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Kuhhaltung im Oberland: Tierschutzverein Rankweil schlägt Alarm

Der Tierschutzverein Rankweil schlägt Alarm, was einen Betrieb im Oberland angeht.
Der Tierschutzverein Rankweil schlägt Alarm, was einen Betrieb im Oberland angeht. ©TSV
Mirjam Mayer (VOL.AT) mirjam.mayer@russmedia.com
Der Tierschutzverein Rankweil schlägt Alarm, was die Tierhaltung bei einem landwirtschaftlichen Betrieb im Oberland angeht. Auch die nicht sachgemäße Handhabung eines Bolzenschussapparats sorgt für Wirbel.

Auf dem betreffenden Hof im Oberland werden sowohl Kühe als auch Pferde gehalten. Was die Pferde und den Reitstall angehe, sei es ein guter Hof, erklärt Michaela Bonmassar vom Tierschutzverein Rankweil (TSV).

Den Rindern gehe es schlechter: "Die Kühe dort sind allesamt in schlechtem Zustand", so Bonmassar. Erst am Montag kam es auf dem Hof laut dem Tierschutzverein zu einem Vorfall. Dieser wurde von einem Augenzeugen, der nicht genannt werden möchte, geschildert.

Die Kühe seien 24/7 im Stall, so der Tierschutzverein. ©TSV

Kuh lag zuckend unter Plane

Gegen 9 Uhr morgens habe eine Kuh unter einer Plane auf dem Boden gelegen. Ein Lkw der Tierkadaververwertung war bereits vor Ort. Der Augenzeuge habe dann beobachtet, wie sich unter der Plane noch etwas bewegte bzw. zucke. "Er hat gesehen, dass die Kuh wohl noch am Leben war", so Bonmassar. Der Fahrer des Lkw habe dann den Halter gerufen, da er kein noch lebendes Tier mitnehme. Der Bauer und die Besitzerin seien dazu gekommen. "Die Kuh sei schon zehn Tage krank und wäre nun erlöst worden", schildert die Obfrau des Tierschutzvereins. Das Tier habe bereits ein vom Bolzenschussapparat stammendes Loch im Kopf gehabt. Der Bauer habe schließlich erneut den Bolzenappart verwendet. "Und er schlitzte dann noch die Kehle auf", so Bonmassar. Daraufhin sei es noch einmal zehn Minuten gegangen, bis das Tier tot gewesen sei. Laut dem Augenzeugen handelte es sich um eine graue, stark abgemagerte Kuh.

Michaela Bonmassar ist Obfrau des Tierschutzvereins Rankweil. ©VOL.AT/Mayer

Bolzenschuss ist nur Betäubung

Für den TSV stellt sich nun die Frage, ob so ein Vorgehen noch Tierschutz-konform sei. Die Tatsache, dass das Tier wohl längere Zeit halbtot unter einer Plane gelegen und gelitten habe, könne man so nicht hinnehmen. Der Vorfall und die Aufklärung über die übliche Vorgehensweise mit einem Bolzenschussgerät schockieren die Tierschützer. Das gehöre öffentlich diskutiert und aufgeklärt. Wie Tierombudsfrau Karin Keckeis gegenüber dem Tierschutzverein erklärt (die Antwort wurde an VOL.AT weitergeleitet), ist ein Bolzenschuss eine Art der Betäubung. Im Anschluss müsse zur eigentlichen Tötung eine Entblutung erfolgen oder das Rückenmark zerstört werden. "Ein Wiedererwachen nach einem Bolzenschuss ist möglich, wenn die Entblutung durch einen Kehlenschnitt oder einen Bruststich nicht fachgerecht innerhalb von 60 Sekunden nach Eintritt der Betäubungswirkung erfolgt", so Keckeis. Die Euthanasie durch einen Tierarzt wäre nach ihrer Ansicht besser geeignet, wenn die anderen Methoden (Bolzenschuss und Entblutung oder Kugelschuss) durch den Halter mit Unsicherheiten behaftet seien.

"Das geht so nicht"

Der Tierschutzverein Rankweil informierte den zuständigen Veterinär, die Tierschutzombudsstelle, sowie Landesrat Christian Gantner und den Verein gegen Tierfabriken über den Fall. Er fordert eine Tierabnahme und Kontrolle des Hofes. "Keine der Kühe kommt je auf die Weide", erklärt Michaela Bonmassar. "Wie wir von einem anderen Landwirt erfahren haben, war das mit dem Freigang an diesem Hof schon öfters Thema." Passiert sei bisher nichts. Die Kühe würden angebunden leben, könnten nur liegen oder stehen. Freigang hätten sie keinen, seien rund um die Uhr im Stall. "Das geht so nicht", meint Bonmassar gegenüber VOL.AT. Den Pferden gehe es gut, sie hätten Freilauf und ein schönes Leben. "Die Kühe, die eigentlich das Geld reinbringen, die leben im Dreck", meint sie. Die Zustände seien ähnlich wie bei einem bereits bekannt gewordenen Fall aus dem Bezirk Feldkirch.

©TSV

"Ein schlimmes Unglück"

Für die Besitzerin ist die Situation sehr emotional. "Der Vorfall selbst war einfach ein schlimmes Unglück", meint sie in einem Telefonat mit VOL.AT. "Die Kuh war betäubt, aber leider noch nicht tot und ist dann nachher auch sofort getötet worden", gibt sie zu verstehen. Das Tier sei vorher in Behandlung bei einem Tierarzt gewesen, habe auch Antibiotika erhalten und sei daher nicht zum Metzger gebracht worden. "Man tut, was man kann, doch manchmal kann man nichts mehr tun als zu sagen, wir erlösen es jetzt", so die Besitzerin. Sie beschreibt den Vorfall als "absolutes Worst Case". "Es kann manchmal vorkommen, dass das passiert“, meint sie. Das hätte auch ein Tierarzt und der Fahrer der Tierkadaververwertung bestätigt. Das Stammhirn sei wohl nicht ganz zerstört worden. "Das hat auch eine Fachkraft gemacht, trotzdem ist es passiert", verdeutlicht sie gegenüber VOL.AT.

Fotos des Tierschutzvereins Rankweil zeigen den betreffenden Hof. ©TSV

Amtstierärztin kontrollierte Kühe

"Wir lassen nur noch einschläfern vom Tierarzt", meint sie. "Das Tier war krank, man wollte es so schnell wie möglich erlösen." Dass es so abgelaufen sei, sei wahnsinnig schade. Mit der Erkrankung des Tiers erklärt die Besitzerin auch den abgemagerten Zustand. Der Amtstierarzt habe auch kontrolliert, wie die Behandlung abgelaufen sei. Erst sei es dem Tier besser gegangen, dann habe es fast aufgehört zu fressen. In dem Moment, indem der Pansen nicht mehr gefüllt sei, falle eine Kuh von heute auf morgen extrem ein, gibt sie zu verstehen. "Das hat nicht mehr schön ausgesehen – das stimmt", meint sie. "Aber gestern war die Amtstierärztin da und hat alle Kühe angeschaut. Und sie sind bei uns eher zu dick, als zu dünn." Auch Verbesserungsvorschläge hätte die Ärztin gemacht. Einige Kühe müsse man etwa ausschneiden lassen. Das sei normaler Alltag.

Neuer Laufstall in Arbeit

"Wir sind ein Umstellungsbetrieb von Anbindehaltung auf Laufstall", verdeutlicht die Besitzerin im Hinblick auf den Auslauf der Tiere. Man habe bereits 150.000 Euro in die Stalleinrichtung investiert. "Wir sind mitten in den Baumaßnahmen, das hat auch der Landesveterinär heute kontrolliert", erklärt sie. Alles sei schon am Hof, man sei täglich dran, damit die Laufstallhaltung umgesetzt werden könne: "Es ist alles geplant von der Landwirtschaftskammer, die speziellen Liegeboxen stehen schon auf dem Hof." Die Amtstierärztin habe auch Fotos von der Baustelle gemacht. Der halbe Stall sei saniert und plan befestigt, auch Kuhbürsten und Mist-Roboter habe man angeschafft. "Momentan ist es eine sehr schwierige Situation mit dem Umbau", gibt sie zu verstehen. Teilweise habe es auch Bausperren gegeben, weil die Statik nicht gestimmt habe, so habe sich alles in die Länge gezogen. "Das wird auf jeden Fall diesen Sommer komplett umgesetzt", betont die Besitzerin. Dass so ein Vorfall sich so kurz vor dem Ziel ereignet habe, sei sehr tragisch.

Christian Gantner ist der zuständige Landesrat. ©Bernd Hofmeister

"Gewisse Mängel" festgestellt

Landesrat Christian Gantner ist gleich in mehrfacher Hinsicht zuständig. Über seinen Tisch gehen sowohl die Veterinärangelegenheiten, als auch Themen rund um Tierschutz und Landwirtschaft.

Im Auftrag von Gantner hätte eine amtstierärztliche Vor-Ort-Kontrolle ergeben, dass es "gewisse Mängel in der Haltung und Hygiene der Tiere" gebe, heißt es in einem Schreiben des Büros von Landesrat Gantner an Michaela Bonmassar, das VOL.AT vorliegt. "Daher wurde ein behördlicher Verbesserungsauftrag zur umgehenden Verbesserung der Hygiene und Klauenpflege erteilt." Was die Tötung der Kuh anbelange, habe eine veterinärmedizinische Untersuchung des Tieres stattgefunden. Ein Strafverfahren bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft wurde eingeleitet.

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(VOL.AT)

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