Michael Ludwig: Wiens alter und neuer Bürgermeister im Porträt

Der Wiener Bürgermeister heißt weiter Michael Ludwig. Ein echter Feiertag war der Wahl-Sonntag für den roten Stadtchef vielleicht nicht, aber trotz Verlusten seiner SPÖ findet er am Montag wohl eine sehr gemütliche Situation für die anstehenden Regierungsverhandlungen vor. Bestätigen sich die Hochrechnungen, kann er zwischen vier potenziellen Partnern wählen.
Nachfolger von Häupl
Ludwig hat sicher seinen Anteil am weiter starken Abschneiden der Wiener Roten. Längst ist er aus dem Schatten seines Vorgängers Michael Häupl getreten. Diesen hat er 2018 beerbt. Seither ist er die unumstrittene Nummer eins in der Wiener Landespartei.
Bei einem Sonderparteitag konnte er sich damals gegen seinen Kontrahenten Andreas Schieder durchsetzen. Ambitionen auf den Chefposten waren ihm schon länger nachgesagt worden. Wenn es damals zwei Lager in der SPÖ gegeben hat, so sind die Gräben längst zugeschüttet. Dass Ludwig die Partei rasch geeint hat, werden wohl nicht einmal politische Gegner bestreiten.
Dass der neue Mann an der Spitze trotzdem gelegentlich als "Bürgermeister Michael Häupl" begrüßt wird, liegt wohl auch am gemeinsamen Vornamen. Häupl holte Ludwig jedenfalls in die Stadtregierung, nämlich im Jänner 2007. Der am 3. April 1961 geborene Wiener übernahm damals den Stadtratsposten für Wohnen und Stadterneuerung vom späteren Kanzler Werner Faymann, der als Infrastrukturminister in den Bund ging.
Vizebürgermeister Ludwig
Im März 2009 stieg er zudem zum Vizebürgermeister auf, wobei er den Titel bei der Erstauflage von Rot-Grün im Jahr 2010 an Neo-Stadträtin Maria Vassilakou (Grüne) abgeben musste. Seine politische Laufbahn begann Ludwig erst relativ spät. 1994 wurde er zum Bezirksrat in seinem Heimatbezirk Floridsdorf gewählt. Dort ist er auch Bezirksparteiobmann. Und er betont auch stets, dass ihm die sogenannten Flächenbezirke besonders am Herzen liegen.
1996 zog er in den Bundesrat ein, wo er drei Jahre blieb. Im Gemeinderat übernahm Ludwig dann den Posten des stellvertretenden Vorsitzenden des Kulturausschusses. Für diese Aufgabe hatte er in seinem Hauptberuf Erfahrung sammeln können. Der Politologe und Historiker ist Vorsitzender des Verbandes Wiener Volksbildung und damit Chef der traditionsreichen Volkshochschulen im Roten Wien.
Ludwig war als Kurs- und Projektleiter in der Erwachsenenbildung tätig, bevor er 1986 zum pädagogischen Leiter einer Volkshochschule avancierte. Daneben war er von 1991 bis 2007 Landesstellenleiter in der politischen Akademie der SPÖ, dem Dr. Karl-Renner-Institut.
Lange Zeit wurde ihm nachgesagt, zum "rechten Flügel" der Partei zu gehören. Dass er Wienerinnen und Wiener als Wohnbaustadtrat bei der Vergabe von Gemeindebauwohnungen bevorzugte und als frischgebackener SPÖ-Chef ein Alkoholverbot am Praterstern ankündigte, schienen diese Einschätzung zu bestätigen. Tatsächlich blieb der Kurs der Wiener Roten jedoch weitgehend unverändert, etwa was die Sozialpolitik betrifft.
Partnerwechsel nach Wien-Wahl
Dass sich Ludwig nach der Wahl 2020 von Rot-Grün verabschiedete und ein Bündnis mit den NEOS schmiedete, hatte vermutlich ebenfalls wenig mit Ideologie- oder Richtungsdebatten zu tun. Vielmehr schien das Verhältnis zur damaligen Grünen-Chefin Birgit Hebein nicht das beste zu sein. Die Koalition mit den Rathaus-Pinken verlief hingegen weitgehend friktionsfrei.
Die Ludwig-Jahre waren auch stark von der Corona-Pandemie geprägt. Hier setzte der Bürgermeister auf nachvollziehbare Entscheidungsfindung. Einschränkungen oder etwaige Lockerungen wurden stets nach ausführlichen Beratungen mit einem aus Fachleuten bestehenden Gremium verkündet. Die Wiener Regeln waren mitunter strenger, wurden aber von der Bevölkerung großteils mitgetragen.
Kritik an Ludwig
Tatsächlich heftige Kritik war hingegen auf den Stadtchef im Sommer 2022 eingeprasselt. Er hatte der Wien-Energie Milliardenkredite gewährt, die aufgrund von exorbitant gestiegener Sicherheitsleistungen an den Strombörsen ins Schleudern geraten war. Ludwig bezeichnete die Darlehen als alternativlos. Dass er weder Stadtsenat noch Gemeinderat umgehend informiert hatte, wurde ihm jedoch lange vorgehalten.
Zurückhaltend zeigte sich Ludwig auch meist parteiintern - zumindest nach außen hin. Spitzen gegen die jeweiligen Bundesparteichefs gibt es von ihm nur äußerst selten zu hören. Lange Zeit stärkte er etwa Pamela Rendi-Wagner als Parteivorsitzender den Rücken, ehe die Wiener Landespartei Andreas Babler zum Parteichef dirigierte, um Hans Peter Doskozil zu verhindern.
Zu hören war, dass Ludwig bei der jüngsten Regierungsbildung die Einbindung der Wiener Partei als ausbaufähig bemängelte. Letztendlich wurde Ludwigs Finanz- und Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke in die Bundesregierung entsendet. Es war erst der erste Abgang in der von Ludwig nominierten roten Stadtregierungsriege.
Freudvolle Erlebnisse hatte Ludwig im Rathaus auch im privaten Bereich: 2018 heiratete er im Roten Salon des Rathauses seine langjährige Lebensgefährtin Irmtraud Rossgatterer. Als politisches Vorbild nennt er Bruno Kreisky, musikalisch ist er Fan vom Ostbahn-Kurti und den Wiener Symphonikern. Auch beim Lieblingsgetränk zeigt er sich lokalpatriotisch: Wiener Wasser. Ohnehin gilt Ludwig als weniger trinkfreudig, als dies manchem Vorgänger nachgesagt wurde.
Ludwigs Kurzbiographie
Zur Person: Michael Ludwig, geboren am 3. April 1961 in Wien, verheiratet. Mit Doktorat abgeschlossenes Studium der Geschichte und Politikwissenschaft. Ab 1991 Landesstellenleiter des Renner-Instituts Wien. 1994-1995 Bezirksrat in Floridsdorf. 1996-1999 Mitglied des Bundesrats. Ab 1999 Abgeordneter zum Wiener Landtag. Mit Jänner 2007 Wohnbaustadtrat. Seit Jänner 2018 Wiener SPÖ-Chef, seit Mai 2018 Bürgermeister von Wien.
(APA/Red)
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