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Mordversuchsprozess gegen Raser in Wels vertagt

Der Angeklagte zu Prozessbeginn
Der Angeklagte zu Prozessbeginn ©APA/VERENA LEISS
Der Mordversuchsprozess gegen einen 20-jährigen Autofahrer, der sich in der Nacht auf den 31. Jänner eine wilde Verfolgungsjagd mit der Polizei geliefert hatte, die mit mehreren Verletzten endete, wird auf November vertagt. Zwar wurde das Beweisverfahren am Montag abgeschlossen. Da der Fragenkatalog an die Geschworenen über 100 Punkte umfassen werde, benötige man weitere Verhandlungstermine befand der Vorsitzende. Fortgesetzt wird am 6. und 7. November.

Schon früher auffällig

Der in Oberösterreich lebende Ungar habe sich schon früher Verfolgungsjagden mit der Polizei geliefert und etliche Strafen wegen Verkehrsdelikten bekommen, sagte der Staatsanwalt. Der Führerschein war ihm bereits abgenommen worden, sein Auto war nicht zugelassen. Dennoch machte er sich am Tatabend - nachdem er die Kennzeichen seiner Mutter auf seinen Wagen montiert hatte - auf zu einer Aussprache mit seiner Ex-Freundin nach Wels.

Kurz nachdem sie zu ihm in den Wagen gestiegen war, wurde die Polizei auf ihn aufmerksam und der Lenker flüchtete. Auf der folgenden "Amokfahrt" habe er rote Ampeln, Sperrlinien und -flächen überfahren, am Pannenstreifen überholt, alles mit extrem überhöhter Geschwindigkeit, teils mit über 200 km/h, einmal kollidierte er mit einem Lkw-Anhänger, führte der Anklagevertreter aus. Für die Strecke von rund 30 Kilometern sollte man laut Navi 28 Minuten brauchen, der Angeklagte fuhr sie in 15 Minuten. Weder gefährliche Situationen noch die Polizei, die ihn verfolgte, noch einsetzender Nebel oder die Bitten seiner Beifahrerin konnten ihn bremsen. Zum Schluss krachte er in eine Straßensperre der Polizei, was mehrere Verletzte forderte.

Fünf extrem gefährliche Situationen

Insgesamt zählt die Anklage fünf extrem gefährliche Situationen auf. Der Angeklagte habe bei der Haftverhandlung mehrfach selbst gesagt, er habe Angst gehabt, dass jemand stirbt, so der Staatsanwalt. Zu Prozessbeginn in der Vorwoche hatte er aber jede "Tötungsabsicht" bestritten. Um wegen versuchten Mordes verurteilt zu werden, reicht aber, dass er es in Kauf genommen hat, dass Menschen zu Tode kommen. Im Oktober des Vorjahres hatte in Wien ein Raser in einem ähnlichen Fall 15 Jahre wegen Mordversuchs ausgefasst. Ob das auch geschieht, haben die Geschworenen zu entscheiden.

Die psychiatrische Sachverständige Adelheid Kastner attestierte, dass der Angeklagte "neurotisch" sei, "unreif" und "sehr leicht aus dem Konzept zu bringen". Aber er leide an keiner psychischen Krankheit und sei auch nie suizidal gewesen. Er treffe aufgrund seiner Stressintoleranz allerdings häufig "unkluge" Entscheidungen, die Fahrt sei eine "Kurzschlussreaktion" gewesen, um der Situation zu entkommen. Er sei zwar in der Lage gewesen, mögliche Konsequenzen seines Handelns zu erkennen, habe die Konsequenzen aber "ausgeblendet". Das sei typisch für neurotische Menschen, die stark "zur Sturheit neigen" würden. Voraussetzungen für eine Einweisung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum seien aber nicht gegeben.

Polizistin schwer verletzt

Als Zeugen waren am Montag mehrere Polizistinnen und Polizisten geladen, die an der Verfolgung bzw. der Festnahme beteiligt waren. Eine Beamtin, die am Aufbau der Straßensperre beteiligt war und nicht mehr rechtzeitig aus dem Wagen kam, bevor der Angeklagte gegen die kurz vor der Trauner Kreuzung abgestellten Fahrzeuge krachte, wurde bei der Kollision schwer verletzt und war monatelang dienstunfähig. Ihr Kollege, der es geschafft hatte, rechtzeitig auszusteigen, erlitt leichte Verletzungen und einen schweren Schock.

Fortsetzung im November

Da jede von der Staatsanwaltschaft angeführte gefährliche Situation extra beurteilt werden muss, werde der Fragenkatalog an die Geschworenen über 100 Fragen umfassen, so der Vorsitzende. Zu den Hauptfragen nach Mordversuch kommen zahlreiche Eventualfragen. Denn sollten die Geschworenen entscheiden, dass es sich um keine Mordversuche gehandelt hat, kommen - von Fall zu Fall divergierend - auch diverse Körperverletzungsdelikte und Gefährdung der körperlichen Sicherheit infrage, ebenso die vorsätzliche oder fahrlässige Gemeingefährdung. Hinzu kommen noch die Fragen nach der Urkundenunterdrückung und Vergehen nach dem Waffengesetz - der Angeklagte hatte fremde Kennzeichen montiert und einen Schlagring im Auto, was er auch zugibt. Der Prozess wurde daher vor den Schlussplädoyers vertagt und wird am 6. und 7. November fortgesetzt.

(APA)

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