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Muster überprüft seinen Wert

Seit Monaten wartet Österreichs Tennis-Szene darauf, am Dienstag ist es endlich so weit: Thomas Muster betritt nach 1.539 Tagen wieder einen Tennisplatz.

Der mittlerweile 35-jährige Steirer trifft bei der Senior-Champions-Tour im Rahmen der CA-Challenge im Einkaufszentrum Graz-Seiersberg bei seinem Comeback auf den Franzosen Henri Leconte. Und spielt in der Gruppe „Roland Garros“ am Donnerstag und Freitag auch noch gegen Andres Gomez bzw. Mats Wilander.

Natürlich spielt Muster vorläufig „nur“ auf der Senioren-Tour, natürlich kann man die sportliche Bedeutung nicht mit Matches auf der ATP-Tour gleich setzen. Doch Muster ist und bleibt eine Ikone des österreichischen Sports. Er ist der nach wie vor einzige österreichische Tennisspieler, der ein Grand-Slam-Turnier gewonnen hat und für immerhin sechs Wochen Nummer eins der Welt gewesen ist. Seine 44 Turniersiege, legendäre Daviscup-Auftritte und das einzigartige Comeback nach dem schweren Autounfall von Key Biscayne sind unvergessen.

Nach seinem bisher letzten Turniermatch auf der Tour, der Erstrunden-Niederlage am 24. Mai 1999 am Schauplatz seines größten Triumphs in Roland Garros, hatte sich Musters Interesse für das Tennis verflüchtigt. Der am 2. Oktober 1967 geborene Leibnitzer genoss sein Leben und brachte im Vorjahr schon bis zu 99 kg auf die Waage. “100 waren es nie, darauf lege ich großen Wert“, meint Muster heute mit einem Lachen.

Als er sich jedoch entschloss, bei der Champions-Tour in der Shopping-City auf den Platz zurückzukehren, machte er wieder Nägel mit Köpfen. 22 kg speckte er innerhalb von sechseinhalb Monaten ab, er quält sich seither jeden Tag mehrere Stunden. „Als ich mit der Vorbereitung begonnen habe, wusste ich nicht, wohin die Reise geht. Schlagtechnisch bin ich jetzt ungefähr wieder dort, wo ich vor vier Jahren aufgehört habe“, meinte Muster, der sich auch in puncto Fitness ein gutes Zeugnis ausstellt. „Die harte Arbeit hat Früchte getragen.“

Viel spekuliert wurde immer wieder über die Kampfkraft von Muster. Österreichs zweifacher Sportler des Jahres (1990 und 1995) hat sich bis zuletzt gewissenhaft, akribisch, ja verbissen auf seinen Auftritt bei der CA-Challenge vorbereitet. So trainierte er zuletzt mehrmals um 07:45 Uhr, hetzte jedem Ball nach und schimpfte sich auch schon mal, wenn er nicht zufrieden war mit seiner Beinarbeit. „Ich habe wieder ein Niveau erreicht, wo manche Dinge einfach nicht passieren dürfen“, erklärt Muster, der aber sonst viel lockerer wirkt als in seiner Glanzzeit.

Sogar nach Atlanta ist Muster geflogen, um sich im Trainingscamp von Mikael Pernfors einen zusätzlichen Motivationskick zu holen. Doch obwohl seine Werte und sein Gewicht immer niedriger wurden, warnte er bis zuletzt vor übertriebenen Erwartungen. Sein Ziel bleibt weiterhin der Gewinn eines Gruppenmatches, und über seine weiteren Absichten nach Graz wird man frühestens nach seinem letzten Ballwechsel bei diesem Turnier etwas hören. Eigentlich will er sich mit dieser Entscheidung aber bis Herbst Zeit lassen. Ob er tatsächlich auch bei dem einen oder anderen ATP-Tour-Turnier wieder aufkreuzt, diese Spekulationen werden bei einem guten Abschneiden bei der Champions-Tour wohl die nächsten Monate prägen.

Turnierboss Herwig Straka, der Musters Vorbereitung genau verfolgt hat, wagt eine Prognose: „Ich glaube, dass er ins Finale kommen wird.“ Einziger Unsicherheitsfaktor ist für ihn der mentale Bereich. „Erstmals nach so langer Zeit wieder vor 5.000 Leuten zu spielen, ist schon etwas anderes.“ Davor hatte aber auch schon Muster selbst gewarnt.

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