Menschen mit Schäden im Hirnareal Amygdala neigen zu Selbstlosigkeit
Das konnten Wiener und südafrikanische Wissenschafter in einem Vergleich des Verhaltens gesunder und erkrankter Probanden zeigen. Wie die Forscher in der Fachzeitschrift PNAS berichten, legen die Studienerkenntnisse nahe, dass dieses Hirnareal eine zentrale Rolle bei der Steuerung zwischenmenschlichen Verhaltens einnimmt.
An sozialen Entscheidungsprozessen beteiligt
Man weiß bereits, dass die Amygdala bei der emotionalen Bewertung von Alltagssituationen und der Analyse von Gefahren wichtige Bedeutung zukommt. So haben vor einigen Jahren Studien gezeigt, dass Menschen mit einer durch eine Erbkrankheit stark beeinträchtigten Amygdala keine Angst kennen. Bildgebende Studien würden zudem darauf hindeuten, dass der Mandelkern auch an sozialen Entscheidungsprozessen beteiligt ist, erklärte einer der beiden Studienleiter, Jack van Honk von der Universität Kapstadt, in einer Aussendung der Forscher.
Van Honk hat gemeinsam mit dem Neurobiologen Christoph Eisenegger vom Bereich Biologische Psychologie der Universität Wien in einem Vertrauensspiel das Sozialverhalten von drei Probanden mit einer spezifischen Schädigung der Amygdala untersucht und mit zwölf gesunden Personen verglichen. Bei den drei Patienten ist aufgrund der genetisch bedingten Urbach-Wiethe-Krankheit ein spezieller Teil des Mandelkerns, die sogenannte basolaterale Amygdala, durch Verkalkungen geschädigt.
In dem Rollenspiel erhielten die Versuchsteilnehmern einen bestimmten Geldbetrag. Sie konnten davon eine beliebige Menge einem fremden Treuhänder überweisen und wussten, dass der überwiesene Betrag auf jeden Fall verdreifacht wird. Allerdings würde der Treuhänder erst im Nachhinein entscheiden, ob er einen Teil des verdreifachten Betrags an die Probanden zurückgibt. “Wenn also Vertrauen da ist, könnten beide Seiten – der Investor und der Treuhänder – etwas von dem Geschäft haben”, erklärte Eisenegger gegenüber der APA.
Egoistisches Verhalten angelernt
Alle Probanden betonten, keinen persönlichen Gewinn aus der Transaktion erwartet zu haben. Dennoch haben die Personen mit geschädigter Amygdala das Doppelte der Beträge der gesunden Vergleichspersonen investiert. Die Wissenschafter schließen daraus einen Zusammenhang zwischen einer Läsion der basolateralen Amygdala und Altruismus. Sie sehen ihre Ergebnisse im Einklang mit der Annahme, “dass Menschen primär und impulsiv helfen und kooperieren, während egoistisches Verhalten erst durch soziale Interaktion gelernt wird – wozu wiederum die basolateralen Amygdala notwendig ist”, schreiben sie in PNAS.
Höhere Risikobereitschaft
Dass nicht die schon früher gezeigte höhere Risikobereitschaft aufgrund verminderter Angst der Grund für die höheren Investitionen ist, konnten die Forscher durch ein parallel durchgeführtes Kontrollspiel ausschließen, erklärte der neben der Uni Wien auch an der Universität Cambridge beschäftigte Eisenegger. Dort ging es darum, Lotterielose zu kaufen – also ein Spiel ohne soziale Konsequenzen. Bei dieser Lotterie zeigten die Versuchspersonen mit Amygdala-Schäden keine höhere Investitionsbereitschaft.
(APA)
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