Wahlsieger andere Parteien zu Sondierungsgesprächen ein, um auszuloten, ob es eine Grundlage für ein gemeinsames Regierungsbündnis geben könnte. Es ist nun also an der Union, Einladungen an FDP und Grüne auszusprechen. Auch mit der SPD wollen CDU und CSU reden.

Kommen Union, FDP und Grüne in den Sondierungen auf einen Nenner, können die offiziellen Koalitionsverhandlungen beginnen. Die Niedersachsen-Wahl am 15. Oktober könnte aber dazu führen, dass sich die Sondierungen hinziehen, weil die Parteien ihr Profil für die Landtagswahl nicht durch eine sich im Bund abzeichnende Koalition verwässern wollen. Scheitern die Gespräche zu “Jamaika”, würde der Druck auf die SPD noch einmal zunehmen, von einem Gang in die Opposition abzusehen. Blieben die Sozialdemokraten dann immer noch bei ihrer Haltung, gäbe es wohl Neuwahlen.

KOALITIONSVERHANDLUNGEN

Wenn die Spitzenleute der Parteien nach Abschluss der Sondierungen die Aufnahmen von Verhandlungen empfehlen, beraten zumeist Parteigremien, um grünes Licht zu geben. Bis zum Beginn von Verhandlungen kann leicht ein Monat ins Land gehen, auch dann wenn keine Landtagswahl den Prozess unter Umständen verzögert. 2013 etwa begannen die Verhandlungen von CDU, CSU und SPD am 23. Oktober, viereinhalb Wochen nach der Bundestagswahl am 22. September. Sie endeten am 27. November. Darauf folgte noch ein Mitgliedervotum der SPD, dessen Ergebnis am 14. Dezember vorlag. Am 17. Dezember wurde Angela Merkel (CDU) zum dritten Mal vom Bundestag zur Kanzlerin gewählt.

CDU: Am Montag tagten Präsidium und Bundesvorstand. Am Dienstag soll sich die Unions-Fraktion zur ersten Sitzung zusammenfinden. Auch in der CDU wird nicht ausgeschlossen, dass die Niedersachsenwahl die Gespräche in Berlin beeinflussen könnte. Üblicherweise beschließt die Parteispitze ein Team, das sich mit Sondierungen beschäftigt, und ernennt später eine Verhandlungsgruppe für die Koalitionsgespräche. Bei der CDU dürfte es nach Abschluss von Koalitionsverhandlungen schnell gehen: Es sind weder eine Mitgliederbefragung noch ein Parteitag geplant. Grünes Licht geben dann Präsidium und Bundesvorstand.

CSU: Der CSU-Vorstand berät am Montag in München. Am Dienstag formiert sich die neue CSU-Landesgruppe in Berlin, bevor es in die Unionsfraktion mit der CDU geht. Am Mittwoch stellt sich Seehofer der CSU-Landtagsfraktion, die nach dem Bundestagswahlergebnis um ihre absolute Mehrheit bei der Landtagswahl im kommenden Herbst bangt. Im Fall einer Regierungsbeteiligung wird in Parteikreisen damit gerechnet, dass eine Koalition nicht vor Ende November steht. Denn mit den Kernpunkten werde sich der CSU-Parteitag befassen, der für den 17. und 18. November in Nürnberg anberaumt ist. Vertiefte Koalitionsverhandlungen erwartet CSU-Chef Horst Seehofer erst nach der Niedersachsenwahl. Er rechnet mit der schwierigsten Koalitionsbildung seit langer Zeit.

SPD: Die SPD ist entschlossen, die Rolle der Oppositionsführerin im Bundestag zu übernehmen. Für die Spitze der Fraktion hat Parteichef Martin Schulz die bisherige Arbeitsministerin Andrea Nahles vorgeschlagen. Die Bundestagsfraktion tagt am Dienstag mit allen neuen und ausgeschiedenen Abgeordneten. Die neue Fraktionsspitze soll am Mittwoch gewählt werden.

FDP: Auch bei den Liberalen kamen Präsidium und Bundesvorstand am Montag zusammen. Am Nachmittag traf sich auch die neue Fraktion erstmals. Laut Bundesgeschäftsführer Marco Buschmann ist davon auszugehen, dass Parteichef Christian Lindner zum Fraktionsvorsitzenden gewählt wird. Dies lasse für Lindner dennoch alles offen – ein späterer Gang in die Regierung nach Koalitionsverhandlungen wäre damit nicht ausgeschlossen. Seinen Vertrauten Buschmann dürfte Lindner für die Schlüsselfunktion des Parlamentarischen Geschäftsführers vorschlagen.

GRÜNE: Die Grünen-Spitze hat am Montag Vorbereitungen für die Sondierung mit Union und FDP getroffen. Dabei geht es um den Personenkreis, der dem Verhandlungsteam angehören soll. Am Dienstag gibt es eine Sitzung der neuen und alten Abgeordneten. Auch dabei sollen die anstehenden Sondierungen eine Rolle spielen. Nicht vorgesehen ist die Neuwahl des Fraktionsvorstandes. Das ist erst für Mitte Oktober geplant. Am Samstag tritt der Länderrat zusammen, ein kleiner Parteitag. Die Delegierten sollen grünes Licht für Sondierungen geben und das Verhandlungsteam billigen.

Die LINKE: Mit der Regierungsbildung hat die Partei erwartungsgemäß nichts zu tun. Auch verliert sie ihre Rolle als Oppositionsführerin. Am Montag beriet die Parteispitze das Wahlergebnis. Am Dienstag tagt zum ersten Mal die neue Fraktion. Dann werden aber noch keine neuen Fraktionsvorsitzenden gewählt oder andere Posten der Fraktion besetzt. Das soll Mitte Oktober bei einer Fraktionsklausur geschehen. Mittelfristig will die Linke die neuen Bundesländer stärker in den Blick nehmen, da sie ihn ihren ursprünglichen Stammgebieten vielfach von der AfD überholt wurde.

AfD: Der AfD-Fraktion tritt am Dienstag erstmals zusammen. Mit Spannung wird erwartet, welche Folgen die Ankündigung von Parteichefin Frauke Petry hat, der Fraktion nicht angehören zu wollen. Es wird damit gerechnet, dass die Spitzenkandidaten Alexander Gauland und Alice Weidel zu den Fraktionsvorsitzenden gewählt werden. Viele Fragen der Organisation sind noch offen, da die AfD keine Bundestagserfahrung hat.

Schwarz (ORF) über die Schwierigkeiten innerhalb der AfD:
Ergebnis der Bundestagswahl Deutschland
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