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Löhle spielt im Vorarlberger Theater Kosmos mit Klischees hinter der Xenophobie

©Theater Kosmos
Bregenz. Mit dem Stück "Wir sind keine Barbaren!" von Philipp Löhle hat sich das Bregenzer Theater Kosmos in seiner aktuellen Produktion der Flüchtlingsthematik angenommen. Es erheitert, unterhält, fesselt und am Ende trifft es einen doch in der Magengrube und schickt einen betroffen nach Hause.
Szenenbilder "Wir sind keine Barbaren"

Das Premierenpublikum am Donnerstag zollte dem Werk Anerkennung durch verhaltenen, aber langen Schlussapplaus.Bregenz. Zu Beginn und zwischen den Szenen hört man Schlagerklänge – sie gehen ins Ohr und werden zum fast unerträglichen Ohrwurm.

Genauso unerträglich wie die Klischees, die Löhle seinen Figuren in den Mund legt oder die in der Inszenierung zu hören und von den Rückwänden der Bühne abzulesen sind: “Wir sind das Volk, das Gegenteil von Individuum. Wir haben viel. Angst gekündigt zu werden.[…] Angst, dass unsere Eltern unser Erbe verprassen…”.

Das erheitert natürlich auch, aber vor allem bildet es den Rahmen, ein grandioses Stimmungsbild und das bunte Umfeld für die Handlung: Neben der Wohnung von Barbara und Mario ist ein neues Pärchen eingezogen – Linda und Paul. Das erste Kennenlernen verläuft etwas holprig, aber man ist trotzdem in der üblichen Art und Weise nachbarschaftlich verbunden. Eines Nachts taucht ein Fremder auf, dem Barbara kurzerhand Asyl gewährt.

Der Fremde ist auf der Bühne nie zu sehen, trotzdem aber immer präsent – als Bedrohung und gleichzeitig Verlockung. Dann wird Barbara tot aufgefunden, alles deutet auf den Flüchtling als Täter hin. Einzig die heimkehrende Schwester hinterfragt das Motiv. Warum sollte er die Hand beißen, die ihn so hingebungsvoll füttert? Die Aggression der anderen, die ihren Schuldigen bereits gefunden hatten, richtet sich gegen die “Verräterin des eigenen Volkes”. Die Situation eskaliert.

Philipp Löhle lieferte eine hintergründige Komödie und Regisseur Augustin Jagg verpasste seiner Inszenierung einen dosiert ironisch-komödiantischen Anstrich. Die Handlung versetzte Jagg nach Bregenz. Gespielt wird in einem wunderbaren Bühnenbild von Vazul Matusz, einer modern, sehr reduziert eingerichteten Wohnung, die ebenso eine Container-Unterkunft sein könnte. Durch eine rollbare Trennwand können die beiden Pärchen mühelose zwischen den beiden Wohnungen, die sich spiegelverkehrt gegenüber liegen, hin und her wechseln.

Herwig Hammerl ist seit vielen Produktionen der Garant für die passende musikalische Stimmung. Für dieses Werk lieferte er einen unvergleichlichen Schlagersound, der genau passt und wohl gerade deswegen hart an die Schmerzgrenze geht. Hervorragend ist die Ensemble-Leistung. Anja Pölzl war schon in mehreren Produktionen im Kosmos Theater zu sehen und spielt die hingebungsvoll helfende Barbara wunderbar.

Gottfried Neuner als Mario und Anu Anjuli Sifkovits als Linda, die skeptisch ist und Klischees ausspricht, sind erstmals im Theater Kosmos zu Gast. Jan Westphal spielt etwas naiv, aber sympathisch, als Paul ist er allerdings nicht immer ganz konsequent in der Darstellung seines körperlichen Gebrechens.

Ein Theaterabend, der trotz des schwierigen Themas von Anfang an spannend und unterhaltsam ist, und gegen Ende auch sehr berührt. Letzteres war dem Schlussapplaus anzumerken. Noch unter dem Eindruck der letzten Szenen und dem Gefühl der Betroffenheit fiel dieser am Ende verhalten aus, war aber trotzdem langwährend. (red/APA)

Spielplan im Theater Kosmos

“Wir sind keine Barbaren!”
Schauspiel von Philipp Löhle

Weitere Vorstellungen: 16., 21., 22., 23., 28., 30. April und 6., 7., 12., 13., 14. Mai 2016, jeweils um 20 Uhr
Karten unter 05574/4080 oder www.theaterkosmos.at oder an der Abendkasse ab 19 Uhr unter 05574/44034

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