Mutter tötete in akuter Psychose vierjährigen Sohn: Prozess in Wien

Der Staatsanwaltschaft Wien zufolge schnitt sie ihm mit einem Küchenmesser die Kehle durch, wobei sie unter dem maßgeblichen Einfluss einer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung gehandelt haben soll. Daher muss sich die 21-Jährige nicht wegen Mordes verantworten.
"Je akuter, desto besser behandelbar"
Die Anklagebehörde hat stattdessen gemäß § 21 Absatz 1 StGB die Unterbringung der Frau in einem forensisch-therapeutischen Zentrum beantragt. Einem im Ermittlungsverfahren eingeholten Gutachten der psychiatrischen Sachverständigen Sigrun Rossmanith zufolge liegt bei der Frau ein Schuldausschließungsgrund vor.
Rossmanith wies eine akute polymorph psychotische Störung mit Symptomen einer Schizophrenie nach. Infolgedessen war nach Ansicht der Sachverständigen bei der Mutter zum Tatzeitpunkt Zurechnungsunfähigkeit und damit ein Schuldausschließungsgrund gegeben.
"Die Tat ist ausschließlich unter dem Einfluss dieser Krankheit geschehen", meinte Rossmanith im Grauen Haus bei der Erörterung ihres Gutachtens. Die Erkrankung sei "abrupt" aufgetreten und habe sich "in einer crescendoartigen Geschwindigkeit" entwickelt.
Seit ihrer Anhaltung wird die 21-Jährige medikamentös und psychotherapeutisch behandelt und spricht auf die Neuroleptika gut an. "Je akuter eine Erkrankung ist, desto besser ist sie behandelbar", stellte Rossmanith fest.
21-Jährige laut Gutachterin inzwischen "in sehr gutem Zustand"
"Ihr damaliger Geisteszustand ist seit Februar nicht mehr vorhanden", legte die Sachverständige dar. Die 21-Jährige sei inzwischen "gut geerdet, therapiebereit, krankheitseinsichtig". Die Symptome hätten sich "völlig zurückgebildet", die Frau sei "stabilisiert" und in einem "sehr guten Zustand".
Die Neuroleptika - die 21-Jährige erhält diese seit einiger Zeit in Form einer monatlichen Depotspritze verabreicht - hätten "den Realitätssinn wieder hergestellt".
Mutter: "Ich war nicht ich selbst"
"Ich war nicht ich selbst. Ich war komplett außer mir", schilderte die 21-Jährige einem Schwurgericht. Sie habe gedacht, sie müsse ihr Kind "retten". Sie habe zwei Tage vor der Tat zu halluzinieren begonnen und sich damals eingebildet, Männer, die sie zuvor am Reumannplatz gesehen hatte, würden ihr Kind vergewaltigen.
Als sie in der Nacht auf den 17. November in der Wohnung Schlüsselgeräusche vernahm, habe sie Panik und Angst bekommen und in der Küche "ein Messer gefunden", meinte die junge Frau: "Panik hat Angst gemacht, Angst hat Panik gemacht. Ich hab' mir gedacht, ich muss mein Kind schützen. Ich muss mein Kind retten. Ich hab' mein Kind umgebracht."
"Als ich mein Kind tot gesehen habe, wollte ich auch sterben. Ich habe das Messer gegen meinen Hals gerichtet", gab die 21-Jährige auf die Frage zu Protokoll, was danach geschehen sei. Ihr Mann habe ihr "das Leben gerettet" und "das Messer weggenommen".
Dann verständigte der Ehemann die Polizei und die Rettung. Für den vierjährigen Buben kam jede Hilfe zu spät. Die Mutter wurde in ein Spital gebracht, dank einer Notoperation überlebte sie die Verletzungen, die sie sich zugefügt hatte.
Ehemann hatte mit Frau Spital aufgesucht
Der Ehemann der 21-Jährigen hatte drei Tage vor der Tat mit seiner Frau ein Wiener Krankenhaus aufgesucht, weil ihm und dem Arbeitgeber der Frau - sie hatte in einer Einrichtung als Kindergarten-Assistentin gearbeitet - ihr psychischer Zustand Sorgen machte.
Die Frau wurde im Spital von einer Ärztin untersucht, ihr akut psychotischer Zustand wurde aber nicht erkannt. Sie wurde auch nicht psychiatrisch untersucht. Die Ärztin ging von einer Depression aus, gab der Frau ein mildes Mittel gegen die Symptome und schickte das Ehepaar wieder nach Hause.
In der Nacht auf Sonntag legte sich der Vater dann neben seinem Sohn ins Bett. Er wollte eigentlich wach bleiben, weil ihm seine Frau Angst machte, indem sie behauptete, Gas trete in die Wohnung ein. "Tragischerweise ist er gegen 3.00 Uhr eingeschlafen", berichtete die Staatsanwältin.
In der Früh sei er aufgrund von Geräuschen aufgewacht: die Mutter habe dem Vierjährigen mit einem tiefen Schnitt die Kehle durchtrennt. Der Vater habe sie vom Buben weggestoßen, worauf die Frau "Lass mich, er soll nicht leiden" geschrien habe.
(APA)
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