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Missbrauchsvorwürfe an SOS-Kinderdorf: Aufarbeitung läuft

"Die Berichterstattung der vergangenen Wochen geht natürlich an unseren Mitarbeiterinnen nicht spurlos vorüber", sagte Cerny.
"Die Berichterstattung der vergangenen Wochen geht natürlich an unseren Mitarbeiterinnen nicht spurlos vorüber", sagte Cerny. ©APA/ROLAND SCHLAGER
Drei Wochen nach den Enthüllungen um Missbrauch bei SOS-Kinderdorf hat die Organisation am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Wien Zwischenbilanz über die Aufarbeitungsmaßnahmen gezogen - von der Neuaufstellung der Führungsebene über die Aufstockung der Ombudsstellen bis zur Einsetzung einer Reformkommission.
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Die Chefin des Standorts in Guntramsdorf, Nicole Cerny, appellierte dabei, Wut über die Causa nicht an ihren Kolleginnen und Kollegen sowie Schützlingen auszulassen.

"Die Berichterstattung der vergangenen Wochen geht natürlich an unseren Mitarbeiterinnen nicht spurlos vorüber", sagte Cerny. "Mitarbeiter, die mit unseren Kindern mit dem Kinderdorfbus einkaufen gehen, werden bespuckt, als Kinderschänder oder als Vertuscher beschimpft", erzählte Cerny. Auch im Umgang mit Kindern aus den Kinderdörfern plädierte Cerny für Sensibilität. Sie wandte sich darum an Medienvertreter und bat darum, "dass ein ausgewogenes Bild von SOS-Kinderdorf dargestellt wird".

Nachfolge für Moser und Cernko noch unklar

Offen blieb am Dienstag jedoch, ob für den zuletzt dienstfrei gestellten langjährigen Geschäftsführer Christian Moser ein interimistischer Nachfolger gesucht werde. "Wir sind so aufgestellt, dass wir hier für Stabilität sorgen können", sagte Geschäftsführerin Annemarie Schlack. Eine Nachfolge "stand bis jetzt nicht zur Diskussion". Ebenfalls offen blieb am Dienstag die künftige Zusammensetzung des Aufsichtsrats. Zuletzt hatte sich Ex-Bankmanager Willibald Cernko aus dem Gremium zurückgezogen. Cernko hatte zuletzt vergangene Woche im ORF-Interview in der ZiB2 dafür plädiert, dass im Aufsichtsrat von SOS-Kinderdorf in Zukunft vorrangig Menschen mit "wirklich tiefer Kenntnis" von Kinderschutz und Pädagogik sitzen sollen.

Auch zur vollständigen Besetzung der Reformkommission unter der Leitung von Ex-OGH-Präsidentin Irmgard Griss wollte Schlack vorerst keine Details nennen, das liege im Ermessen von Griss. Die Juristin erklärte am Nachmittag auf APA-Nachfrage, dass neben den drei bereits bekannten Mitgliedern bereits ein weiterer Experte feststehe, wollte jedoch keinen Namen nennen. "Das wird morgen kommuniziert, wenn wir die erste Sitzung haben", sagte Griss.

Ombudsstellen aufgestockt

Schlack betonte zudem, dass die Ombudsstellen auf sechs Fachkräfte aufgestockt worden seien. "Da können sich Ehemalige hinwenden und über etwaige Vorfälle informieren", sagte die Geschäftsführerin. "Diese Schritte zeigen: Wir warten nicht ab, wir handeln." Sie verwies zudem auf einen im Februar 2025 installierten Compliance-Bereich, der auch ein bereits 2022 eingeführtes Whistleblowing-System umfasse. "Auch ich als Geschäftsführerin habe hier keinen Zugriff", sagte Schlack.

Christian Rudisch, seit 2022 Leiter des von den Missbrauchsvorwürfen betroffenen Kinderdorfs in Imst, skizzierte zudem die Anforderungen an das Personal. Das seien eine "abgeschlossene psychosoziale Ausbildung, mehrere Leitungserfahrungen, auch Führungskompetenz", sagte Rudisch.

Ein Bericht der Wochenzeitung "Falter" über Vorwürfe gegen das SOS-Kinderdorf am Standort in Moosburg in Kärnten hatte Mitte September die Missbrauchscausa ausgelöst. Kurze Zeit später kamen auch Vorwürfe gegen die Kinderdörfer in Imst in Tirol sowie im Salzburger Seekirchen ans Licht. Mittlerweile ermitteln die Staatsanwaltschaften in Klagenfurt, Innsbruck sowie Salzburg.

(APA/Red)

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