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Lillian - Kritik und Trailer zum Film

Lillian (Patrycja Planik) ist als Emigrantin in New York gestrandet und möchte von dort aus in ihre Heimat Russland zurück - zu Fuß. Der österreichische Regisseur Andreas Horvath hat aus dieser Grundidee ein Road Movie der anderen Art gemacht, das quer durch die USA bis in die Kälte Alaskas führt. In seinem ruhigen Erzählfluss orientiert er sich an der wahren Geschichte Lillian Allings, die in den 1920er-Jahren entschlossen hatte, zu Fuß von New York nach Russland zu wandern.

Zu einer Reise durch ein "Waste Land" lädt der Salzburger Andreas Horvath mit seinem neuen Film "Lillian". Er folgt seiner Hauptdarstellerin Patrycja Planik zwei Stunden lang auf einer langen Wanderung von New York City nach Alaska. So beredt die Bilder, so stumm die Protagonistin. Ab Freitag im Kino.

Lillian - Kurzinhalt zum Film

"Njet" ist das einzige Wort, das von der Zentralfigur im ganzen Film zu hören ist. Nein, sie hat keine Erfahrung als Darstellerin in Hardcorepornos, und deswegen wird sie auch nicht engagiert. Der Produzent, der mit ihr Russisch spricht, rät ihr angesichts fehlender Papiere zu einer Rückkehr nach Russland, das er ihr als neues Land der unbegrenzten Möglichkeiten empfiehlt. Sie beherzigt den Rat ansatzlos - und bricht zu Fuß auf.

Mit Fragen nach Plausibilitäten darf man sich bei dem Film, der einerseits als Spielfilmdebüt des 1968 geborenen Salzburgers (zuletzt: "Helmut Berger, Actor", 2015) angekündigt wurde, andererseits auch viele Dokumentarfilmelemente enthält, nicht aufhalten. Orientierung bietet dagegen die wahre Geschichte der Lillian Alling, die in den 1920er-Jahren tatsächlich von New York zu Fuß Richtung Beringstraße aufgebrochen war, um nach Russland zu gelangen. Horvath liefert aber kein Biopic, sondern eine faszinierende Reise durch den nordamerikanischen Kontinent, ein Roadmovie zu Fuß, bei dem der Zustand der Protagonistin ebenso wichtig ist wie ihre Begegnungen mit der Natur und den Menschen.

Die junge polnische Fotografin und Regisseurin Patrycja Planik (Polin ebenso wie die echte Lillian) spielt die Titelrolle, und die Kamera folgt ihr auf dem Fuß quer durch den Kontinent. Als besonderen Kunstgriff zieht Lillian vor, sprachlich gar nicht zu kommunizieren. Man muss sich ihren Antrieb und ihren Seelenzustand also zusammenreimen. Das ist umso leichter, als sowohl die Landschaft, die sie durchquert, als auch die Menschen, auf die sie trifft, genügend Geschichten erzählen. Es ist kein stolzes, sondern ein ziemlich devastiertes Land, das sie als Tramp durchquert. Sie nächtigt in verlassenen Häusern oder Industrierohren, übersteht einen Hagelsturm in einem Mobilklo und versorgt sich auf Flohmärkten oder Kleiderausgabestellen mit neuem Gewand. Wer Amerika "great again" machen will, wird viel Arbeit haben.

Lillian - Die Kritik

"Lillian" ist auch eine Überlebensgeschichte. Menschen sind ihr deutlich gefährlicher als die Natur, wobei Horvath auch eine zentrale Verfolgungsjagd in einem Maisfeld, bei der Lillian ihrem Jäger und wohl potenziellen Vergewaltiger knapp entkommt, nicht mit Spannungselementen versehen hat. Es ist eine ruhige, geradezu kontemplative Geschichte, die er erzählt, eine Wanderung auch als Selbstfindung, bewusst hart kontrastiert mit dem geschäftigen und unreflektierten Treiben des American Way of Life: Ländliche Radiostationen bilden oft die einzige Tonspur, rurale Freizeitvergnügen wie patriotische Umzüge oder Autodemolierungswettkämpfe den ethnologischen Hintergrund.

"Lillian" benötigt die Bereitschaft, sich einzulassen auf eine Erzählweise, die sich Zeit nimmt und nichts auserzählt. Aber nur, wer bereit ist für ein Abenteuer, wird auch neue Erfahrungen machen. Ob er dabei den Hintern aus dem Kinofauteuil hochkriegt oder nicht.

Alle Spielzeiten auf einen Blick

(APA/Red)

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