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Lotsin durch die Untiefen des Ehe-Alltags

Feldkirch - An schwärmerischen Jungmädchentagen sah sich die gebürtige Bregenzerin schon als Tierärztin -  "Gelandet bin ich bei einer Bank."

Nachdem die ersten beiden Kinder aus dem Gröbsten raus waren, stand dann die Frage des beruflichen Wiedereinstiegs an. So um­reißt die heutige Leiterin des Ehe- und Familienzentrums ihren Weg in die katholische Lehranstalt und Beratungsstelle. Den Bereich „Jugend und Liebe“ hat sie behalten, weil sie das bloße Administrieren nicht ausfüllt. Das Wort „Lehnstuhl“ fällt. Sie schmunzelt. Dann wischt sie‘s weg.

Fast 3000 Klienten

Wer nimmt eigentlich die Hilfe des kircheneigenen Beratungsdienstes in Anspruch? „Auch Muslime“, sagt sie gleich, beinah reflexartig. Gewiss habe der Name „Ehe- und Familienzentrum“ einen Klang, aber „wer diese Hürde erst einmal genommen hat, fragt nicht nach religiösen Haltungen, sondern ist heilfroh, hier zu sein“. Immerhin 2834 Klienten ließen sich im Vorjahr 5134 mal beraten. Die sechs Mitarbeiter und freie Helfer schaffens gerade noch. Die Fallzahlen wachsen, „die Finanzmittel tun das nicht“. Wollte sie das Hauptproblem schildern, das jungen und alten Klienten gleichermaßen in die Knochen fährt, sie griffe zum Wort „Druck“.

Druck, „den die Wirtschaft auf die Eltern ausübt, die Schule auf die Kinder, ein Kind auf das andere.“ Der allgemeine Druck, „entsprechen zu müssen“ und es immer öfter nicht zu können. Dieses vermeintliche Versagen tragen Menschen in die Feldkircher Herrengasse, und Ingrid Holzmüller hört ihnen zu. Zieht nicht wie ein Guru die Patentlösung aus der Jutetasche, sondern scheitert auch selber immer wieder, „mit Humor und Gelassenheit“. Ihre Beratungen verlaufen ergebnisoffen, „alles andere wäre nicht seriös“. Und wenn ein Paar sich scheiden lässt?

„Dann versuchen wir, sie auch auf diesem Weg möglichst gut zu begleiten.“ Heuer wird das Ehe- und Familienzentrum, das der derzeitige Bischof Elmar Fischer gegründet hat, 30 Jahre alt. Ingrid Holzmüller genießt neben den Töchtern Ines (25) und Christina (23) mit dem 16 Jahre alten Sohn Lukas sozusagen privaten Anschauungsunterricht in Sachen Pubertät. Sie weiß um den Bedarf der Jungen an Freiräumen. Sie kennt ihren kritischen Geist. Sie schätzt ihn, vielleicht, weil sie sich selber ein gutes Stück davon bewahrt hat.

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