Unter dem Titel “Ganz rein!” widmet sich das Museum einer Auseinandersetzung mit Sexualität, Ehe, Weiblichkeit, Reinheit, Unreinheit, religiöser Tradition sowie umstrittenen Geschlechterrollen. Anlass ist die Restaurierung der ältesten Mikwe Österreichs, die in Hohenems erhalten ist. Dabei geht das Team um Direktor Hanno Loewy neue Wege in der Vermittlungsarbeit und gründet ein Internetradio.
Bei einer Mikwe handelt es sich um ein von Regen- oder Grundwasser gespeistes Tauchbecken, das im Judentum zur rituellen Reinigung dient. So ist es etwa Tradition, dass Frauen am Vorabend ihrer Hochzeit oder nach einer Entbindung die Mikwe besuchen, in orthodoxen Kreisen auch Männer vor Beginn des Sabbats. Es handle sich um einen Aspekt jüdischen Lebens, der oft im Schatten stehe, weil er sehr persönlich und intim sei, erklärte Loewy. Dabei habe die Mikwe eine mit der Synagoge vergleichbare Bedeutung. Die Hohenemser Mikwe wurde 1829 nach damals modernen hygienischen Standards errichtet und nun restauriert.
Die Vielfalt der Bauformen der Mikwen durch die Jahrhunderte in ganz Europa hat der Frankfurter Fotograf Peter Seidel in Architekturstudien festgehalten. Die Bilder sollen in Hohenems in einer räumlichen Installation als transparente Großdias zu sehen sein. Erstmals in Europa präsentiert die Ausstellung das “Mikwen Projekt” der amerikanischen Künstlerinnen Janice Rubin und Leah Lax. Die beiden beleuchten in ihren Arbeiten über Unterwasseraufnahmen, Porträts und Interviews die Erfahrungen jüdischer Frauen in den USA mit dem Ritualbad, das dort teilweise eine Renaissance erlebt. Ihnen gegenüber gestellt sind Zitate von europäischen, israelischen und amerikanischen Frauen, die das Mikwe-Ritual kritisch sehen.
“Ganz rein!” ist eine Kooperation mit den Jüdischen Museen Frankfurt am Main, Fürth und Wien, dort wird die Ausstellung ebenfalls zu sehen sein. Zur Vernetzung und Verbreiterung der Auseinandersetzung ist mit “Radio Mikwe” ein Internetradio geplant, das mit Musik, Literatur, Reiseberichten und Wissenschaftssendungen aufwarten wird. Zu dem “Experiment” gebe es bereits “enthusiastische Reaktionen”, so Loewy. Das Programm soll auch über Hörstationen in Vorarlberger Bildungseinrichtungen zu erleben sein, beispielsweise im Frauenmuseum Hittisau (Bregenzerwald), das sich des Themas im “1. Vorarlberger Frauendiskurs” annimmt. Dazu kommt ein vielfältiges Rahmenprogramm, etwa Vorträge und Filme.
2010 will Loewy außerdem weiter am Aufbau einer eigenen Sammlung des Museums arbeiten, für die ein Depot angemietet und ein Historiker eingestellt wurde. Dieses Projekt sei wichtig für die Entwicklung des erst 1991 gegründeten Hauses, das so die Position eines “Treuhänders der Erinnerung” festigen möchte. Der Förderverein und der Bund brächten sich dabei verstärkt ein, er hoffe trotz schwieriger Budgetsituation auch auf mehr Engagement des Landes und der Stadt Hohenems, so Loewy.
Die zu Ende gehende Schau “Hast Du meine Alpen gesehen?” sei eine der erfolgreichsten Ausstellungen des Museums bisher gewesen. 2009 besuchten 13.300 Gäste das Jüdische Museum, eine Verdreifachung seit 2003, wie Loewy betonte. Im abgelaufenen Jahr steuerten die Stadt Hohenems und das Land Vorarlberg je 221.000 Euro bei. Die Eigeneinnahmen hätten sich seit 2002 von 70.000 Euro ebenfalls mehr als verdreifacht.
Jüdisches Museum Hohenems, Villa Heimann-Rosenthal, Schweizer Straße 5, A-6845 Hohenems – Eröffnung von “Ganz rein!” am 7. März 2010, 11.00 Uhr – Im Internet unter http://www.jm-hohenems.at oder unter E-Mail office@jm-hohenems.at – Öffnungszeiten Museum und Cafe: Dienstag bis Sonntag und an Feiertagen 10.00 bis 17.00 Uhr
Loewy: Das Jüdische Museum tut Hohenems gut
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Sonderausstellung Mikwen
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