Linke Träumereien

In der österreichischen Politik gibt es zu wenige Typen wie Andreas Babler. Nämlich leidenschaftliche Kämpfer für eine Sache, die sie gut für die gesamte Gesellschaft finden. In Traiskirchen, seiner Gemeinde, ist der 50-jährige Bürgermeister sehr erfolgreich damit und feiert große Wahlerfolge.
Jetzt hat er es auch in seiner Partei, der SPÖ, weit gebracht. Allein schon, dass er bei der bundesweiten Mitgliederbefragung über den Vorsitz nur knapp hinter Hans Peter Doskozil, aber vor Pamela Rendi-Wagner blieb, ist eine Sensation. Erklärbar ist das vor allem dadurch, dass er nach unzähligen Jahren des pragmatischen Dahinwurstelns der Partei eine Sehnsucht nach einer klar linken Politik erfüllt und schon einmal wissen lässt, dass er die Sozialdemokratie wieder auf 40 Prozent führen könnte. Das kommt an.
So etwas sagt er derart selbstbewusst und überzeugend, dass nicht wenige Anhänger von ihm glauben, dass mit einer linken Politik zusammen mit den Grünen eine Mehrheit links der Mitte, also Rot-Grün, möglich wäre. Das ist jedoch Träumerei.
Österreich ist alles in allem noch immer ein konservatives Land mit sehr vielen bürgerlichen Menschen im weitesten Sinne, die katholisch geprägt sind und denen zum Beispiel Eigentum wichtig ist; die sich nach Recht und Ordnung sehnen und Fremdem distanziert gegenüberstehen. Mit der EU werden sie zwar auch nicht warm, wenn dann aber einer wie Babler erklärt, dass das ein „neoliberalistisches, protektionistisches, konkurrenzaufbauendes“ Konstrukt sei, dann ist ihnen das suspekt. Da ist ihnen ein Herbert Kickl, der das Nationale betont, lieber.
In der Geschichte der Zweiten Republik gab es kaum Phasen, in denen es eine Mehrheit links der Mitte gegeben hätte. Und selbst wenn, dann war das relativ. Als Beispiel kann man etwa die absoluten Mehrheiten anführen, die Bruno Kreisky in den 1970er Jahren der SPÖ bescherte. Ebendiese sind ihm aber nur gelungen, weil er sich auf das konservative Österreich zubewegte und sich unter anderem gegenüber der Kirche - und damit den damals noch zahlreichen Gläubigen - öffnete.
Als zweites Beispiel gilt ein jüngeres: Alexander Van der Bellen ist es als ehemaligem Grünen-Chef zwei Mal gelungen, mit mehr als 50 Prozent der Stimmen zum Bundespräsidenten gewählt zu werden. Aber nicht, indem er das Kapital angeprangert hätte, sondern indem er betont gemäßigt auftrat, immer wieder eine Heimatverbundenheit betonte und sich gerne auch durch eine Blasmusikkapelle begleiten ließ.
Dass sich in Wien schon länger Rot-Grün ausgeht bzw. ausgehen würde (derzeit regiert Rot-Pink); oder dass in Graz die Kommunisten vorne liegen, ist kein Hinweis darauf, dass das bundesweit gehen würde. Das sind urbane Räume, in denen eine linke Mehrheit alles andere als außergewöhnlich ist. Nimmt man ländliche Regionen vom Boden- bis zum Neusiedlersee dazu, schaut’s anders aus.
Was allenfalls möglich ist, haben Kreisky und Van der Bellen gezeigt: Man kann sich von links kommend durchsetzen, wenn man sich in der Mitte positioniert und so auch Wähler überzeugt, die schon einmal die Schwarz-Türkisen oder gar die Blauen gewählt haben - aber nicht, wenn man eine pointiert linke Politik propagiert, wie es Babler immer wieder tut.
Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik
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