Seit Jahrhunderten gelten sie als Sinnbild der Diskretion und Höflichkeit, jetzt platzt ihnen der Kragen: Die als „Demelinerinnen“ bekannten Serviererinnen der K.u.K. Hofzuckerbäckerei Demel in Wien protestieren gegen die angeblich von Eigentümer Attila Dogudan geplante Errichtung einer italienischen Kaffeebar in dem Betrieb am Kohlmarkt.
Die „Substanz der Tradition des Hauses“ sei in Gefahr, meinte deshalb die Betriebsratvorsitzende Herta Schleiffer am Donnerstag in einem offenen Brief. Mit der noblen Zurückhaltung ist es nun vorbei, denn die Damen des Hauses sehen die Tradition in Gefahr: „Der erste Salon, der seit über 100 Jahren für den Servicebereich genutzt wurde, wo Künstler und Schriftsteller saßen, dessen Schönheit und Beliebtheit bis in die heutige Zeit gerettet wurde, hat seine Bestimmung verloren“, heißt es in dem Schreiben. Ab Dezember 2003 werde der Salon als Verkaufsraum dienen.
Was für die Damen aber viel schlimmer ist: „Der traditionelle Verkaufsraum mit seinen prunkvollen Buffets, der die Gäste immer wieder in großes Staunen und Verzücken versetzt, wird einer italienischen Kaffeebar weichen müssen.“
Das Servierpersonal wirft Dogudan, dessen börsenotiertes Wiener Catering-Unternehmen Do&Co mit Jahresanfang 2002 das Traditionshaus übernommen hat, Diskussionsverweigerung vor. Es frage sich, ob Demeltracht oder die Demelsprache zu einer Kaffeebar passen – „oder werden wir in Zukunft von jungen, zum Großteil geringfügig beschäftigten, sozial schlecht abgesicherten ’Do & Co Mädchen’ abgelöst? Der Trend in diese Richtung ist schon jetzt merkbar“.
Hilfe erhofft sich die Betriebsrätin von der Politik: Der offene Brief ist unter anderem an Wiens Bürgermeister Häupl, Kulturstadtrat Mailath-Pokorny, Kultur-Staatssekretär Morak gerichtet.
Redaktion: Claus Kramsl
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