Mithelfen oder blechen: So alt ist das System, so viel bringt es ein
Hand- und Zugdienste – ein Begriff, der in Vorarlberg für Diskussionen sorgt. Gemeint sind Arbeitsleistungen, zu denen Bürgerinnen und Bürger von ihrer Gemeinde aufgefordert werden können, etwa bei kleineren Bauprojekten oder Instandhaltungen. Wer sich dem entzieht, kann sich mit einer Ersatzleistung in bar freikaufen. Und genau diese Möglichkeit hat in den letzten Monaten wieder an Brisanz gewonnen.
Laut einer aktuellen Anfragebeantwortung von Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) an die SPÖ wurden im Jahr 2023 durch diese Ersatzleistungen insgesamt 641.000 Euro eingenommen. ORF Vorarlberg hatte darüber zuerst berichtet. Das System ist in 29 der 96 Vorarlberger Gemeinden aktiv – also in rund einem Drittel des Landes. In manchen Kommunen – etwa in Schwarzenberg und Satteins – steht die Verordnung derzeit auf dem Prüfstand der Aufsichtsbehörde.
Sulzberg an der Spitze, Schröcken auf Tauchstation
Die Gemeinde Sulzberg im Bregenzerwald führt das Einnahmeranking mit über 81.000 Euro deutlich an. Auch Alberschwende (ca. 70.000 Euro) und Andelsbuch (rund 69.000 Euro) konnten kräftig von den Zahlungen profitieren. Ganz anders das Bild in Dünserberg: Dort flossen gerade einmal 6500 Euro in die Gemeindekasse. In Schröcken blieb es hingegen gänzlich ruhig – seit 2021 gab es dort keine Einnahmen mehr aus Hand- und Zugdiensten.
Lochau rudert zurück
Im Oktober sorgte die Gemeinde Lochau für Schlagzeilen: Sie wollte die Hand- und Zugdienste wieder einführen. "Es ist wichtig, dass die Leute sehen, welche Dienstleistungen eine Gemeinde erbringt", erklärte Bürgermeister Frank Matt (Grüne) gegenüber ORF Vorarlberg. Doch nur wenige Wochen später kam der Rückzieher – aufgrund eines formalen Fehlers musste die Verordnung wieder aufgehoben und bereits einbezahlte Beträge rückerstattet werden.
Gemeindeverband gegen generelle Abschaffung
Trotz wachsender Kritik sieht der Vorarlberger Gemeindeverband keinen Anlass, die Regelung grundsätzlich in Frage zu stellen. Präsident Walter Gohm betonte im Oktober: "Die Hand- und Zugdienste sind ein gelebter Ausdruck von Gemeinschaft und Solidarität in vielen Gemeinden." Das Instrument habe in ländlichen Strukturen nach wie vor seinen Platz.
Faktenblock:
- Wie viele Gemeinden nutzen das System?
In 29 von 96 Vorarlberger Gemeinden (Stand 2023). - Was sind Hand- und Zugdienste?
Verpflichtende Arbeitsleistungen für die Gemeinde – alternativ kann bezahlt werden. - Gesamteinnahmen 2023:
641.000 Euro - Top 3 Gemeinden:
- Sulzberg – über 81.000 Euro
- Alberschwende – ca. 70.000 Euro
- Andelsbuch – rund 69.000 Euro
(VOL.AT)
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