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Was der Landesveterinär, Norbert Greber, zur Situation am Hof sagt.
Was der Landesveterinär, Norbert Greber, zur Situation am Hof sagt. ©TSV, VOL.AT/Hartinger, Canva Pro

Kuhhaltung im Oberland: So reagiert der Landesveterinär

Mirjam Mayer (VOL.AT) mirjam.mayer@russmedia.com
Der Tierschutzverein Rankweil schlug gegenüber VOL.AT Alarm, was die Tierhaltung auf einem Hof im Oberland angeht. Wie Landesveterinär Norbert Greber die Vorkommnise sieht.
Tierschutzverein Rankweil schlägt Alarm

Am betreffenden Hof gab es diese Woche auch einen Vorfall mit einem nicht sachgerecht eingesetzten Bolzenschussapparat.

Wie VOL.AT vom Tierschutzverein Rankweil erfahren hat, gab es bereits eine amtstierärztliche Vor-Ort-Kontrolle im Betrieb. Ja, diese Kontrolle hätte stattgefunden, bestätigt Dr. Nobert Greber, Landesveterinär in Vorarlberg.

Was Landesveterinär Norbert Greber zu den Vorkommnissen am Hof sagt. ©VOL.AT/Hartinger

"Arbeitsüberlastung" durch Umbau

"Es ist ein bisschen eine verzwickte Sache. Die Leute bauen seit drei Jahren um und haben während dem Umbau einige Unwägbarkeiten erlebt", so Greber gegenüber VOL.AT. So sei zum Beispiel ein Heu-Kran installiert worden, dieser sei seit drei Jahren nicht in Betrieb, weil immer keine Stiege vor oder im Stall gebaut wurde. "Das zehrt eben an den Nerven dieser Leute", verdeutlicht er. Der Umbau laufe, es gebe Probleme mit dem bereits umgebauten Bereich. "Das bedingt dann insgesamt eine Arbeitsüberlastung und wohl aufgrund dessen ist der Zustand im Stall nicht so, wie wir uns das vorstellen von einer guten Tierhaltung." Über die zuständige Bezirkshauptmannschaft habe man nun mit einem Verbesserdungsauftrag reagiert. "Sie müssen einfach die Tierhaltung verbessern in puncto Hygiene, Misten, Einstreuen. Dann haben wir beauftragt, dass die Klauenpflege durchgeführt wird", gibt Greber zu verstehen. Das seien Maßnahmen, die das Tierwohl verbessern. Gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer werde geschaut, dass der Umbau rasch vonstattengehe.

Auslauf wurde vorgeschlagen

"Es ist ja geplant, die derzeitige Anbindehaltung in einen Laufstall umzubauen", erklärt Norbert Greber. "Das würde eine weitere Verbesserung für die Tiere bringen." Den Grund für den angeprangerten fehlenden Auslauf sieht Greber in der "Belastung, die insgesamt die Leute haben" und den von Haus aus nassen Böden, die es am Hof im heurigen Frühjahr gebe. Auch die Besitzer der eingestallten Pferde habe man etwa darum ersucht, vom Auslauf nach den starken Regenfällen Abstand zu nehmen, weil sonst die Wiesen kaputtgehen. "Dort, wo eigentlich die Wiese ist, war ein See. Es ist schon sehr glaubwürdig, dass da oben an Auslauf in den vergangenen Wochen, als es so viel geregnet hat, nicht zu denken war", so Greber. Der Auslauf wurde jetzt für die Kühe vorgeschlagen. "Das Jungvieh kommt auf die Alpe. Den Platz, den sie gewinnen, den brauchen sie für den Umbau. Wir haben aber vorgeschlagen, dass sie die Kühe trotzdem rauslassen, weil es für die Tiere besser wäre", erklärt er.

Eine Kuh guckt aus dem Stall am Hof. ©TSV

Stall muss fertig werden

Auslauf könne man nicht verordnen, sondern nur aufgrund der Tiergesundheit vorschlagen. Hier sei vom Gesetzgeber vorgeschrieben, dass Rinder an 90 Tagen auf der Weide sein müssen. "Ob jetzt ein Landwirt die 90 Tage Anfang des Jahres von April bis Juni macht oder am Schluss der Saison von August bis Oktober, das können wir nicht vorschreiben", verdeutlicht Norbert Greber. Wenn heuer noch ein Laufstall gebaut werde, dann erledige sich das Thema mit der Wiese. "Jedem, der einen Laufstall hat, kann man nicht mehr vorschreiben, dass die Tiere auf die Weide kommen müssen. Es wäre zwar gut für die Tiere – ganz zweifellos – , aber dann können die Kühe im Stall herumlaufen, sind nicht angebunden", schildert er. Wenn alles hinhaue, werde im Juni, wenn die Jungrinder auf die Alpe kommen, der Laufstallbereich gebaut, dann das Stallsystem installiert. Der Hof hätte also in rund zwei Monaten einen fertigen Laufstall.

Schädel der Kuh sichergestellt

Was die Tötung einer Kuh am Montag angeht, meint der Landesveterinär: "Hier ist es so, dass der Schädel der betroffenen Kuh sichergestellt wurde und veterinärmedizinisch untersucht wurde." Aufgrund der Feststellungen und Augenzeugenberichte werde hier ein Strafverfahren eingeleitet. "Da das ein laufendes Strafverfahren ist, darf ich dazu jetzt keine näheren Ausführungen machen", verdeutlicht Greber gegenüber VOL.AT. Klar ist für ihn: "Irgendwas ist in diesem konkreten Fall nicht so gelaufen, wie es sollte." Das Rind wurde mit einem Bolzenschussapparat betäubt. Aus einer Betäubung erwache ein Tier früher oder später. Hier müsse deshalb ein Akt durchgeführt werden, um den Tod des Tieres herbeizuführen. So kann etwa eine Entblutung erfolgen, wie es auch im Schlachthaus der Fall wäre. Die Gefäße am Hals bzw. Brusteingang werden geöffnet. "Die Betäubung hält ein, zwei Minuten an. In dieser Zeit erfolgt die Ausblutung", erklärt Norbert Greber. Dadurch komme es zum Hirntod.

So sieht es aktuell auf dem Hof aus. ©TSV

Der Bolzen dringe kurz durch die Schädeldecke bis ins Gehirn ein, fahre aber nicht sehr tief hinein und werde zurückgezogen. "Durch die starke Druckwelle, die der Bolzen auslöst, kommt es aber zu einer Betäubung", so Greber. "Wenn aber in der Betäubung das Tier nicht getötet wird, dann kann – muss nicht – es wieder aufwachen oder zumindest Lebens-Erscheinungen wie Atmen oder Augenbewegungen zeigen." Die zweite Möglichkeit wäre, in der Betäubungsphase das Gehirn zu zerstören. Dafür werde ein entsprechender Gegenstand durch das erzeugte Loch in der Schädelkapsel eingeführt und das Stammhirn mechanisch zerstört. "Man nennt das auch Rückenmarkzerstörer, weil man bei richtig gesetztem Loch bis zum Rückenmark kommt", verdeutlicht er.

Nottötung mit Bolzenschuss möglich

Der Tierschutzverein zeigte sich schockiert von der üblichen Vorgehensweise mit einem Bolzenschussapparat. "Nottötung mit Bolzenschuss fachgerecht durchgeführt ist durchaus im Bereich des Möglichen", erklärt Greber. "Wenn ein Notfall besteht und es schnell gehen muss und der Bolzenschuss verfügbar ist, aber der Tierarzt nicht, dann ergibt es wenig Sinn für ein leidendes Tier zwei, drei Stunden auf den Arzt zu warten", gibt er zu verstehen. "Man sollte das nicht einfach aus dem Repertoire streichen und sagen, in Zukunft darf man Tiere nur noch euthanasieren durch einen Tierarzt." Das sei nicht die richtige Konsequenz aus so einem Vorfall. In Vorarlberg würden Tiere mit unheilbarer Prognose zu einem sehr hohen Maß euthanasiert. "Wenn uns der Tierarzt bestätigt, dass das Tier nicht mehr geheilt werden kann und es aus diesem Grunde einschläfert, dann übernimmt der Tier-Gesundheitsdienst 50 Prozent der Kosten", so der Landesveterinär. Damit werde der Landwirt entlastet, die Motivation diese Methode zu wählen, sei somit auch eine größere. Eine Nottötung sei korrekt angewendet "durchaus eine passable Methode". Im Schlachthaus werde es auch nicht anders gemacht.

Auch im Schlachthof kommt ein Bolzenschussapparat zum Einsatz. ©Symbolbild: VOL.AT/Paulitsch

"Sie haben aus dem Vorfall schon ein bisschen was gelernt"

"Die Besitzer sind jetzt nicht in einer beneidenswerten Lage", gibt Norbert Greber zu verstehen. Unter anderem auch durch den Umbau am Hof. "Es geht ihnen brutal an die Nieren, dass das nicht so abgelaufen ist, wie es eigentlich sollte. Hier muss man dazu schauen, dass ihnen geholfen wird, dass sie wieder ordentlich auf die Füße kommen und auch einen Stall haben, wo sie die Tiere wohlfühlen", betont er. Ein Lerneffekt sei eingetreten: "Ich glaube, sie haben aus dem Vorfall schon ein bisschen was gelernt. Das wird sie aber nicht davor bewahren, dass ein Strafverfahren gegen sie eingeleitet ist", so der Landesveterinär.

(VOL.AT)

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