Eine Wiener Firma, hinter der zwei Vorarlberger Köpfe stecken, will Getriebe künftig mit Wasser statt Öl schmieren. Die Reintrieb GmbH hat dazu spezielle Zahnräder aus Hartmetall entwickelt, mit denen Wasser-geschmierte Getriebe möglich werden sollen. Eine Testserie an der TU München hat aus Sicht der Gründer "unglaubliche Ergebnisse" geliefert und könnte eine Zeitenwende im Maschinenbau einläuten.
Aus diesem Grund will man jetzt auch rasch die nächsten Schritte gehen: Es soll ein Prototyp und eine Kapitalrunde folgen, um die Entwicklung zur Marktreife zu bringen. Potenzial sehen die innovativen Erfinder, unter anderem in der Schifffahrt. Das ist auch naheliegend, da Vincent Cofalka als Kapitän auf einem Kreuzfahrtschiff vor Corona mit Tausenden Passagieren an Bord über die Weltmeere "schipperte". Doch zurück zu den Testergebnissen.
Überraschende Ergebnisse
Auch Professor Karsten Stahl, der die Tests an der Technischen Universität München gemeinsam mit seinem Kollegen Klaus-Jürgen Michaelis von der Forschungsstelle für Zahnräder und Getriebebau durchführte, sprach von überraschenden Ergebnissen wie die APA berichtet. "Wir hatten das so nicht erwartet", so Stahl. "Im Labormaßstab auf unseren Prüfständen hat es funktioniert, eine Anwendung scheint möglich", fasste der Maschinenbauingenieur und Spezialist für Maschinenelemente, Getriebe und Antriebstechnik zusammen. So seien unter anderem der Verschleiß und andere Punkte wie Zahnbruch, Fressen und Oberflächenermüdung beherrschbar. Es gebe aber auch noch viele offene Fragen, sieht Stahl weiteren Forschungsbedarf.
Geheimnis der Materialkombination
Doch die Brüder könnten mit ihrer innovativen Idee einen großen Wurf landen, denn der Wunsch nach Getrieben mit alternativer Schmierung oder gar ohne Schmierung ist laut Stahl so alt wie die Getriebe selbst. Zwar gebe es Kunststoffgetriebe, aber bei hochbelasteten Getrieben komme man um Stahlzahnräder und Öl als Schmierstoff derzeit nicht herum. Zum Thema "Fluid freie Schmiersysteme mit hoher mechanischer Belastung" würden aktuell auch in Deutschland große Forschungsprojekte laufen.
Das Geheimnis von Reintrieb ist nicht das Wasser, sondern die Materialkombination. Reintrieb setzt auf Hartmetalle, die härter sind als Stahl aber dennoch elastisch genug für den Einsatz in einem Getriebe. Hinter Reintrieb stehen die Vorarlberger Brüder Dominik und Vincent Cofalka sowie der deutsche Ingenieur Siegfried Lais. Letzterer sei der "Daniel Düsentrieb" des Gründertrios, wie Reintrieb-Geschäftsführer Dominik Cofalka gegenüber der APA erklärte.
Finanzierung sei schwierig gewesen
In der Schifffahrt, wo schon ein geringfügiger Wassereintritt einen Schmierabfall und damit einen Getriebeschaden verursachen kann oder in der Lebensmittelindustrie, wo ein Ölaustritt in der Produktion einen Produktrückruf auslösen kann, sieht Cofalka ökonomische Gründe für ein wassergeschmiertes Getriebe. Weil Schmierstoffe oft giftig sind, würden auch ökologische Gründe für Alternativen zum Schmieröl sprechen.
Die Reintrieb GmbH hat ein europäisches Patent für ölfreie, Wasser-geschmierte Hochleistungsgetriebe. Die Entwicklung und Erprobung des Konzepts wurde von Privatinvestoren und aus staatlichen Mitteln der EU (Horizon 2020), des Austria Wirtschaftsservice (aws) und der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) finanziert. Die Finanzierung sei aber zum Teil schwierig gewesen. "Wir sind angeschaut worden wie die Irren", sagte Cofalka. Er meinte, er könne nun nachempfinden, wie es Galilei gegangen sein muss. "Jeder Ingenieur zeigte uns den Vogel". Bis 2018, als beim ersten Testlauf an der TU München "den Bayern das Lachen vergangen ist", so Cofalka. Auch die Partnersuche sei nicht einfach gewesen. "Alle reden von Innovation, aber wenn jemand mit etwas wirklich Neuem kommt, verstecken sich alle".
Partnerschaft mit Kranhersteller Künz
Mit dem Vorarlberger Kranhersteller Künz sei laut Cofalka eine Entwicklungspartnerschaft beabsichtigt. Zudem gebe es Kooperation mit dem steirischen Getriebebauer Ehgartner aus Leoben. Cofalka räumt ein, erst am Anfang zu stehen, für ihn ist nun aber der Beweis erbracht: "Und es dreht sich doch" - gemeint ist das Wasser-geschmierte Getriebe.
(VOL.AT, APA)
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