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Mordfall Silke S.: Damaliger Ermittler belastete Angeklagten

Am Mittwochnachmittag trat der damalige Chefermittler in der Causa Schnabel in den Zeugenstand. Der 68-jährige, mittlerweile pensionierte Kriminalbeamte belastete den Angeklagten schwer.

Er und seine Kollegen hätten sich fürchterlich aufgeregt, als Anton W. im November 1992 aus der U-Haft entlassen und das Strafverfahren ein Jahr später eingestellt wurde. “Ich habe zweimal darauf hingewiesen, dass für die Polizei der Fall geklärt ist. Als Verdächtiger ist niemand anderer infrage gekommen.”

Der Ermittler hatte Anton W. während seiner vier Monate dauernden Untersuchungshaft mehrmals vernommen. „Er hat gesagt, er war es nicht. Die Kommunikation mit ihm war schwierig, weil er wenig sagte. Er war stur wie ein Esel. Doch einmal, als ich ihn aus der Reserve lockte, schrie er mich plötzlich an: Wenn ich es gewesen wäre, dann ist es nicht meine Schuld”. Anton W. habe gemeint, die Sonderanstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher in Wien-Mittersteig sei dann schuld, weil die hätten ihn nach dem fünfjährigen Maßnahmenvollzug (wegen eines Sexualdeliktes, Anm.) 1985 für gesund erklärt und entlassen. Anton W. habe ihm auch erzählt, dass er in der mutmaßlichen Tatnacht insgesamt zwölf Halbe Bier getrunken hatte, sagte der Zeuge.

Die Einvernahme des Polizisten drehte sich auch um jene Bluse, die Silke Schnabel laut Angaben von Zeugen in der Tatnacht getragen hatte. Bei einer freiwilligen Nachschau in der Wohnung der Eltern von Anton W. – er hatte dort ein Bett im Wohnzimmer – am 25. Juli 1992, also einen Tag nach der Inhaftierung des Verdächtigen, bemerkten die Polizisten die weiße Bluse auf einem Kleiderbügel. Sie nahmen sie jedoch nicht mit. “Es waren noch Knöpfe daran”, schilderte der Chefermittler. Damals sei ja zur Sprache gekommen, dass Anton W. die Bluse mitgenommen habe. Bei der Hausdurchsuchung am 29. Juli sahen sie die Bluse nicht mehr. Erst als sie die Mutter danach fragten, “rückte sie die Bluse raus”, bestätigte der Kollege des Chefermittlers. “Sie lag in einem Eimer im Vorraum.”

Allerdings fehlten die Knöpfe, sie waren zum Großteil abgeschnitten und teils ausgerissen worden, sagte der pensionierte Kriminalbeamte. Bei der Hausdurchsuchung wurde auch ein Gürtel mit eingedicktem Blut sichergestellt. Die erst heuer vom Angeklagten geäußerte Erklärung, der Fleck stamme von einer Rauferei mit Jugendlichen, habe er damals “sicher nicht gehört”, sagte der 68-Jährige. Die Mutter von W. habe ihnen damals einen anderen Gürtel mitgeben wollen. “Ich sagte, sie kann mich nicht anstiften, dass ich Beweismittel unterschlage”, schilderte der Kollege des Chefermittlers. Der blutbefleckte Gürtel ist mittlerweile wie die Bluse spurlos verschwunden. Der Chefermittler meinte, die Bluse sei erkennungsdienstlich behandelt und dann archiviert worden. Nach der Übernahme durch die Gendarmerie seien dann Sachen verschwunden.

Der pensionierte Polizist bestätigte heute auch die Aussagen einer Ex-Prostituierten, wonach diese ihm erzählt hätte, Anton W. habe bald nach seiner Entlassung aus der U-Haft auf den Zuruf einer anderen Prostituierten “verschwinde, du Mörder” mit “halt’s die Goschn, sonst geht’s euch wie der Silke’ geantwortet. Wann genau die Prostituierte ihm das erzählt hat, wusste er nicht mehr – womöglich nach der Verfahrenseinstellung (November 1993, Anm.), oder zirka ein halbes Jahr nach W’s Enthaftung. Aktenkundig wurde der Vorfall damals nicht. “Für mich war der Fall ja erledigt”, sagte der Zeuge frustriert. Der Prozess wird morgen, Donnerstag, mit der Anhörung und Befragung des Täter-Profilers Thomas Müller fortgesetzt. Das Urteil soll am Freitag gesprochen werden.

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