Was ist das für ein verrückter Lehrer, der seine Schülerinnen während der Schularbeit per Handy Telefonjoker um Rat fragen lässt? Der mit einer großen Glocke aus Erz feierlich die Prüfung einläutet, dann aber begütigend durch die Reihen schreitet und da und dort hilfreich zur Seite steht? Der das japanische Fernsehen nach Bregenz bringt und von einem examen publicum in der Sixtinischen Kapelle träumt? Was ist das für einer? Ein gemütlich dreinschauender Mitfünfziger, den man in den Straßen einer fremden Stadt gut und gerne um ein empfehlenswertes Speiselokal um Rat bitten würde. Dem bei genauer Betrachtung freilich ein ungeheurer Schalk in den Augenwinkeln sitzt. Und wie es bei wirklich gediegenem Humor der Fall ist, geht er einher mit Klugheit und Belesenheit. So einer ist das.
Ursprünglich Gesang als Ziel
Dabei wollte der gebürtige Hohenemser Reinhard Peter, der heute mit Familie in Altach lebt, gar nicht Lateinlehrer werden. Gewiss, er war ein guter Schüler. Aber weil ich Angst hatte. Schon damals dachte er insgeheim, während er Vokabeln büffelte puer hin, puella her das kann man doch ganz anders machen. Und doch wollte er eigentlich erst Sänger werden. Trat zur Aufnahmeprüfung im Salzburger Mozarteum an. Und ist mit Pauken und Trompeten durchgerasselt. Also doch Latein. Aber eben anders. Bei Peter gibt es wenig Frontalunterricht. Die Schülerinnen müssen selber arbeiten. Er lockert den Unterricht mit Präsentationen auf. Oder mit seinem Hobby, lateinischen Zitaten. Gleich hat er eines parat: Minima non curat praetor, was so viel heißt wie: Um Kleinigkeiten kümmert sich der Chef nicht. Der Prätor war einer der höheren Beamten der römischen Verwaltung und hatte auch richterliche Aufgaben wahrzunehmen. Im heutigen Rechtsgebrauch bedeutet das, dass sich das Gericht nicht um Kleinigkeiten kümmert. Das ist auch Peters Lebensmotto. Die großen Zusammenhänge im Auge behalten. Der Rest findet sich schon.
Beliebter Professor
Der gewieften Lateinschülerin aber sagt das, dass da einer nicht Vokabeln und Grammatik auf Punkt und Komma wissen will, und das zaubert das reizendste Lächeln in die Gesichter seiner Riedenburgerinnen. Das Bregenzer Privatgymnasium, das seit Jahren einen kontinuierlichen Aufschwung nimmt, wird ja nun dank Reinhard Peter auch im japanischen Fernsehen bekannt. Kyodo-TV wird die öffentliche Lateinschularbeit, in deren Verlauf 26 Schülerinnen der 5. und 7. Klasse Telefonjoker zurate zogen, am 26. März vor Millionenpublikum ausstrahlen. Am 14. April wiederholt sich das öffentliche Examen im Musensaal der Wiener Albertina. Und dann ist Schluss? Da verklärt sich das Antlitz des Magisters, denn ein Examen hat er noch in Planung. In Rom, im Vatikan, in der Sixtinischen Kapelle würde er seine Schülerinnen gerne einer öffentlichen Lateinschularbeit unterziehen. Papst Benedikt XVI. ist ja ein großer Lateiner, sagt Peter. Und so verrückt die Idee scheinen mag, wenns einer hinkriegt, dann Reinhard Peter vom Sacre Coeur Riedenburg in Bregenz. Da möchte man dann Kirchenmaus sein, wenn die Füllfedern im Angesicht von Michelangelos Jüngstem Gericht über die Prüfungsseiten sausen. Fehlt nur noch der Papst als Telefonjoker.
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