Mahrer hält sich trotz Nachfolgespekulationen bedeckt
Nachdem Harald Mahrer als Präsident der Wirtschaftskammer nach den jüngsten bekannten Vorgängen mit offenen Rücktrittsaufforderungen gewichtiger Partei- und Wirtschaftskammerkolleginnen konfrontiert ist, war am Donnerstag vorerst offen, wie es nun weitergeht. "Kein Kommentar", hieß es auf APA-Anfrage, ob Mahrer auf die Forderungen reagieren, sich äußern wolle. Unterdessen begann das Rad der Nachfolgespekulationen heißzulaufen.
ÖVP-Insider sprechen von Mahrers Rücktritt
Zeitungen zitierten am Donnerstag ÖVP-Insider, wonach Mahrer vor dem Rücktritt stehe. Eine entsprechende Erklärung könnte im Fall des Falles kurzfristig erfolgen - also am Donnerstag oder Freitag. Bestätigt ist davon vorerst nichts. Mahrer selbst schien Donnerstag einen Abwehrkampf für seine Funktion zu versuchen.
ÖVP-Kennerin und Kommunikationsexpertin Heidi Glück sah für den Erhalt von Mahrers Posten auf ORF III allerdings keine Chance, die Würfel seien gefallen. Die starke Stimme die Unternehmen bräuchten "gibt es nicht mehr mit ihm". Wenn er bleibe, werde Mahrer zu einer "lame duck" als Chef des wichtigen Sozialpartners. Dieser Begriff bezeichnet Menschen in hohen politischen Funktionen, deren Hausmacht geschwunden ist. Nötige Reformen könne Mahrer nicht mehr umsetzen.
Mahrer hält sich bedeckt
"Kein Kommentar", hieß es von einem Mahrer-Sprecher auch auf die APA-Frage, ob man im Präsidium der Bundeswirtschaftskammer dem Schritt des Präsidiums der niederösterreichischen Wirtschaftskammer folgen wolle. Diese setzt die höchst umstrittenen Erhöhungen ihrer Gagen vorerst - bis zu einer erfolgten Rechnungshofprüfung - aus.
Heiße Diskussion rund um Nachfolge
Unterdessen begann das Rad der Nachfolgespekulationen heißzulaufen. Eine heiße Aktie vom beruflichen Werdegang her könnte hier beispielsweise die Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium Elisabeth Zehetner (ÖVP) sein. Sie kennt die Wirtschaftskammer bestens. Sie war Bundesgeschäftsführerin der WKÖ-Organisation Frau in der Wirtschaft, leitete das Kommunikationsmanagement der Kammer. Sie war auch noch Leiterin der gesamten WKÖ-Geschäftsstelle von Junge Wirtschaft, Gründer-Service, Frau in der Wirtschaft und Einpersonenunternehmen - und Geschäftsführerin des Gründer-Service.
Doch auf APA-Anfrage, ob sie sich ob ihres Lebenslaufs nicht anbiete als Kammerchefin, winkte Zehetner ab und verteidigte Mahrer, der in seiner Funktion bleiben solle: "Ich kenne Harald Mahrer seit vielen Jahren und schätze ihn für seine Integrität und Tatkraft. Er hat die Kritik angenommen, rasch Konsequenzen gezogen und Reformen in Aussicht gestellt. Als Kennerin der Wirtschaftskammer weiß ich, welch hohen Wert diese Organisation für unsere Unternehmen und den Standort hat. Ich bin überzeugt, dass Harald Mahrer die Gestaltungskraft hat, diesen Wert zu vermitteln."
Als mögliche Nachfolgerinnen für Mahrer werden auch die Kammerchefinnen in Tirol und Oberösterreich, Barbara Thaler und Doris Hummer (beide freilich vom ÖVP-Wirtschaftsbund), gehandelt. Manche Beobachter meinen aber, diese fielen weg, da sie ja den Länderpräsidien angehören, die sich allzu hohe Entgelterhöhungen gönnen würden. Den beiden Frauen soll auch der Rückhalt aus anderen Ländern fehlen.
Weitere mögliche (Übergangs-)Kandidatin soll WKÖ-Vizepräsidentin Martha Schultz sein. Die Tiroler Unternehmerin sei auch bereit, so der ORF.
ÖVP-Urgestein als temporärer Nachfolger?
Spekuliert wird auch über eine Rückkehr des ÖVP-Urgesteins Karlheinz Kopf nach Wien. Er wurde nach seiner politischen Bundeskarriere, an deren Ende er unter anderem auch Generalsekretär der Bundeswirtschaftskammer war, noch Präsident der Landes-Wirtschaftskammer in Vorarlberg. Der 68 Jahre alte Wirtschaftsbündler und frühere zweite Nationalratspräsident könnte Ruhe in die Bundeskammer bringen. Doch mehr als ein Übergangskandidat wäre Kopf wohl alleine wegen seines Alters nicht - und auch Unternehmer war er nie, denn das soll laut einigen Berichten auch sehr gewünscht sein, es brauche einen "gestandenen Unternehmer". Kopf wollte gegenüber APA vorerst keine Stellungnahme abgeben.
Turbulente Zeiten für Harald Mahrer
Mahrer war im PR-Bereich tätig, kam wegen eines PR-Desasters rund um die Entgelterhöhungen in den Präsidien und für die WKÖ-Belegschaft deutlich über der Inflation sowie der einhergehenden missglückten Kommunikation heftig ins Stolpern. Als Präsident der Nationalbank hat er den Hut bereits genommen, die offenbar erhoffte Ruhe dadurch ist allerdings keineswegs eingekehrt.
Kickl für eine "totale Neuaufstellung" der WKÖ, Zuspruch aus Tirol
FPÖ-Chef und -Klubobmann Herbert Kickl sprach sich für eine "totale Neuaufstellung" der Wirtschaftskammer aus. Bei einer Pressekonferenz am Donnerstag kündigte er eine baldige Petition der Freiheitlichen Wirtschaft (FW) an, die sich für ein Ende der verpflichtenden WKÖ-Mitgliedschaft und ein "Aufbrechen der Machtstrukturen" in der Kammer ausspreche. Wenn man in der WKÖ die Notwendigkeit einer solchen Neuaufstellung nicht erkenne, dann sei "den Herrschaften nicht mehr zu helfen", so Kickl.
Der Tiroler Landesparteiobmann der Freiheitlichen, Markus Abwerzger, hat in der Debatte um Bezügeerhöhungen in der Wirtschaftskammer die Tiroler Kammerpräsidentin Barbara Thaler (ÖVP) zum Rücktritt aufgefordert. Diese sei in ihrer Funktion "untragbar" und solle "den Weg für einen Neuanfang auch in Tirol" freimachen, so der Tiroler Klubobmann am Donnerstag via Aussendung.
Grüne fordern mehr Effizienz und "Reform-Präsidentschaft"
Elisabeth Götze, Wirtschaftssprecherin der Grünen, bekräftigte via Aussendung, dass jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen sei, um grundlegende, jahrelang überfällige Reformen in den Wirtschaftskammern anzugehen. "Nach Jahren des Stillstands brauchen wir endlich die längst notwendige Neuaufstellung der Wirtschaftskammern. Jetzt ist die Zeit für eine Verschlankung der Strukturen, mehr Effizienz in den Abläufen, Serviceorientierung, Kostenwahrheit und vor allem eine Reform-Präsidentschaft." Was uns die aktuelle Krise ganz deutlich zeigt: Es kann nicht sein, dass eine derart wichtige Position mit einem Frühstücksdirektor besetzt wird. Die Führung einer so wesentlichen Institution braucht die volle Aufmerksamkeit einer künftigen Präsidentin oder eines künftigen Präsidenten. Vielfachfunktionärsträger sind da fehl am Platz."
(APA/Red)
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