AA

"Love Parade" für Klinsmann

Berlin außer Rand und Band - noch nie seit dem ersten Gewinn der Weltmeisterschaft 1954 ist eine deutsche Fußball-Nationalmannschaft so gefeiert worden.

14 Stunden nach dem mit 3:1 gewonnenen Platzierungsspiel gegen Portugal wurde die riesige Fan-Party mit mehr als 500.000 Anhängern vor dem Brandenburger Tor in Berlin auch zu einer „Love Parade“ für Jürgen Klinsmann.

„Tausend, tausend, tausend Dank, ihr seid fantastisch. Das ist unglaublich“, rief der sichtlich bewegte Bundestrainer in die Menge, doch die sehnlichst erhoffte Aussage über seine Zukunft ließ er sich auch beim rauschenden WM-Abschied nicht entlocken. „Ich kann das alles noch gar nicht begreifen. Gebt mir bitte noch ein paar Tage Zeit.“ Zwischen den Zeilen waren aber auch Töne herauszuhören, die gegen eine Verlängerung des Engagements sprechen. So sagte der 41-Jährige auch: „Das kann man nicht toppen.“

Auf die lange Bank schieben wird Klinsmann seine Zukunft nicht. Team-Manager Oliver Bierhoff kündigte ein Treffen schon für die kommende Woche an. Und ganz abtauchen würde Klinsmann auch dann nicht, wenn er dem DFB den Rücken kehren sollte und sich wieder in seine US-Wahlheimat zurückzöge. Für den negativen Fall möchte er wenigstens als „Helfer“ und „Dienstleister“ für die Nationalspieler zur Verfügung stehen: „Egal, wie jetzt die Entscheidung ausgeht, diese Bereitschaft und Nähe wird von meiner Seite aus immer da sein.“

Seine Familie, insbesondere seine Frau, wird maßgeblich mit an der Entscheidung über ein Weitermachen bis zur EM 2008 oder WM 2010 beteiligt sein. „Es ist aber nicht so, dass praktisch die Debbie entscheidet, wer in Deutschland Bundestrainer wird“, sagte sein engster Berater Roland Eitel dem ARD-Hörfunk: „Letztlich wird er die Entscheidung treffen.“

Mit Trikots mit der Aufschrift „Danke Deutschland“ und „Teamgeist 82 Mio“ in Anspielung auf die landesweite Unterstützung dankten bei der Fan-Party alle Mitglieder der deutschen Delegation. „Vielen, vielen Dank, ihr seid die Geilsten“, rief Kapitän Michael Ballack der überwiegend in Schwarz-Rot-Gold gekleideten Fanmenge vor dem Brandenburger Tor zu. Im besonderen Mittelpunkt der Ovationen standen die Jungstars Lukas Podolski, Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm. Kapitän Ballack hatte einen Schummelzettel aus dem Stutzen von Torwart Lehmann geholt und bedankte sich unter dem tosenden Beifall der Fans.

„Das sind Momente, die man nie vergisst“, sagte Abwehrspieler Christoph Metzelder und Ersatztorhüter Timo Hildebrand ergänzte: „Das ist Wahnsinn, was hier abgegangen ist in den letzten Wochen.“ Während Popstar Xavier Naidoo mit seinem Songtext „Was wir allein nicht schaffen, schaffen wir gemeinsam“ die Bedeutung des Teamgeistes für den Erfolg unterstrich, war Gerald Asamoah, David Odonkor und Podolski nur noch nach Gaudi zumute. Mit einer eigenwilligen Interpretation des Drafi-Deutscher-Hits „Marmor, Stein und Eisen bricht“ dankten sie den Fans.

Der Jubel war zum Orkan angeschwollen, als die Torhüter Jens Lehmann, Oliver Kahn und Timo Hildebrand um 12:36 Uhr als Erste die Bühne betreten hatten. Doch als eine Viertelstunde später Klinsmann gemeinsam mit Joachim Löw, Oliver Bierhoff und Andreas Köpke das Podium betrat, gerieten die Anhänger förmlich aus dem Häuschen.

Nachdem die Sportfreunde Stiller am Ende der 45-minütigen Jubelparty ihren bereits auf die nächste WM in Südafrika umgetexteten Song “’54, ’74, ’90, 2010“ angestimmt hatten, zeigten sich auch die Fans für das Turnier in vier Jahren zuversichtlich. „Das Wunder von Johannesburg“, stand auf einem großen Plakat zu lesen.

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Fußball-WM 2006
  • "Love Parade" für Klinsmann